GARAM ÉVA - PATAY PÁL - SOPRONI SÁNDOR: SARMATISCHES WALLSYSTEM IM KAPRATENBECKEN / Régészeti Füzetek II/23. (Magyar Nemzeti Múzeum Budapest, 2003

IV. Die historische Auswertung der Erdwälle (S. Soproni)

Für problematisch halten wir die Bauzeit der sog. Erdwallinie an der Körös. Früher vertraten wir die Meinung, dass diese innere Schanzenlinie - die laut Zeugnis der an der Oberfläche wahrnehmbaren Spuren nach dem Ausbau der nord-slidlichen Schan­zenlinie errichtet wurde" 7 - mit den Ereignissen des Jahres 358 in Beziehung zu bringen wäre." 8 Aufgrund neuer Forschungen scheint es wahrschein­lich, dass sich diese Linie jenseits der Körös-Theiss­Mündung auch auf dem Gebiet zwischen Donau und Theiss fortsetzt und sich vermutlich bis zur Donau hinzog." 9 Den genauen Zeitpunkt ihrer Errichtung konnten wir noch nicht festlegen. Eine Untersuchung der römischen Verteidi­gungssysteme hat gezeigt, dass die Errichtung von Schanzen dieser Art an den Festlandgrenzen fast all­gemein war: auf den Strecken, wo die Grenze des Reiches nicht durch einen Fluss gebildet wurde, er­richteten die Römer 1­0 Verteidigungswerke aus Stein oder Erde. In Nordafrika kennen wir das Fossatum Africae 12 1, die Grenze von Germania superior wurde durch Militärlager, Wachttürme, Palisaden und Erd­wälle befestigt. 12 2 Besonders wichtig ist uns die britannische sog. Antoninus-Mauer, deren Linien­führung, äussere Form und Merkmale den in der Umgebung von Gödöllő - also in bergiger Gegend ­liegenden Strecken unseren Erdwalles 12 2 sehr ähn­lich sind. Ausser den aufgezählten befinden sich an der einstigen Grenze des Römischen Reiches auch an anderen Stellen nicht nur aus Erde, sondern auch aus Steinen errichtete ähnliche Verteidigungs­werke.' 2 4 Auf der Grundlage der vorstehenden Analogien und der Analyse der historischen Lage unterzogen wir bei der Bestimmung des Alters des Erdwallsystems der Tiefebene in erster Linie die Römerzeit einer Prüfung und zwar den Zeitabschnitt, der der Aufgabe der Provinz Dakien folgte, da vor 271 der Bau so eines Verteidigungswerkes sinnlos schien. Für die zwischen zwei römische Provinzen eingekeilten Sarmaten hätte ja das Verteidigungswerk keinen Sinn gehabt, da die Angriffe der Römer die Sarmaten in erster Linie nicht von Dakien sondern von Pannonién, bzw. Moesien her trafen, wo aber kein solches Schanzensystem war. Schon vor Beginn unserer Forschung wurde 125 an die Möglichkeit gedacht, dass das Erdwallsystem in der Römerzeit errichtet wurde, doch war man wegen des Fehlens zuverlässiger Daten auf Hypothesen angewiesen. Ausführliche topographische, stratig­raphische und morphologische Untersuchungen er­möglichten es erst, die Bauzeit mit Hilfe exakter Methoden zwischen engere Grenzen zu zwingen und auch den Zweck der Schanzen zu bestimmen. Wie erwähnt, haben wir die Zeit vor 271 aus dem Kreis unserer Untersuchungen ausgeschlossen und in Kenntnis der historischen Ereignisse im Kar­patenbecken mussten wir die Bauzeit auf die Jahre zwischen 271-378 festsetzten. Die Kartierung der sar­matischen bzw. sarmatenzeitlichen Fundorte hat gezeigt, dass die Verbreitung dieser Funde mit dem von den Erdwällen umgebenen Gebiet beinahe genau zusammenfällt. Nur im Nordosten, aus der Nyir­Gegend und im Komitat Heves kennen wir von Ge­bieten ausserhalb der Schanzen stammende Streu­funde, deren ethnische und chronologische Bestim­mung übrigens unsicher ist. 12 6 Die historische Untersuchung der Zeitspanne nach der Räumung der in das Gebiet des Barbaricums eingekeilten kurzlebigen Provinz Dakien zeigt, dass der Druck der in das Karpatenbecken von Osten her eindringenden verschiedenen Völker - Goten, Gépi­dén, Vandalen - in gleicher Weise die in der Tiefebene lebenden sarmatischen Stämme sowie die Grenze des nahen römischen Reiches bedrohten. Infolge der im­mer heftiger werdenden germanischen, in erster Linie gotischen Angriffe, wurde das Verhältnis zwischen 11 7 Patay 1972 312. und Kapitel II. 11 8 Soproni 1969/a 124-125: Ders. 1969/b 47: Ders. 1978 117-118. 11 9 Im Zuge unserer zwischen 1977-79 durchgeführten Geländebegehungen konnten wir die Spuren des Erdwalls im Wesentlichen auf der Linie Szank-Kiskunhalas-Tompa-Csikéria verfolgen. Laut einer von Sándor Nagy (Újvidék-Novisad) erhaltenen mündlichen Information setzt sich der Wall auf serbischem Gebiet bei Bajmok fort. Geländebegehungstagebücher von E. Garam, P. Patay und S. Soproni im Ungarischen Nationalmuscum. 12 0 Über die Frage zusammenfassend: v. Petrikovits 1967 215-220. I 2' Baradez 1949. Zuletzt Ders. 1967 200-210. 12 2 Einzelne Bände des ORL und Schleiermacher 1961. 12 7 Besonders die Linienführung des Abschnittes der Antoninus-Mauer zwischen Watling Lodge und Bar Hill verdient Beachtung. Der Erhaltungszustand des Abschnittes in der Gegend von Watling Lodge ist dem Abschnitt unserer Erdwälle zwischen Dormánd und Erdőtelek ähnlich. Über die Antoninus-Mauer: Macdonald 1934: Robertson 1968. 1 " Ihre Aufzählung siehe: v. Petrikovits 1967 216 (mit weiterer Literatur). Seine auf das Erdwallsystem der Tiefebene bezüglichen Feststellungen - a.a.O. 217-sind heute selbstverständlich nicht mehr haltbar. 12 5 So Lajos Hőke, Tivadar Ortvay, Pál Király, Mihály Párducz. Pál Patay, Vilmos Bálás. Vgl.: Soproni 1969/a 117; Ders. 1969/b 43; Ders. 1978 114. - Die Errichtung des Erdwallsystems knüpfte P. Patay als erster in konkreter Weise an die Sarmaten und zwar bereits in einem im Jahre 1956 gehaltenen Vortrag (vgl. Bálás 1963 333 Anrn. 76). 12 6 Garam 1969 116. und Kapitel III. 59

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