Körmöczi Katalin szerk.: Führer durch die historische Ausstellung des Ungarischen Nationalmuseums 3 - Vom Ende der Türkenkriege bis zur Millenniumsfeier - Die Geschichte Ungrans im 18.-19. Jahrhundert (Budapest, 1997)

SAAL 14. Dulden, Ausgleich und Aufschwung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Katalin Körmöczi - Edit Haider)

55. Pagenkleidung für den Millenniumsumzug mit dem Wappen der Familie Liptay, 1896 sen Anlaß komponierte Krönungsmesse. Das Musikwerk wurde aufgeführt in der Matthiaskirche, als Graf Gyula Andrássy die ungarische Krone Franz Joseph aufs Haupt setzte. Die Staatsformation mit zwei Zentren unter ihrem offiziellen Namen Österrei­chisch-Ungarische Monarchie wurde in ihrer Funktion aus ungarischer Sicht durch die vereinfachende Formel aus­gedrückt, daß der Herrscher in Wien herrschte und die Regierung in Pest re­gierte. Hinter der für die Epoche typi­schen eklektizistischen Formen- und Geschmackswelt verbargen sich eine ro­mantische Geschichtsanschauung und eine auch einander fremde Elemente ver­mischende politische Denkweise. Der einzige feste Punkt in der Farbenvielfalt war die Identifizierung mit 1848 oder dessen vollständige Enteignung. Der Verfall der Deäk-Partei und die Ver­änderungen innerhalb der Regierung ­Gyula Andrássy wurde Reichsaußenmi­nister, József Eötvös starb und Boldizsár Horvát trat aus der Regierung aus - führ­ten dazu, daß Kálmán Tisza an Boden ge­wann. Mit der Parteienfusion von 1875 wurde Kálmán Tisza aus einem Gegner des Ausgleichs zu dessen hartnäckig­stem Bewahrer. Er bildete eine Regie­rung, und damit war der liberalste parla­mentarische Abschnitt des Dualismus beendet. Bei der Fusion der sich der Re­gierungspartei annähernden Opposition und der sich der Opposition annähern­den Regierungspartei 1875 entstand die Freisinnige Partei, geführt von Kálmán Tisza, der bisher zur linken Mitte gehört hatte. Diese 1875 entstandene Parteien­struktur - die durch das Verhältnis zum Ausgleich, zu Österreich, durch die so­genannte Staatsrechtsfrage bestimmt wurde - blieb bis ins 20. Jahrhundert bestehen. Da das Volksvertretungssys­tem die Interessenaufgliederung nicht zum Ausdruck brachte, sondern eher zu deren Verdeckung eingesetzt wurde, ver-

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