Körmöczi Katalin szerk.: Führer durch die historische Ausstellung des Ungarischen Nationalmuseums 3 - Vom Ende der Türkenkriege bis zur Millenniumsfeier - Die Geschichte Ungrans im 18.-19. Jahrhundert (Budapest, 1997)

SAAL 10. Ungarn im 18. Jahrhundert (Gábor Németh - Eszter Aczél)

sehen Mißerfolge hat Joseph II. auf dem Totenbett seine Verordnungen - mit Aus­nahme von Toleranzedikt, Leibeigenen­verordnung und der Verordnung über die Lage der niederen Geistlichkeit - zu­rückgenommen. „DER UNGARISCHE MORGEN GRAUT, DOCH HELL IST ES NOCH NICHT GEWORDEN ..." (Unbekannter Verfasser, um 1790) Am 21. Februar 1790 wurde in Buda die durch den „König mit dem Hut" Joseph II. zurückgeschickte Heilige Krone in Empfang genommen. Das Ereignis wur­de in Wort und Bild festgehalten, die illu­minierte Radierung von F. Gelineck wird durch die Zeilen der Erinnerung noch far­biger (Abb. 24). Nach dem Zusammen­bruch des josefinischen Systems folgte die kurze Herrschaft des aus der Toskana heimkehrenden Leopold IL (1790-1792). Radierungen haben die Annäherung des Herrschers und der ungarischen Stände verewigt, und das Gesetz von 1791 doku­mentiert die Wiederherstellung der unga­rischen Verfassungsmäßigkeit. Für die Sache der Gesellschaftsreformen zeigte der Landtag weniger Empfänglich­keit als lür die staatsrechtlichen Verhält­nisse; die 1790-1791 ausgearbeiteten radi­kalen Reformpläne kamen gar nicht auf die Tagesordnung. Aufgrund von Gesetz Nr. 67/1791 wurden jedoch neun Ausschüsse mit dem Auftrag eingesetzt, Reformvor­schläge für den nächsten Landtag auszu­arbeiten. Diese Vorschläge waren bis zur Mitte der 1790er Jahre fertiggestellt, wur­den aber bis 1827 nicht debattiert, da bis dahin kein Landtag mehr stattfand. Franz I. (1792-1835), war die Aufmerk­samkeit des Wiener Hofes lange Zeit durch das revolutionäre Frankreich und dann durch die aufgezwungenen Kriege gegen Napoleon gefesselt. Während die Politik des Wiener Hofes durch den Konserva­tismus Franz' I. bestimmt war, setzte sich in Ungarn die Entfaltung der adelig-natio­nalen und aufgeklärten Ständebewegung fort. Einzelne intellektuelle Vertreter des Gemeinadels und aufgeklärte Aristokraten erwogen Reformpläne. Die nationalen und bürgerlichen Bestrebungen wurden im­mer radikaler von den Ideen der europäi­schen Aufklärung und der französischen Revolution beeinflußt. DIE BEWEGUNG DER UNGARISCHEN JAKOBINER Die sich in Ungarn entfaltene antifeudale Reformbewegung war von jungen Intellek­tuellen unter Führung von József Hajnó­czy (1750-1795) getragen. Von der franzö­sischen Revolution beeinflußt und radika­lisiert, gründeten sie Geheimorganisatio­nen, Lesezirkel und Klubs. Mit ihrer lan­desweiten Organisierung begann Ignác Martinovics (1755-1795) im Jahre 1794; er gründete zwei Geheimgesellschaften, in­dem er die Organisationsformen der Frei­maurerbewegung übernahm. Die in den Katechismen formulierten Programme plan­ten die Schaffung einer unabhängigen Republik und als zweiten Schritt die de­mokratische Umgestaltung des Landes. Der Hof rechnete im Laufe der Jahre 1794­1795 mit den „Majestätsverbrechern" ab. Die fünf Führer der Bewegung wurden hingerichtet: József Hajnóczy, János Lacz­kovics (1754-1795), Ignác Martinovics, Jakab Sigray (17607-1795) und Ferenc Szentmarjay (1767-1795), später dann Pál

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