Körmöczi Katalin szerk.: Führer durch die historische Ausstellung des Ungarischen Nationalmuseums 3 - Vom Ende der Türkenkriege bis zur Millenniumsfeier - Die Geschichte Ungrans im 18.-19. Jahrhundert (Budapest, 1997)

SAAL 10. Ungarn im 18. Jahrhundert (Gábor Németh - Eszter Aczél)

17. Fayenceschale aus Holies (Holíc) mit der Gestalt eines ungarischen Husaren, zweite Hälfte 18. Jh. Stil der anspruchsvoll ausgeführten Ge­fäße übte das Keramikhandwerk Italiens aus (Abb. 17). Die Formen und Verzierungen der weltli­chen Goldschmiedekunst, die sich im Jahr­hundert davor herauskristallisiert hatten, verschwanden im Laufe dieses Jahrhun­derts. Nun wirkten auf die künstlerischen Zweige von der Architektur bis zum Kunstgewerbe die vom französischen Ge­schmack diktierten Stilrichtungen. Das läßt sich an der Kleidung und dem ihren Glanz hervorhebenden Goldschmiede­beiwerk verfolgen. Die schönsten Ver­zierungen der Männertracht waren die Agraffengürtel und edelsteinverzierten Hutbüsche. Die korallenverzierten silber­vergoldeten Dolmanschnallen stammen aus dem Besitz der Esterházy s . Charakte­ristische Stücke der Frauentracht waren die edelsteinbesetzten Anhänger sowie die reichverzierten Miedernadeln und Mie­dereinlagen. Das ausgestellte Kleid trägt die Merkmale des ungarischen Stils, es wurde von einem weiblichen Mitglied der Majfhényi-Familie um 1750 getragen (Abb. 18). Der himmelblaue Stoff, Lyoner Brokat, ist mit silberdurchwirkten Blu­mensträußen bedeckt. Sein Schnitt unter­scheidet sich kaum von dem im 17. Jahr­hundert üblichen, nur reicht der Vorder­teil des Schultermieders bis auf den Rock hinab. Seine Schürze ist spitzengesäumt. Die Kinderkleidung daneben gehörte der Überlieferung nach dem späteren Josef IL; sie paßte zu einem etwa sechs- bis sieben­jährigen Kind, mag also um 1747-1748 hergestellt worden sein. Die Veränderung im Lebensstil und ge­sellschaftlichen Leben spiegelt sich in der vornehmen gegenständlichen Umge­bung wider. In ihr finden sich traditions­verbundene und von der Mode diktierte moderne Gegenstandstypen nebeneinan­der. Ein nicht alltägliches Ziergefäß unter den Goldschmiedestücken ist der Scherz­krug von 1743 (Abb. 19) aus der Schatz­kammer der Andrássys. Die durch ihre sich verflechtenden Henkel miteinander verbundenen Krüge krönt das Miniatur­modell des Familiensitzes, der Burg von Krasznahorka (Krásna Hôrka). Die ge­malte Emailverzierung des Gefäßes läßt auf einen oberungarischen Goldschmied schließen. Von ähnlichem Alter ist die geschliffene Glasflasche mit silberver­goldeter Fassung. Das Wappen von Ist­ván Wesselényi und Katalin Bánffy ziert den Silberbecher aus einer Werkstatt von Brassó (Brasov). Den dem Zeitstil fol­genden individuellen Gefaßtyp führte die Brassóer Goldschmiededynastie May in der ersten Hälfte des Jahrhunderts ein. Die Ziergefäße sind ein lobender Beweis der Fachkenntnisse der Goldschmiede in den oberungarischen Städten, und gleich­zeitig belegen die Essig- und Ölbehälter, Zuckerstreuer, Kaffee- und Teekannen den Einzug neuer Speisebräuche. Die an der Wand befestigte, silbereinge­legte, mit geschnitzten Reliefelementen reichverzierte Totengedächtnistafel (Epi­taph) ist ein typisches barockes Magna­tendenkmal. Sie erinnert 1755 an den

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