Kemenczei Tibor: Studien zu den denkmälern skythisch geprägter alföld gruppe (Inventarta Praehistorica Hungariae 12; Budapest, 2009)

Der Fundstoff - Denkmäler der skythischen Tierstilkunst

Werke der skytho-griechischen Kunst der 6. Jh. v. Chr. außer Acht ließ, obwohl die formalen und tech­nischen Details deren Tierfiguren ebenfalls mit den Stilmerkmalen des Pressmodells von Garcinovo hät­ten verglichen werden können. Natürlich ist der Fund­ort im ehemaligen Tharakien kein Beleg dafür, dass dieser Gegenstand ein Produkt thrakischer Hand­werker gewesen wäre. Es kann genauso eine Import­ware gewesen sein, wir der Goldfund von Vettersfelde in Niederlausitz. Da das Pressmodell von Garcinovo ein Streufund, ein Einzelfund ist, können ihr Alter und Herstellungsort nur auf dem Weg der Stilkritik be­stimmt werden. Aber bestimmte Zier- und Formenele­mente des Stückes gehören zum Motivschatz der vor­derasiatisch-griechischen Goldschmiedekunst mit langer Laufzeit, woraus sowohl skythische wie auch thrakische Meister Motive entnahmen. Wenn man die Gesamtheit der Darstellungselemente betrachtet, stellt sich heraus, dass sie den Kennzeichen der frühskythi­schen Kunst vollkommen entspricht. Nándor Fettich erwähnte auch das schnurartige Verzierungselement unter den gemeinsamen Zügen beider goldenen Hirsche der Tiefebene und des Press­modells von Garcinovo. 486 Von diesem Motiv meinte B. Kuli, dass es in der skythischen Kunst des Step­pengebietes nicht verwendet wurde, deshalb können die oben angeführten drei Goldschmiedearbeiten der thrakischen Kunst im Karpatenbecken und in der Un­teren Donau-Gegend zugeschrieben werden. 487 Im Gegensatz zu seiner Meinung kann man aber feststel­len, dass die schnurartige, gestrichelte Rippenver­zierung nicht nur in der thrakischen, sondern auch in der früheisenzeitlichen iranischen Goldschmiedekunst angewandt wurde. Als Beispiel weisen wir hier auf den Brustschmuck mit Tierfigur im nordiranischen Goldfund von Ziwiye aus dem 8. Jh. v. Chr. hin. 488 Eine der Quellen der Formen- und Motivschatz der frühskythischen Kunst war eben die iranische Gold­schmiedekunst. Ein Teil der Forscher verglich die formalen und technischen Kennzeichen der Goldhirsche von Zöld­halompuszta und Tápiószentmárton mit den ärmlichen Denkmälern des Kubangebietes, der Halbinsel Krim (Kurgane Kelermes, Kostromskaja, Kul Oba). 489 Man muss noch hinzufügen, dass in der Steppenzone mit den Funden der Tiefebene ganz identische Tierfiguren nicht zum Vorschein gekommen sind. Aber auch die erwähnten Goldschmiedearbeiten von der Steppe sind Einzelfunde, deshalb ergibt sich aus der Einmaligkeit der einzelnen Stücke kein Beleg dafür, wo sich der Herstellungsort, die Werkstatt befanden. Die Darstellung des Hirsches mit untergesch­lagenen Beinen von Tápiószentmárton gehört zu den Elementen iranischen Ursprungs der skythischen Kunst. Sie kam im Steppengebiet schon im Denkmal­material der zweiten Hälfte des 8. Jh. v. Chr. vor. Die ähnlichsten Vergleichsstücke der Hirschfigur von Tápiószentmárton sind der goldene Hirsch von Kost­romskaja und der Pan ter von Kelermes, die von der russischen Forschung neuerlich auf das dritte Viertel, auf das Ende des 7. Jh. v. Chr. datiert wurden. Die zusammenstürzenden, rückwärtsblickenden Hirschdarstellungen von Zöldhalompuszta und Garci­novo haben Parallelen nicht nur auf griechisch­skythischen Goldschmiedearbeiten aus dem 5. Jh. v. Chr., sondern auch auf viel älteren Exemplaren. Die auf diese Weise geformte Tierfigur ist in der skythi­schen Kunst ein Motiv iranischen Ursprungs. So z. B. auf der Rückseite des Silberspiegels mit Gold­blechüberzug aus dem Kurgan 4 von Kelermes findet man unter den Darstellungen eine Tierfigur, einen Widder, der genauso aussieht, wie die Hirschfigur von Zöldhalompuszta. Der Spiegel ist eine der ältesten Schöpfungen der skythischen Kunst, die die Stilmerk­male der iranischen Kunst widerspiegelt. 490 Das Motiv des Vogelkopfes mit eingerolltem Schnabel unter dem Geweih, neben dem Ohr des Hir­sches von Zöldhalompuszta kann ebenfalls mit den ähnlichen Darstellungen auf dem Pressmodell von Garcinovo verglichen werden. Diese Ähnlichkeit belegt aber ihre Datierung in eine späte Periode, ins 5. Jh. v. Chr. nicht. Ähnliche Vogelkopfmotive sind auf einem Goldblech in dem schon oben erwähnten De­potfund von Ziwiye zu sehen. Nachher ist dieses Zier­motiv zu einem der häufigsten Elemente der Tier­stilkunst im 7.-6. Jh. v. Chr. geworden. 491 Es wurde später zusammen mit anderen Elementen des Tierstils von der thrakischen Kunst übernommen. Die Vogelkopfdarstellungen an den zwei Armen des Geweihs der Hirschfigur von Garcinovo und beim Geweih des Flirsches von Zöldhalompuszta hatten den gleichen Sinn. Laut des innerasiatischen Schama­nenglaubens symbolisieren die Geweihe mit Vogel­kopfenden mit aufgerolltem Schnabel das Leben, den Weltbaum, auf dem oben ein Adler sitzt. FETTICH 1934,18. BULL 1998,212. GODARD 1950, 105. ARTAMONOV 1970, Taf. 22-23, 62-64; IL'NSKAJA / TERENOZKIN 1983, 66-67; GALANINA 1997, 119. ALMANDRY 1965, 149-160; ARTAMONOV 1970, Taf. 3; KISEL' 1993, 111-125; GALANINA 1997. 141. Taf. 1. 1 GOLDMAN 1974, 77, 60-52; CLENOVA 1993, 68. Abb. 17.

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