Kemenczei Tibor: Studien zu den denkmälern skythisch geprägter alföld gruppe (Inventarta Praehistorica Hungariae 12; Budapest, 2009)

Bestattungssitten

beschirrt bestattet. Im dortigen Gräberfeld befanden sich die Pferdebestattungen in einer Sondergruppe am südwestlichen Rande des Gräberfeldes. Die Pferde­bestattungen in dem in SzentlöTinc im südlichen Transdanubien freigelegten illirisch-venetischen Grä­berfeld bilden ebenfalls eine separate Gruppe. 253 Die Bestattung der Pferde an einer separaten Stelle des Gräberfeldes war ein typisches Merkmal, ein Ele­ment des skythischen Bestattungsritus im Steppenge­biet. Nur in der Gegend des Nord-Kaukasus wurde der Verstorbene mit dem Pferd zusammen in einem Grab bestattet. 254 Die in der Tiefebene verbreitete Sitte ent­spricht also dem allgemein üblichen skythischen Brauch, man wich nur in einigen Fällen davon ab (z.B. Tiszavasvári-Csárdapart Grab 2 und 44). Aus der Periode vor der mittleren Eisenzeit gibt es aus der mittleren Donau-Theiß-Gegend keine gewiss authentische Angabe, die die Sitte der Pferdebestat­tung belegen würde. Auch diejenigen Geschichten können nicht für gewiss authentisch gehalten werden, denen nach in siebenbürgischen Gräbern Pferde be­stattet worden wären (Maroscsapó [Cipäu]). 255 Aus Transdanubien ist eine literarische Angabe aus dem 19. Jahrhundert bekannt, die eine in Somlóvásár­hely - Sédvíz befindliche Bestattung mit einem menschlichen Skelett und mit einem Pferdeskelett er­wähnt. Im Grab lagen eine Bronzeaxt östlichen Stils, sowie ein Bronzekessel, der auf die Periode Ha D datiert werden kann. 256 Die in den Gräberfeldern der Alföld-Gruppe gefun­denen Pferdebestattungen waren einerseits Tieropfer (Tiszavasvári - Csárdapart Grab 44), anderseits ent­sprossen sie dem Jenseitsglauben des Volkes der Alföld-Gruppe, wonach den Verstorbenen ihre in der Gemeinschaft gespielte Rolle zum Ausdruck brin­gende Gegenstände im Grab beigesetzt wurden. Die separaten Pferdebestattungen gehörten zu den Gräbern der im Gräberfeld bestatteten Krieger. Die Pferde konnten auch durch Eisentrensen symbolisiert werden, die auch in zahlreichen mitteleisenzeitlichen Bestat­tungen als Beigaben vorkamen. Der Ritus der Tötung, der Bestattung von Pferden war im Steppenraum während der Eisenzeit allgemein verbreitet. Der geistige Hintergrund dafür wurzelte in der Lebensform der dortigen Reiternomadenvölker. Die im Donau-Theiß-Gebiet freigelegten Pferdebe­stattungen zeigen eine Identität nicht nur mit diesem Ritus, sondern auch die dort bestatteten Pferde ge­25 _ 3 JEREM 1968, 175-176.. 254 OCIR-GORJAEVA 2005, 38. 255 DARNAY 1909, 165. 256 ÁDÁM 1880, 317; GALLUS / HORVÁTH 1939, Taf. 57. 2-3. 257 BÖKÖNYI 1964,227. hörten zur Form des eurasischen Wildpferdes Tar­pan. 257 Von der Bevölkerung skythischer Kultur der Tief­ebene soll das Volk der ostalpinen Hallstattkultur die Pferdebestattungssitte übernommen haben. Davon zeugen die zum Vorschein gekommenen (Transdanu­bien: Szentlőrinc, Slowenien: Brezje, Bostanj, Mag­dalenska Gora, Novo Mesto, Sticna, Kroatien: Jal­zabet, 258 Vinkovci) 259 Eisentrensen vom Vekerzug Typ und die Skelette der zur Form des eurasischen Wildpferdes Tarpan gehörenden Pferde. In diesen Ge­bieten wurden die Pferde östlicher Form und westlicher Form von größerem Körper gleicherweise gehalten. 260 Die Haltung der Pferde östlicher Form war von der Tiefebene über das transdanubische Ge­biet der Hallstattkultur ganz bis Norditalien verbreitet. Nicht nur archäologische, sondern auch antike liter­arische Angaben zeugen davon. 261 Die Funde der Bestattungen in den freigelegten Gräberfeldern der Alföld-Gruppe zeigen, dass die ver­schiedenen Gegenstände bei der Begrabung dem Geschlecht, Reichtum oder der Armut der Verstor­benen nach in die Grabgrube beigesetzt wurden. Auf Frauengräber können u.a. die Haaringe, Armringe, verschiedene Perlen, Spinnwirtel hinweisen, während die Eisenäxte, Lanzenspitzen, Dolche, Trensen, bron­zene Pfeilspitzen typische Beigaben der Männerbe­stattungen gewesen sein konnten. Aber es gibt auch solche Grabfunde, in denen sich Schmuckstücke und Waffen, meistens Pfeilspitzen, zusammen befanden. Das weist darauf hin, dass auch Frauen Waffen gehabt haben durften, beziehungsweise wahrscheinlich auch Männer Schmuck getragen haben. Aber man kann diese Situation, dieses Verhältnis im Großen und Gan­zen erst dann auswerten, wenn auch die aus den Gräberfeldern zum Vorschein gekommenen Skelette und Asche analysiert werden. Es wurde zwar die Ana­lyse aller anthropologischen Funde des in Szabad­szállás - Józan freigelegten Gräberfeldes durchgeführt und publiziert, 262 aber in diesem Fall wurden die archäologischen Funde nicht veröffentlicht. Relativ groß ist die Zahl derjenigen Gräber, in denen sich keine Beigaben befanden. In den meisten von diesen Gräbern wurden Kinder bestattet. In dem­jenigen Element der Bestattungssitten, dem nach den Verstorbenen auch einige persönlichen Gegenstände beigesetzt wurden, kommt die starke Gliederung der Gesellschaft der Alföld Gruppe zum Ausdruck. 258 SiMEK 1998, 506. 259 MAJNARIC PANDZIC 2003, 498. 260 DULÁR 2007, 739-744. 26 \ HARMATTA 1968, 153-157. 262 DEZSŐ 1966, 35-56.

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