Kemenczei Tibor: Studien zu den denkmälern skythisch geprägter alföld gruppe (Inventarta Praehistorica Hungariae 12; Budapest, 2009)

Bestattungssitten

Siedlungsfunden befindet sich auch skythische bron­zene Pfeilspitze. 225 Man kann die Frage nicht eindeu­tig beantworten, warum Verstorbene, meistens Kinder an den Siedlungsorten und nicht in den Gräberfeldern bestattet wurden. Die Tatsache, dass es mehrere sol­che Fälle gibt, zeugt jedenfalls davon, dass dieser Brauch bei der skythenzeitlichen Bevölkerung ziem­lich verbreitet war. Die Traditionen können auf die örtliche Spätbronzezeit zurückgeführt werden. Diese Feststellung wurde auch durch die Ergebnisse von zwei Ausgrabungen belegt. So von den Ergebnissen der Ausgrabung in Ludas - Varjú dűlő am Fuße des Mátra-Gebirges. Man hat dort während der Aus­grabung einer 16 Hektar großen Siedlung etwa 1000 spätbronzezeitliche Bauobjekte freigelegt, bei denen man 30 Gruben mit Menschenknochen, darunter auch Skelettgräber mit Grabbeigaben auffand. Die zum Vorschein gekommenen Grabbeigaben gehören zur Kyjatice-Kultur. In der Nachbarschaft der spätbronze­zeitlichen Siedlung wurden auch 21 präskythenzeit­liche Skelettgräber freigelegt 226 . Die andere Ausgra­bung wurde in der Tiefebene, in der mittleren Theiß­gegend durchgeführt. Während der Rettungsgrabung vor dem Bau eines Wasserspeichers wurde im Jahre 2006 in der Gemarkung der Gemeinde Tiszabö eine Siedlung der spätbronzezeitlichen Gáva-Kultur ausge­graben. Unter den freigelegten Bauobjekten befanden sich solche runden Gruben, aus denen verstümmelte oder zerstückelte Teile von menschlichen Skeletten, Tongefäße, sowie bronzene Schmuckstücke zum Vor­schein gekommen sind. 227 Ebenfalls in den Siedlun­gen der Gáva-Kultur, in Berettyóújfalu und in Mezők­eresztes legte man je eine Grube mit menschlichem Skelett frei 228 . Aus der Periode der Spätbronzezeit stammt die bienenkorbförmige Grube, die bei der in Maglód im Nordteil der Tiefebene durchgeführten Siedlungsgrabung freigelegt wurde. In dieser Grube fand man ein Skelett in Hockerlage in der Gesellschaft von Schalenfragmenten mit Schrägkannelur auf Rän­dern zusammen auf. 229 Auch an mehreren Orten in Mitteleuropa stieß man in den Gruben von bron­zezeitlichen Siedlungen auf Bestattungen. 230 Man kann annehmen, dass in den Gruben außerhalb des Gräberfeldes, an einer verlassenen Stelle der Siedlung solche Personen bestattet wurden, die aus irgendwel­chem Grunde von den gegebenen Gemeinschaften geächtet wurden. Die Tatsache, wonach in den Gräberfeldern des Volkes der Kultur skythischer Prägung alle Bestat­tungsformen zwar in unterschiedlicher Anzahl 225 MARÓT; É. RKM 2001, 231. 226 DOMBORÓCZKI 2002, 10. 227 ORAVECZ, H., RKM 2006, 297. 228 DANI, J.ctal. RKM 2005,11; WOLF, M. SIMONYI / E., aufzufinden sind, weist darauf hin, dass die Gemein­schaften, die ihre Verstorbenen dort bestatteten, ver­schiedene Jenseitsglauben hatten. Ob es auf den Ur­sprung, auf die Herkunft der Gemeinschaft zurückge­führt werden kann, oder ob diese Gemeinschaft neue Bräuche, Glauben von anderen Gemeinschaften über­nommen hat, kann man nicht feststellen. Aber in den einzelnen Regionen war je eine bestimmte Bestattung­sart vorherrschend (oberes Theiß-Gebiet: Urnenbe­stattung, mittleres Theiß-Gebiet: Bestattung in ges­treckter Rückenlage und in Hockerlage) - dieser Um­stand weist darauf hin, dass dort die uralten Tradi­tionen den Ritus bestimmten. Die Gräber, in denen sich mehrere wertvolle Gegenstände befanden, zeigen, dass auch die gesellschaftliche Stellung eine Bedeu­tung bei der Wahl der Bestattungsart haben konnte. Die Mehrheit davon war Brandschüttungsbestattung, aber in kleinerer Anzahl kamen unter diesen Gräbern auch Bestattungen anderen Ritus vor (Tiszavasvári ­Csárdapart: 15.39. 48. Urnengräber). Die Benützungszeit der erwähnten Gräberfelder umfasst mehr als zwei Jahrhunderte. Unter den Gräberfeldern gibt es solche, die aus der ersten Hälfte dieser Periode stammen, und andere, die am Ende der Periode benützt wurden. Aber eins steht fest: in fast al­len Gräberfeldern wurden die Verstorbenen nach Riten verschiedener Art bestattet. Diese Tatsache bezeugt, dass schon diejenigen Gemeinschaften, die die Kultur skythischer Prägung der Tiefebene ent­wickelt haben, über sehr unterschiedliche Bestat­tungsbräuche verfügt haben, und sie haben diese auch dann beibehalten, als ihre Kultur schon einheitlich ge­worden ist. Wie in anderen Gräberfeldern der Alföld-Gruppe wurden auch in Tiszavasvári die meisten in gestreck­ter Rückenlage und in Hockerlage bestatteten Verstor­benen mit dem Kopf nach Westen gerichtet ins Grab gelegt. Die Achse der Gräber kann von der Grundhim­melsrichtung WO um 30 bis 45 Grad abweichen. Diese Abweichung ergibt sich aus den Unterschieden zwischen dem Sonnenbahnwinkel im Sommer und dem in Winter vom scheinbaren Sonnengang. Ortun­gen der Gräber in der Hauptrichtung NS, beziehung­sweise in deren dem Sonnengang folgenden, schwan­kenden Richtung kamen seltener vor. Die Richtung der Gräber nach Himmelsrichtungen zeigt uns, dass man die Richtung der Gräber nach der Lage der Sonne am Horizont bestimmte. Die Abweichung von den Grundhimmelsrichtungen zeigt, in welcher Jahreszeit die Bestattung stattfand. In: Utak a múltba Paths into the Past (ed. P. Raczky). 128. Budapest 1997. 229 RÁCZ, T. / SlKLÓDI, CS. RKM 2005, 268. 230 FURMANEK/ JAKAB 1997, 14-23.

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