Kalicz Nánor: Früchneolitische Siedlungsfunde aus Südwestungarn. (Inventaria Praehistorica Hungariae 4; Budapest, 1990)

EINLEITUNG - III. SIEDLUNGSGESCHICHTE

iellen Voraussetzungen waren in erster Linie in den Tälern der Bäche und Flüsse, in den Becken, in den von Wasser durchflossenen alluvialen Ebenen, auf niedrigen, sanft ansteigenden Hügeln, immer aber durch die Nähe lebendigen Wassers in entsprechender Umwelt gegeben. Die Verschiedenheit der Siedlungs­dichte kann die Lebensbedingungen der Starcevo­Kultur widerspiegeln. Die größte Siedlungsdichte zeigt sich im Süden der Großen Tiefebene, in Ost­syrmien, im Mündungsgebiet von Save und Morava (Nord-Sumadija) und im Tale der Morava. 122 Überra­schend ist, daß in Slawonien und Kroatien auf den großen Gebieten zwischen Drau und Save trotz gün­stiger Siedlungsgegebenheiten die Zahl der Fundorte, also der Siedlungen sehr gering ist. 123 Ähnlich verhält es sich im Süden von Transdanubien. Bisher sind uns auf dem in Ungarn liegenden, 6000 km großen Gebiet 13 Fundorte bekannt (Taf. 2). 124 Aber auch die Fundortdichte im Südbanat kommt der Zahl der bisher bekannten Körös-Fundorte in dem von Marosch­125 Theiß-Aranka umgrenzten Gebiete nicht nahe. Damit unterscheidet es sich außerordentlich scharf von der Gegend der Flüsse Körös in der Tiefebene, wo im Raum von Szeghalom und Szarvas auf einem 2000 km großen Gebiet (also auf einem Drittel des vorgenannten) 300 (!) Fundorte der Körös-Kultur vor­handen sind. 126 Die dünnste Besiedlung zeigt Bosnien, wo bisher nur zwei Fundorte bekannt gewor­den sind (Tuzla und Obre I). In Südtransdanubien ist es bisher zu einer so gründlichen Forschung noch nicht gekommen, wie in der Tiefebene, doch sind ein­zelne Teile des Gebietes in eingehenden Gelände­begehungen bereits durchforscht worden. Im Komitat Tolna ist seit dem Wirken von M. Wosinsky intensive Forschung im Gang. Ebenso ist seit längerer Zeit auch die Forschung im Komitat Baranya sehr aktiv. Trotzdem kennen wir in Südtransdanubien von Medina bis Becsehely und bis zur Drau derzeit nur 13 Fundorte der Starcevo-Kultur. Es ist nicht wahr­scheinlich, daß sich diese Zahl bei noch so gründ­licher Forschung vervielfacht und die infolge der Geländcbcgehungen fortwährend wachsende Zahl der Fundorte der Körös-Kultur der Tiefebene und damit ihre Siedlungsdichte auch nur annähernd erreicht. In NW-Kroatien, in Slawonien und West-Syrmien unter­scheidet sich die Siedlungsdichte nicht von der süd­transdanubischen. Auch in Südtransdanubien sind die Siedlungen, wie überall, an die Wasserläufe gebunden, wenn sie auch nicht so streng konsequent unmittelbar am Wasser liegen, wie in der Tiefebene. Die meisten Siedlungen befinden sich auf Hügelabhängcn und Hügelrücken, die sich über die Wasserläufe erheben, also vom Wasser in einiger Entfernung (Kaposvár, Becsehely, Szekszárd) (Taf. 4, 1-5; Taf. 5, 1-3). Das bedeutet aber höchstens einen Abstand von 100 bis 150 Metern, doch gibt es sie auch auf den aus den sumpfigen Tälern kaum herausragenden kleineren, hochwasserfreien Inseln und Halbinseln (Dombóvár, Medina). Die Siedlungen sind in Südtransdanubien nicht groß. An den durchforschten Orten war der Durch­messer der Siedlungen nirgend größer als 100 m (er war eher kleiner), und sie sind nicht durch reiche Scherbenfunde an der Oberfläche gekennzeichnet. Wo es sie überhaupt gibt, ist die Dichte der Scherbenfun­de an der Oberfläche fleckartig (sie entspricht den Gruben). Die Siedlungen bilden keine dicken Schich­ten. Auch bei den Ausgrabungen sind die Funde aus Gruben und Grubenkomplexen zum Vorschein ge­kommen. Die Siedlungserscheinungen sind so wenig intensiv, daß an mehreren Orten die aus späteren Pe­rioden stammenden Funde die Oberflächenerschei­nungen der Starcevo-Kultur ganz verdecken. In Lánycsók z.B. fanden wir im 100 m langen Schnitt des Hügels insgesamt 7 Starcevo-Gruben (Taf. 6). Nur eine von ihnen war ein größerer Grubenkomplex (Taf. 7, 1). In Becsehely fanden wir vier kleine Gruben nahe beieinander, auf einem Gebiet von etwa 100 m 2 , mit wenig Fundmaterial (Taf. 10). An der Oberfläche gibt es gar keine Starcevo-Scherben. Das alles läßt den Schluß zu, daß an den einzelnen Orten kleine Ge­meinschaften nur kürzere Zeit hindurch gelebt haben dürften. Eine ähnliche Beobachtung machte auch S. 127 Dimitrijevic in Kroatien. Als Ausnahme gilt das an einem geographisch wichtigen Ort gelegene Vinkovci, wo nahe zu einander drei Fundorte entdeckt wurden. Auf einem von Ihnen konnte auf einer 2680 m großen Freilegung eine aus einer dünnen Schichte und aus Gruben bestehende Siedlung von verhältnismäßig großer Ausdehnung ermittelt werden. Das beobachte ­128 te Gebiet war 0,5 ha groß. Die Ausdehnung der Fundorte in Slawonien lag also auch nicht über 1 ha. Die neolithische Siedlung von Lepenski Vir lag auf 5000 m 2 . 129 Die Siedlun gen um das zweite Kraftwerk am Eisernen Tor scheinen ähnliche Abmessungen zu haben. 1 0 Die Sondierungen in der Höhensiedlung Golokut-Vizic (ungefähr 120 m über dem Spiegel der Donau) berührten ein ungefähr 1 ha großes Gebiet. Nach der Meinung der Leiterin der Arbeiten bedeutet das nicht die volle Ausdehnung, doch kann sie nicht viel größer gewesen sein. Die volle Fläche von Obre I betrug 2,2 bis 2,5 ha, doch konnte nach Meinung des Grabungsleitcrs die Ausdehnung der ursprünglichen Siedlung bei nur 0,4 bis 0,5 ha liegen 1 Sie alle stehen beträchtlich hinter den Siedlungsabmessungen der Körös-Kultur zurück, die oft eine Länge von 1 km erreichen. In weiterer Entfernung durchgeführte Forschun­gen nach Siedlungen der Starcevo-Kultur zeigen abwechslungsreichere Siedlungsverhältnisse. Schon südlich von Drau und Donau sind Siedlungsformen in Erscheinung getreten, von denen zur Zeit der Starce­vo-Kultur dünnere, 40 bis 80 cm dicke Schichten entstanden sind (Vucedol, Sarvaä, Vinkovci, Obre I usw.). Trotzdem ist die Existenz von durch Gruben re­präsentierten Siedlungen bezeichnend. In den südli­chen Gebieten, dem ägäischen Raum sich nähernd, kann man auch die teilartige, mehrschichtige Sied­lungsform beobachten (Drenovac, Anza).

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