Kalicz Nánor: Früchneolitische Siedlungsfunde aus Südwestungarn. (Inventaria Praehistorica Hungariae 4; Budapest, 1990)

EINLEITUNG

EINLEITUNG Transdanubien (Dunántúl) ist der Name des am besten umgrenzten Teiles von Ungarn. Er hat die Form eines unregelmäßigen Vierecks und ist im Norden und im Osten von der Donau, im Süden von Drau und Mur, im Westen von den Ausläufern der Alpen umgeben (Taf. 2). Der Name Transdanubien gehört zu den frühesten ungarischen Landschaftsna­men. Die Gründe für die Entstehung dieses Namens sind noch unbekannt. Unannehmbar ist die Erklärung, wonach er im Ungarischen durch Verballhornung des Ausdrucks „westlich der Donau" entstanden wäre. 1 Dieser Annahme ließe sich der entsprechende ungari­sche Namen für die Landschaft jenseits der Theiß (Tiszántúl) gegenüberstellen. Es besteht kein Zweifel, daß der Ort der Namengebung nur die Landschaft zwischen Donau und Theiß gewesen sein kann. Obwohl die Umgrenzung Transdanubiens ein­deutig ist, handelt es sich doch weder geologisch noch morphologisch um eine einheitliche Landschaft. Sie ist naturgeographisch und hydrographisch außeror­dentlich gegliedert. 2 Sie besteht aus ebenen, hügeli­gen und gebirgigen Teilen, die sich voneinander scharf unterscheiden. Einzelne dieser Landschaftsein­heiten reichen über die Grenzen Transdanubiens hinaus. Am stärksten sondert sich die Kleine Tiefebe­ne von den übrigen Teilen ab, und bildet zusammen mit dem ebenen Teil der Südwestslowakei eine orga­nische Einheit, obwohl sie in der Mitte von der Donau in einen nördlichen und einen südlichen Teil geteilt wird. Die Kleine Tiefebene ist das einzige ebene Gebiet Transdanubiens, das über den engeren Kreis von Neusiedler See und Hanság, über Donau und Leitha hin nach Westen und Nordwesten für das Ge­deihen menschlicher Beziehungen eine natürliche Möglichkeit bietet. In den Jahrtausenden des Neolithi­kums bildeten die Alpen ein natürliches Hindernis für das Zustandekommen menschlicher Beziehungen und für eine Ansiedlung. Die Mitte Transdanubiens nimmt der Balaton ein. Nördlich von ihm zieht sich das transdanubische Mittelgebirge (Bakony, Vértes, Donauwinkel-Gebir­ge) mit nicht allzu hohen Erhebungen (709, 487, 756) hin. Eine Einheit für sich bilden im südöstlichen Teil Transdanubiens das Mecsek- und das Villányer Gebirge (680, 442 m). Südlich vom Balaton nimmt das stark gegliederte Transdanubische Hügelland mit seinen mäßigen Höhen (338 m, 311 m, 285 m) einen großen Teil des südlichen Transdanubiens ein. Unge­fähr Dreieckform, die mit der Spitze den Balaton berührt und sich mit der Grundlinie auf die Donau stützt, hat das Mezőföld, eine Steppenlandschaft mit Tiefebenencharakter, die sich in die Oberfläche von Transdanubien keilt. Sie liegt etwas höher als die Tiefebene und ist verhältnismäßig arm an Wasser. An sie schließt sich im Süden an beiden Ufern der Donau die Sumpflandschaft des Sárköz an. Ein dichtes Wassernetz gliedert die abwechs­lungsreiche transdanubische Landschaft. Vor allem die „Mikroregionen" der kleinen Wasserläufe spielten bei der Niederlassung des Menschen im Neolithikum eine grundlegende Rolle. Die größten Flüsse der Kleinen Tiefebene: Raab, Marcal, sowie Rábca, Repce und Leitha sammeln die Wasserläufe der Al­penausläufer und des nördlichen Teils des Mittelge­birges. Den nordöstlichen Teil des Mittelgebirges durchbrachen jene uralten, vorholozenischen Donau­betten in deren Tälern nach N-NW und nach SO Was­serläufe fließen, die auch die Aufnahme von Beziehungen zu den nördlichen und östlichen Gebie­ten Transdanubiens erleichterten. Die meisten Eigen­arten hat die Hydrographie des Transdanubischen Hügellandes aufzuweisen. Hier laufen die kleineren Bäche überwiegend in den zahlreichen südlich gerich­teten Tälern entweder unmittelbar in den Balaton oder unter Vermittlung des Flusses Zala indirekt, in anderen Fällen aber auch direkt in die Drau, bzw. von den hauptsächlich in W-O-Richtung fließenden Flüssen Kapos und Koppány getragen über Sió-Sárvíz in die Donau. Südlich der Drau findet man bis zur Save, ja noch weiter nach Süden bis zu den bosnischen und serbischen Bergen hin ähnliche Oberflächen- und hy­drographische Verhältnisse. Transdanubien stellte im Zeitalter des Neolithi­kums (6. bis 4. Jahrtausend v. Chr.) keine geschlos­sene archäologische Einheit dar. Zur Zeit des Frühneolithikums gehörte lediglich ein viel weiter südlich vom Balaton liegendes Gebiet zu der unge­mein ausgedehnten Starcevo-Kultur (Taf. la-b; Taf. 2; Taf. 3a), die im Süden ihren Ursprung hatte, während bezüglich der nördlichen, größeren Hälfte von einer frühneolithischen Ansiedlung keine Daten zur Verfü­gung stehen. Zur Zeit des mittleren Neolithikums war das ganze Gebiet Transdanubiens ein Teil der mittel­europäischen Kultur der Linienbandkeramik (Taf. la; Taf. 3a-b), die im Norden-Nordwesten die Grenze Transdanubiens überschritt und sich auf einem die Fläche Transdanubiens um eine vielfache Größenord-

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