Kolba H. Judit: Liturgische Goldschmiedearbeiten im Ungarischen Nationalmuseum. 14.-17. Jahrhundert. (Catalogi Musei Nationalis Hungarici. Series Mediaevalis et Moderna 1; Budapest, 2004)
KATALOG - SONSTIGE LITURGISCHE GEGENSTÄNDE
Unserer Meinung nach dürfte das Stück in Siebenbürgen, wegen der Ähnlichkeit der Darstellung des Vir Dolorum in der Werkstatt des Suky-Kelches geschaffen worden sein, als Prachtwerk eines leider unbekannten Meisters. Die Darstellung des Vir Dolorum ist individuell, sie zeigt nicht den auferstandenen Heiland, sondern wie oft im 15. Jh. - den seine Wunden und die Marterwerkzeuge vorweisenden, an seinem Sarkophag stehenden und die ertragenen Leiden ins Gedächtnis rufenden Christus. Diese ikonografische Fassung findet sich nirgendwo im Evangelium, sie ist in dieser Form ein Werk späterer Phantasie. Wahrscheinlich besaßen die ungarischen Goldschmiede ein identisches, in Ungarn gebrauchtes Musterblatt, nach dem sie arbeiteten, denn wir kennen mehrere zeitgenössische Parallelen dieser Szene: auf der einen runden Platte des Suky-Kelches (Inv.-Nr.E. 1964.21.1.) und auf der mittleren Platte eines Reliquiars in der Schatzkammer von Esztergom (Inv.Nr. 1964.36.1.), auf der Deckplatte einer älteren Hostiendose aus der Kecskeméter Pfarrkirche, auf dem Rand einer Patene im Nationalmuseum (Nr. 71 ) sowie auf einer Platte auf der Kuppa des JankovichKelches in der Schatzkammer der Diözese von Székesfehérvár (Inv.-Nr. 74.10.). Das zur Dose gehörende, oben zusammenziehbare Säckchen aus rotem Samt wurde der Textilsammlung des Nationalmuseums übergeben. Laut Eintragung im Inventarbuch wurde die Dose beim „osculum pacis", d. h. beim Friedenskuß, verwendet. Literatur: Jelentés 1908, 44-46; MIHALIK, J. 1912, 316, Abb. 160; DIVALD 1929, 100; Ausstellung 1931, 9, Nr. 16; MIHALIK, S. 1961, 28, Abb. 25; STEINGRÄBER 1957, Abb. 113-114; H. KOLBA-T. NÉMETH 1973, 18; BEKE 1980, 45, Abb. 32; KEUSCH 1988, Nr. 75 mit Abb.; MM 1987, 1, 740; II, Abb. 1886-87; Ausstellung 1996/2, 25, Abb. 20; H. KOLBA 2004, 289-296 1 17.BRUSTRELIQUIAR Abb. 117 55.424.C Herkunft unbekannt Mitte 15. Jh. Dm: 3,5 cm; D: 1 cm Erwerb: durch Ankauf von Beno Grünblatt für 300 Forint. Rückgabe aus dem Kunstgewerbemuseum Silber, vergoldet, gegossen, graviert: ein rundes Döschen, oben mit Öse, ihr gegenüber, unten ein Scharnier zum Schließen. Die Vorderseite ist durchbrochen, darin ein gegossenes Agnus Dei, mit rückwärts gewendetem Kopf, hinter ihm eine Fahne am Kreuz, der Körper ist mit dichtem langlockigen Fell bedeckt. Darum ein Kerbdrahtrahmen. Auf der Rückseite ein durchbrochenes Relief, gleichfalls im Drahtrahmen, darin ein Kruzifix, daneben Maria und Apostel Johannes. Hinten ihnen ein dünne, netzartig gravierte Platte. Das Medaillon wurde mit einer späteren Kette zusammen gekauft. Die Kupferkette besteht aus Ringen, die jeweils auf beiden Seiten mit je zwei emaillierten Ringen verbunden sind. Literatur: Ausstellung 1930, 82, Nr. 330 1 1 8. HOSTIENDÖSCHEN Abb. 1 18 App.Jank. 91. Buda? 15. Jh. Dm: 5,1 cm; H mit Öse: 6,7 cm Erwerb: kam mit der Jankovich-Sammlung ins Nationalmuseum, laut seiner Aufzeichnungen stammt es aus Obuda. Kleine Silberdose, getrieben, gegossen. Auf dem Rand beider Seiten laufen zweierlei gerippte bzw. tordierte Drähte rundherum. In der Mitte beider Seiten die plastische Szene des Englischen Grußes: vor der an ein Podest gelehnten Maria kniet ein Engel, zwischen ihnen von oben ein Strahlenbündel. Auch die Bilder sind von Draht umrahmt: auf der einen Seite ein einfacher gerippter, auf der anderen wie am Rand doppelter Draht. Auf der Schmalseite ein durchbrochener gotischer Blattschmuck. Oben eine Öse mit massivem Aufhängering. Die eine Seite ist lose. Die Drähte sind an mehreren Stellen gerissen. Literatur: H. KOLBA 1985, 109, Abb. 47; NAGY, E. 1985, 132-133; MM 1987, I, 740; Ausstellung 2002, 162-163, Nr. 122 119. UNTERER TEIL EINES Abb. 119 OSTERIUMS ODER EINER MONSTRANZ D. 3004. Herkunft unbekannt Mitte 15. Jh. H: 20 cm; F-Dm: 14,4 cm Erwerb: aus der Delhaes-Sammlung