Kolba H. Judit: Liturgische Goldschmiedearbeiten im Ungarischen Nationalmuseum. 14.-17. Jahrhundert. (Catalogi Musei Nationalis Hungarici. Series Mediaevalis et Moderna 1; Budapest, 2004)
KATALOG - KELCHE
Silber, vergoldet, getrieben, gepreßt, der Sechspassfuß steht auf einem breiten Rand, an der vertikalen Fußseite läuft zwischen zwei horizontalen Gliederungen ein mit gepreßten Sternen verziertes Band um. Die Wölbung des Fußes ist glatt, die sechs betonten Kanten laufen zum Hals hinauf. Der Fuß schließt oben mit einem aufsatzgekrönten Ring. Die beiden sechseckigen, sehr schmalen Schaftringe haben auf jeder Seite eine kleine gravierte Blume mit je drei Blütenblättern, vielleicht waren sie einst in Email gebettet (wovon es aber keine Spur mehr gibt). Der flache Nodus in gestauchter Kugelform ist mit 18 senkrechten Segmenten verziert. Die Flächen zwischen je zwei Segmeten wurden konkav getrieben. Die Kuppa ist unverziert und weitet sich gleichmäßig zum Mundrand hin. Die Vergoldung ist stark abgewetzt und die gesamte Fläche zerkratzt. Es handelt sich um die etwas reicher verzierte Parallele zum vorigen Kelch. In der Gemeinde Borsa steht seit dem 18. Jh. eine griechisch-katholische Holzkirche, deshalb dürfte der Kelch aus einer früheren, vermutlich im gotischen Stil gebauten Kirche stammen. Literatur: MM 1987, 1,701; II, 483, Nr. 1510; ROTH 1922, 15, Nr. 27; 17, Nr. 34, Taf. 20.1-2 8. KELCH Abb. 8 D.3000.a. Delhaes-Sammlung 2. Hälfte 14. Jh. H: 15.3 cm; F-Dm: 11,2 cm; M-Dm: 9,5 cm Erwerb: aus der Delhaes-Sammlung Kupfer, vergoldet, getrieben. Unten am runden, breiten Fuß ein konkaver Rand, dann erhebt sich aus einer ganz flachen Ebene, aus eingedrückter Lage die steil ansteigende glatte Fußwölbung. Die runden Schaftringe sind blumengeschmückte Ringglieder mit Spitzenrand. Der Nodus ist eine abgeflachte Kugel mit zwei Reihen getriebenen spitzen Blättern, zwischen denen die Zapfen als vierblättrige Blumen gebildet sind. Der Nodus kann eine etwas spätere Ergänzung sein. Die glatte Kuppa ist niedrig und gedrungen, sie weitet sich stark nach oben und biegt sich unter dem Mundrand noch ein wenig nach außen. Die Vergoldung ist abgewetzt, der Nodus hat ein Loch. Literatur: Erstmitteilung 9. KELCH Abb. 9a-d Cim.Sec.II.I.l. Torna (Turna nad Bodvou, SK) Kirche Frühes 15. Jh. H: 27,3 cm; F-Dm: 15,7 cm; M-Dm: 11,9 cm Erwerb: Geschenk von Graf János Geglevich anlässlich der Museumsgründung 1815 Silber, vergoldet, graviert, getrieben, emailliert, gegossen. Der Sechspassfuß steht auf einem glatten Rand. Seine vertikale Seitenwand bildet eine gegossene Nachahmung durchbrochener gotischer Nischen. In der Wölbung des Fußes sitzen in glattem Rahmen unter gravierten nischenartigen Arkaden die kunstvoll gravierten Bilder der volkstümlichen Heiligen der Periode: 1. St. Petrus mit langem Bart in weitem faltigen Mantel und Gewand, augenscheinlich in sitzender Lage. In seiner Linken hält er einen großen Schlüssel und in der unter einer Falte verborgenen Rechten ein Buch. 2. St. Paulus, ein jüngeres Gesicht, aber gleichfalls mit langem Bart in faltigem Mantel und Gewand, in der Rechten ein nach oben gehaltenes Schwert, in der Linken ein kleines Buch. 3. St. Ladislaus, König von Ungarn, mit reichverzierter gotischer Krone, unter dem weiten Mantel ein Panzerkleid, seine Rechte erhebt sein Attribut, die Streitaxt. 4. St. Emmerich, ein Jüngling mit glattem Gesicht, in weitem faltigen Gewand und dem Mantel auf den Schultern, in seiner Rechten ein der Bursa ähnelnder, kleiner, runder Gegenstand. 5. St. Johannes der Täufer mit langem Bart, unter dem weiten faltigen Mantel ein glattes Gewand aus Tierfell, in der Rechten eine große Hostie, in die das Lamm Gottes graviert ist. Grashalme und Kaktus zu seinen Füßen weisen auf seinen Aufenthalt in der Wüste hin. 6. Auf dem sechsten Pass eine den anderen gleichende gravierte Nische, über der in der Höhe der übrigen Heiligen eine applizierte sechseckige Platte mit zwei Nieten befestigt ist. In der oberen Hälfte der Platte St. Barbara als gravierte Halbfigur mit dem Turm in der Rechten. Darunter auf emailliertem Grund eine junge Frau mit Krone und langem fliegenden Haar. Diese Platte bildet den Schlüssel zur Herkunft des Kelches, denn über die Bedeutung der Bilder gab es viele Diskussionen. Aber schon im ersten Inventar der Cimeliotheca wird erwähnt, daß der Kelch wahrscheinlich im Auftrag der Barbara von Cilly, der zweiten Gemahlin Kaiser Sigismunds, hergestellt wurde. Bestätigt wird dies dadurch, daß auf der Kuppa die Gestalt St. Barbaras wieder erscheint.