Lovag Zsuzsa: Mittelalterliche Bronzgegenstände des Ungarischen Nationalmuseum, (Catalogi Musei Nationalis Hungarici. Seria Archeologica 3; Budapest, 1999)

Einführung - Die mittelalterlichen Bronzegegenstände des Ungarischen Nationalmuseums

und gesondert befestigtem Korpus bzw. Nebenfiguren. Von Kruzifixen dieser Art stammen in der Sammlung des Nationalmuseums Figuren und emaillierte Platten von der Verzierung der Balkenenden bzw. Rückseiten, die nach dem Zerfall der aus vergänglichem Material bestehenden Holzkreuze in die Erde gelangt sein können. Seltener wurden Hüllbleche aus dünnem vergoldeten Kupfer gefunden, die nur der Vollständigkeit halber in den Katalog aufgenommen wurden (Kat. Nr. 126-128). Die Handwaschschüsseln (Gémellion) waren wichtige Bestandteile des Altarzubehörs, bei der Meßliturgie ständig benutzte Stücke. Zwei intakte und ein fragmentarisches Exemplar sind im Besitz des Natio­nalmuseums (Kat. Nr. 133-135), von denen nur eines eindeutig sakrale Darstellung aufweist. Auf dem anderen intakten Stück umgeben höfische Belustiger einen in der Mitte befindlichen berittenen Falkner, während sich auf dem Fragment ein Wappen mit Löwe befindet. Aufgrund der weltlichen Darstellungen ist es möglich, daß die Schüsseln zur Handwäsche bei Tisch benutzt wurden, doch ist ihre kirchliche Benutzung nicht ausgeschlossen. Eindeutige Bestandteile des Altarzubehörs waren die Hostienbuchsen (Kat. Nr. 136,137) und die Flaschen zur Aufbewahrung von Meßwein oder Öl (Kat. Nr. 138,139) sowie zwei mit hockenden Drachenfiguren verzierte Fragmente, die vielleicht vom Deckel einer großen Navicula stammen (Kat. Nr. 141). Zu den Gegenständen aus Limoges mit weltlicher Bestimmung gehört vielleicht ein Kerzenleuchter mit drei überemdrehbaren Füßen, die mit stilisierten Wappen verziert sind, und dessen Oberteil mit dem Tropfen­fängerteller fehlt (Kat. Nr. 140). Darüber hinaus besitzt das Nationalmuseum eine Serie von Beschlägen, welche vermutlich eine größere Truhe verzierten (Kat. Nr. 129-131). Franz Bock schrieb 1867, sie stammten von der mittelalterliche Truhe für die ungarische Krone, doch ist die Grundlage seiner Behauptung unbekannt. Leider ließen sich in den Inventarbüchern des Nationalmuseums die 1957 neu registrierten Beschläge nicht entdecken, so daß Bocks Vermutung weder bestätigt noch widerlegt werden kann. Zusammen mit dem Material aus Limoges wurden zwei - nicht emaillierte - Heiligenfiguren (Kat. Nr. 142, 143) mitgeteilt, die vermutlich zwar in Ungarn hergestellt wurden, möglicherweise aber als Ersatz verloren­gegangener Figuren von Kreuzen aus Limoges. Leuchter und Kreuzfüße (Kat. Nr. 144-182). Mit den typisch romanischen dreibeühgen pyramiden­förmigen Leuchtern mit durchbrochenen Seiten in ihrer Form identische bronzene Kreuzfüße sind im euro­päischen Fundmaterial im allgemeinen selten, in Ungarn gibt es nur ein einziges Exemplar (Kat. Nr. 144). Er gehörte zu einem vergrabenen Schatzfund, zusammen mit zwei Prozessionskreuzen (Kat. Nr. 45) und zwei Pektoralkreuzen (Kat. Nr. 18, 19). Das außerordentlich sorgfältig und fein bearbeitete Stück stammt aus dem Zentralgebiet des Bronzehandwerks des 12. Jahrhunderts, aus dem Rhein-Maas-Gebiet. Von den beiden Prozessions­kreuzen des Schatzfundes blieb nur ein Exemplar - ohne Korpus - erhalten, vom anderen kennen wir nur die Beschreibung im Inventar. Beide wurden mit großer Wahrscheinlichkeit in Ungarn hergestellt, während die beiden Reliquiar-Pektoralkreuze aus der Kiewer Rus stammen. Das Nationalmuseum besitzt das Fragment eines noch niveauvoller als der Kreuzfuß gefertigten Leuchters, ebenfalls aus dem Rhein-Maas-Gebiet (Kat. Nr. 152). Nur der eine Fuß in Gestalt eines Drachen blieb erhalten, mit einem nach oben blickenden Löwenkopf über diesem. Das fein ausgearbeitete Bruchstück ist vergoldet, die Drachenflügel sind versilbert, auf dem fragmentarisch erhaltenen unteren Saum der Pyramide ist die Stelle einer - heute bereits fehlenden - Metalleinlage zu erkennen. Die sieben pyramidenförmigen Leuchter der Sammlung sind - mit einer Ausnahme - Importe aus verschiedenen deutschen Gebieten. Bei zweien (Kat. Nr. 145, 146) sind die Fundumstände bekannt, sie gelangten schon im Mittelalter nach Ungarn, die übrigen kaufte das Museum von Sammlern an. Ein kleiner Kerzenhalter (Kat. Nr. 148) unterscheidet sich von dem allgemein in Europa verbreiteten Typ, seine Seiten sind durchbrochen, in runden Feldern befinden sich Tiergestalten und an den Kanten der Pyramide nach oben blickende, stehende Hundefiguren. Teils aus Mangel europäischer Parallelen und teils wegen denen auf ungarischen Aquamanilen ähnlichen Hundefiguren nehmen wir eine einheimische Herstellung des Leuchters an. Romanische figurale Kerzenleuchter wurden in Ungarn nur wenige gefunden. Ein Sirenenfigur (Kat. Nr. 154) aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts aus dem Rheingebiet, genauer aus Trier, wurde in Ostungarn an der Stelle einer wahrscheinlich beim Mongolensturm zerstörten Dorfkirche entdeckt. Ein löwengestaltiger Leuchter aus ähnlicher Zeit befindet sich im Balassa­Museum von Esztergom, gefunden unter den Trümmern einer abgebrannten Goldschmiedewerkstatt im Stadtgebiet (LOVAG 1984, 21), und schließlich befindet sich ein hundeartiges Tier abbildendes Stück aus dem 13. Jahrhundert in der Sammlung des Nationalmuseums (Kat. Nr. 158). Von den im 15. Jahrhundert in Europa allgemein verbreiteten Leuchtern in Menschenform weltlicher Bestimmung wurden in Ungarn drei Exemplare gefunden,

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