KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE III. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 7. (Budapest, 1941)

III. Der Everyman-Todestanz

— 113 —­mitgebracht hätte. Es ist das Spielzeug des Christkindes, das es zum Osterfeste von seiner hl. Mutter bekommen habe. Ein jeder, der einen Toten begraben hilft, wird eine Schelle vom Spielzeug bekommen. Mit den Schellen in der Hand lief so der Narr durch die Stadt, bis alle l oten begraben wurden. Es waren aber die Schellen seiner Nar­renkleidung. Endlich bekam auch er, der Tröster des Volkes, die Pest. Der Domino ist selber zu ihm gelaufen, um dem Armen zu helfen. Entseelt lag er in seinen Ar­men und sein letztes Wort war: „Königin". Die Königin — von der Erzählung des Domino gerührt — fragt ihn lebhaft : „Du willst ein mächtiger König sein / und machst dich mit dem Volke gemein ?" Aber der schwarze Do­mino ist mit seiner üblichen Antwort bereit : „Ob jung, ob alt, ob arm, ob reich / mir gelten alle Menschen gleich." Aber was kann ein mächtiger König einem Kranken hel­fen, wo nur der Arzt einen Rat weiss ? Der schwarze Domino bekennt, dass auch er ein berühmter Arzt sei und schon viele Kranken von den schrecklichsten Lei­den befreit habe. Aber auch damit hat sich die Königin nicht zufrieden gestellt. Was vermag ein Arzt gegen den schwarzen Tod, wo dem Kranken nur ein Geistlicherden nötigen Trost geben kann. Aber der schwarze Domino ist auch ein sehr guter Geistlicher. Seine priesterliche Ar­beit ist allbekannt. Wieviel Kranke hat er in der letzten Minute noch bekehrt I Wieviel Menschen haben seinem Rate folgend beten gelernt 1 Durch seinen Rat ist er schon vielen Menschen unentbehrlich geworden. Auch der Va­ter der Königin hat seinen Rat befolgen müssen, als er die Hand der Königin ihrem jetzigen entflohenen Mann versprochen hat. Der Kanzler des Königs, Gingao, wurde während seines Aufenthaltes am Hofe des Vaters der Kö­nigin ermordet. Ein schrecklicher Krieg wäre entstanden, wenn der Vater der Königin den Frieden durch die Hand seiner Tochter nicht erkauft hätte. Der schwarze Domino bekennt seine Schuld. Er hat den Kanzler getötet, obwohl er mit ihm ehrlich, nach Ritterbrauch, aber ohne Zeugen gekämpft hat. Der Domino will die Folgen seines Mordes wieder gut machen und wirbt um die Hand der Königin : „Deine junge Schönheit lockt mich allein 1 Komm mit, du sollst mein eigen sein I Komm mit, wir wollen dem Hof uns zeigen 1 Komm mit zum Tanze, zum Hochzeitsreigen 1". In demselben Augenblick bietet der Junker Veit seinen Arm der Königin und will sie in den Tanzsaal führen, aber der Domino legt seine Hand auf ihr Haupt : „Die Königin ist bereits versagt ..." Wie aus einem tiefen Traum erwachend erklärt die Königin, dass sie dem Do­mino nichts versprach und bittet ihn, er möge sie in Ruhe lassen. Nachdem sich der Junker Veit bestürzt entfernt hat, verspricht der schwarze Domino der Königin, ihr bald Ruhe und Frieden schenken zu wollen. Dann führt er sie gewaltsam in den Tanzsaal. Junker Veit teilt dem Haupt­mann der Schlosswache mit, dass sich seit kurzer Zeit ein Fremder in der Burg aufhält und zeigt ihm den schwarzen Domino, der im Tanzsaal soeben mit der Kö­nigin tanzt. Sein Tanz ist auffallend schnell, teuflisch, geisterhaft. Der Zeremonienmeister bringt einen Brief des Königs. Auf ein Zeichen verstummt die Musik und der Königin, wie allen Anwesenden, wird der Brief vorgele­sen. Den König haben die Engel gesund erhalten und jetzt will er nur fragen, ob sein Leibaffe noch lebe. Er habe es seitdem bitter bereut, dass er das Tierchen nicht mit­genommen hat. Der Junker Veit, der den Affen schlug, wird in des Reiches Acht und Aberacht erklärt. Veit de­maskiert sich sofort und wirft sein Schwert zu Boden. Dann meint der König in seinem Briefe, dass der Narr zu wenig bestraft wurde, man soll ihn fangen und mit Ruten schlagen. Der schwarze Domino lacht hier kurz und höhnisch auf, er weiss, dass der Narr schon von einem höheren Richter gerichtet wurde. Der Brief schreibt auch streng vor, was man dem Affen zu essen geben soll. Un­terschrift : Euer Herr und Gebieter Strohmian. Die Königin lacht bitter auf, nur sie wird im Brief nicht erwähnt. Wenn also dem König der Affe lieber ist, als seine Frau, soll er seinen Affen bekommen. Die Königin gibt den Befehl, dass der Zeremonienmeister, sowie alle Diener des Kö­nigs die Burg sofort verlassen und den Affen seinem lie­ben Herrn übergeben sollen. Dann soll aber auch der Junker Veit wieder von der Acht frei sein. Der König ist abgesetzt, da er sich feig aus der Burg geflüchtet hat. „Der Thion ist für einen Grösseren leer./. . . Bringt mir die Krone her I" — sagt die Königin. Die Pagen bringen die königliche Krone. Plötzlich hört man von der Strasse ein seltsames Murmeln herauf. Glockengeläut, Orgelspiel, Kirchengesang. „Ritter" Veit öffnet das Fenster und erzählt, was er auf der Strasse sieht : Einen von vielen Blumen ge­schmückten Sarg trägt die Menge mit grosser Trauer dem Kirchhofe zu und durch Gesang und Gebet dringt ein helles Schellengeläut. Der Domino erkennt die Schellen des Narren, der soeben begraben wird. Alle Anwesenden sinken auf die Knie und auf die klagend rufende Stimme der Menge : „Heiliger Expulsus" antworten alle : „Bitte für uns I". Kaum haben sich die Hofleute entfernt, umarmt der schwarze Domino die Königin. Der Kranz aber, der das Haupt der Königin schmückt, verwelkt in seiner Hand. Die Königin nimmt den Blumenkranz vom Kopf (vgl. Uhland : Der scharze Ritter) und zerstreut die Blumen wehmütig. „Schön­heit und Duft hat keinen Bestand I" — sagt der Domino, wie im tiefen Schmerz und will sein müdes Liebchen Iröstín, das sich matt auf das Sofa gesetzt hat und mit dem Durst einer Kranken einen erquickenden Trunk ver­langt. Der schwarze Domino gibt ihr das Lebenselixier, welches der Arzt vorher am Tische gelassen hat. Aber auch das „Lebenselixier" löscht den Todesdurst nicht. Bald bemerkt die Königin, dass der Glanz der Lichter ihr Auge blendet. Der schwarze Domino verspricht ihr düster, bald alle Lichter auszulöschen. Die Königin ergibt sich willenlos seiner Liebe. Und der Domino setzt sich ihrem Wunsche gemäss die Krone auf. Die Uhr schlägt zwölf. Die Musiker spielen einen fröhlichen Tusch und die Kö nigin ersucht den schwarzen Domino, die Maske endlich zu entfernen. Dieser aber wünscht, sie solle erst ihre Au­gen schliessen und erst während des Bräutigamskusses darf sie sein Gesicht sehen. Sie gehorcht und schliesst ihre Augen. Der Domino nimmt schnell die Maske von seinem Gesicht — es ist dass bleiche Knochengesicht des Todes ! — Ein langer Liebeskuss I Die Königin öffnet die Augen und bricht mit lautem Schrei sterbend zusammen. „Du küssest den Tod" — sagt der Domino hart. Er legt die Königin sanft auf den Diwan und drückt ihr die Au­gen zu. Aus dem Tanzsaal wird ein lautes Gelächter hör­bar. Der Tod geht nach hinten und bringt den Perpendi­kel der grossen Uhr zum Stehen. Ein Rasseln und Klirren im Gehäuse der Uhr entsteht, als wenn alle Räder ablie­fen und alle Federn zersprängen. Von hinten ertönt nach kurzem, flottem Vorspiel ein schönes, aber freches Tanz­lied. Am geschlossenen Vorhang zeichnen sich die Schat­tenrisse der nach der Tanzmelodie Tanzenden deutlich ab. Am Ende des Liedes Applaus, Gelächter und Gläser­geklirr. Der Tod: „Die da sind keiner Schonung wert 1/ Hier war's ein Kuss 1 (erhebt sein Schwert) Nun sei's ein Schwert I". Er schreitet in den Tanzsaal. Plötzliche Stille. Dann Lärin, Tumult. Gepolter, Geschrei . . . Endlich wird es ganz still und dunkel. Im Drama von M. Moeller tritt die Every­man-Todesgestalt in mannigfaltigen Formen auf und die eingehende Betrachtung des Inhalts gibt uns die Gelegenheit, die spätere, neuzei­tige Geschichte der Everyman-Todesgestalt und des sog. Everyman-Todestanzes ergründen zu können. Der Tod kommt, wenn ihn niemand er­wartet. Er gibt sich nicht sofort zu erkennen, nur in der letzten Minute demaskiert er sich, und dann ist es zu spät. Im Tanzsaal findet er sofort die Königin. Er stellt sich ihr nicht vor und führt sie doch zum Tanz. Sein Tanz ist schnell, teuflisch, ermüdend. Er entfernt sich nicht auf den Befehl eines Menschen. Er ist kein Vasall. Er ist ein König, der über alle Menschen regiert. Er ist ein Zauberer, der die stummen Kirchhofsglocken zum Läuten bringt. Er ist aber auch ein guter Arzt, der viele Men-

Next

/
Thumbnails
Contents