KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE III. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 7. (Budapest, 1941)

I. Hans Holbein

8. Die sechste Gruppe 1 Die Toten- oder Todesgestalt könnte auch ebensogut weggelassen werden. Der Realisie­rungs-Vorgang schreitet bis zum Bilde des elen­den Siechen so weit, dass die Totengestalt wirk­lich vollständig wegbleibt und das Bild den vollen Sinn der Vergänglichkeits- und Nichtig­keitsideen der alten Totentänze übernimmt. Das Bild des elenden Siechen stimmt schon mit der Auffassung der modernsten Totentänze überein. 33. Der blinde Bettler (45) wird vom Tod nicht getötet; der Tod ist zu seinem Blindenführer geworden, der aber boshaft und verräterisch ist, da er den leichtgläubigen Blinden über Stock und Stein zerrt. Das Unglück sieht man voraus, er wird aber von einem Stein verursacht und nicht vom Tod. Der Blinde will nach der Anweisung seines Führers seinen FTiss hoch heben, um nicht über einen grossen Stein zu stolpern, aber er sieht nicht, dass hinter dem Stein eine tiefe Totengrube gähnt, auf die er vom böswilligen Totenführen nicht aufmerksam gemacht wird. Der Tod dient hier auch nur zur Steigerung der Ironie. Der ängstlich um sich tappende Blinde ist meisterhaft gezeichnet. 34. Der Räuber (44) überfällt das schwer beladene Marktweib und will ihm den Korb ent­reissen. Der Tod erscheint. Er will nicht töten. Er will auch das Ende des Räubers nicht be­deuten. Im Gegenteil will er das Marktweib von der Gefahr befreien, die sie seitens des Räu­bers bedroht. Die künstlerische Wirkung liegt in der Ironie, dass der „Tod" jemanden vom Tod befreien will. 35. Die Edelfrau (35) ist jung und spricht mit einem jungen Edelmann. Mechel nannte die Szene sehr passend „die Neuvermählten". Hol­bein wollte hier die Darstellung der Nichtigkeit der Jugend mit der Nichtigkeit des vornehmen Standes vereinen. Dass hier der Tod tanzend die Trommel rührt, ist ein Zurückgreifen zu alten Reminiszenzen. Stellen wir uns vor, als wür­den die zwei Personen auf die Hochzeit gehen oder zum Brautgemach voranschreiten, so ist dieses Bild eine Darstellung des drohenden Miss­geschickes. „Dich und mich trennt nur der Tod" — lautet das Zitat der Bibelstelle in der Lyo­ner Ausgabe. 36. Der Sterndeuter (27) wurde schon in den alten Totentänzen ähnlich dargestellt ; dort erhielt er aber den Namen : „Le maistre" und wurde seit 1486 durch „L'astrologien" ersetzt. Gekennzeichnet durch Globus und Zirkel er­scheint er schon in dem xylographischen ital. Totentanz (ca. 1500) der Bremer Kunsthalle (s. Schreiber). Der reich ausgestattete Sessel, der Tisch mit Säulenfuss und Lesepult, das offene Bogenfenster und der von der Decke herabhän­gende Himmelglobus ist in vollständiger Ähn­1 Der Pfarrer (22), der Arzt (26), der Sterndeuter (27). der Schiffsmann (30), die Edelfrau (35). die Spieler (41), der Räuber (44), der Blinde (45), der Kärrner (46), der elen­de Sieche (47). lichkeit am anonymen Holzschnitt von ca. 1500 2 zu erkennen. Bei Holbein erscheint dem nichts ahnenden Sterndeuter die Skelett-Todesgestalt und hält ihm einen Totenschädel vor. Die ein­zige Erklärungsmöglichkeit ist, den Totenschä­del mit dem Erdglobus zu vergleichen. Wäh­rend der Weise auf lächerliche Art und kin­disch nach verborgenen Weisheiten forscht und den Globus studiert, betrachtet der Tod den Totenschädel mit denselben grosstuerischen Gebärden des wissenschaftlichen Selbstgefühls ; sein „Globus" sagt nur eine Weisheit, die ge­wisse und ungewisse Stunde des Vergehens. Der Tod ist hier also als ein Sterndeuter iro­nisch dargestellt. Die eingehende Betrachtung der Holbein-Bilder überzeugt von einem innig­sten Zusammenhang des ungarischen Dramas „Die Tragödie des Menschen" von Madách mit der Totentanzliteratur. Nicht umsonst hat er den grossen „Sterndeuter" (Keppler) und die schreck­liche Tragödie seiner nichtswissenden „Weis­heit" in die Reihe der geschichtlichen Toten­tanz-Szenen aufgenommen. 37. Dem Pfarrer (22) geht der Tod als Messner voran, mit Glocke, Laterne und sein unbedingtes, herkömmliches Attribut, das Stun­denglas unter den Arm gepresst — in einer Haltung, in der es nicht einmal funktionieren und die abgelaufene Zeit zeigen kann — wäh­rend der Pfarrer das hl. Sakrament tragend zu einem Kranken eilt. Dies will nicht den Tod, das Sterben des Pfarrers bedeuten. Es ist eher der Tod desjenigen, zu dem der Pfarrer geru­fen worden ist. Der Tod ist ein Begleiter des Pfarrers zu jedem Sterbebett ; wenn dieser dem Sterbenden die letzte Ölung gegeben hat, so will auch er seine Arbeit sogleich beginnen. Der Tod ist also Sakristan des Pfarrers. 38. Der Arzt (26) wird vom Tod nicht ge­tötet. Es handelt sich überhaupt nicht von dem Ende, weder des Kranken, den der Tod bei der Tür zum Arzt hereinführt, noch des Arztes, den der Tod eigentlich nur über das Befinden des al­ten, gebrechlichen Kranken befragen will. Der Tod überreicht dem Arzt die Flasche mit dem Was­ser des Patienten, damit dieser noch rechtzeitig durch eine Arznei vom Tod befreit werden kann. Der „Tod" will also wieder vom Sterben befreienl 39. Schiffbruch (30). Es jagt der Sturm durch die Luft ; die grossen Wellen des Meeres be­drohen das Schiff mit dem Untergang. Das Se­geltuch wurde schon vom Wind losgerissen und die Mannschaft erfasst die Furcht ; endlich bricht auch der Mast und der Tod, der Kno­chenmann, der Dämon der Schiffsleute, erscheint und hilft dem Sturm beim Umsturz des Mastes. Nicht der Tod also verursacht den Untergang und den Tod jener, die sich retten wollen und in das Wasser springen. Die Darstellung ist der Schiffsbruchdarstellung der MünchenerHschr. Cod. Germ. 3974. 3 sehr ähnlich. 40. Die Spieler (41). Der eine Spieler hat 2 S. Henne am Rhyn II. 370. 3 GTT. Bd. II. Taf. VIII. Fig. 9.

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