KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE II. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 5. (Budapest, 1944)

Zweiter Abschnitt: Romanische Weltanschauungs-elemente im Totentanz

— 64 — thüringischer Mundart verfassten Gedichte be­klagt Adam den Sündenfall und seine Vertrei­bung aus dem Paradies, — freilich von den merkwürdigsten Motivelementen durchwoben (in mehreren Handschriften der Weltchronik des Rudolf von Ems eingefügt). An der Hand einer sehr interessanten Arbeit von Rudolf Helm 1 wer­den wir weiter unten zeigen, dass dieses aus dem Osten nach dem Abendlande gebrachte Motiv der „Adambücher" die christlichen Kreuz­bilderbeeinflusst hatte, sodass die Leiche Adams, d. h. „Everymans", zu Füssen des Kreuzes 2 mit dem „carnifex-Tod", diesem von Christus besiegten Höllenfürsten, identisch wurde 6 und so der mittelalterliche Tod seine Leichnams- und Skelettgestalt von dem „Adam-Everyman" er­hielt. Aber die orientalische Gestalt der „Mutter Erde", der „Terra", sowie alle jene „Elemente", aus denen, nach dem schon erwähnten Berichte, Adams Körper geschaffen wurde, also ausser der Terra oder Gaia auch Lux, Tenebrae, Sonne, Mond usw., wurden im Rahmen der Kreuzbil­der mit dieser Gestalt des „Adam-Everyman" vereinigt. 4 Aber die deutschen Dichter machten dann aus dieser Adamsgestalt einen nach ger­manischer Art aufgefassten Fetisch, 5 der auf dem „überweltlichen Seelenwege" bei den ein­zelnen Toren der „Himmelsleiter" gegen die Macht der bösen Torhüterdämonen als ein ret­tendes Symbol verwendet werden soll. Und das charakteristische Offertorium im Missale Romanum im Rahmen der Seelenmes­sen zeigt, dass die christliche Weltanschauung die Vorstellung von einem Seelenwege beibe­hielt und den Adambegriff auf eine jede ein­zelne Sele übertrug : Domine Jesu Christe, rex gloriae, libera animas omnium fidelium de­functorum de poenis inferni 6 et de profundo lacu : libera eas de ore leonis, ne absorbeat eas tartarus, ne cadant in obscurum (oder : in obscura) : sed signifer sanctus Michael repre­sentet (oder : repraesentat) eas in lucem sanc­tam . . ." Der „tiefe See" oder die „tiefe Grube", der Unterwelt, über welche die Seelen auf ihrem himmlischen Wege unangefochten weiterschrei­ten müssen, der „Löwe", welcher bestrebt ist, die Seelen zu verschlingen, 7 der „Tartarus", des­sen gieriges Maul immer offen steht, um die Seelen „einzuschlürfen", das „Tor der Finster­1 R. Helm, Skelett- und Todesdarstellungen bis zum Auftreten der Totentänze. Strassb. 1928. 2 Helm, S. 28-29. 3 Vgl. GTT Bd. I. S. 141a und 142a. 4 Vgl. Helm, a. a 0. S. 28. 31-32, 51-56, 56­58. 59. 5 Vgl. die „Adamas-Krone" der Königin im Alex­anderliede Vs. 6240. 6 In der heutigen Auffassung auf das Fegfeuer ge­deutet, aber in Missalen aus Minden und Bremen steht : de manu inferni ; vgl. Döring-Hirsch, a. a. 0. S 33—34 ; S. 33, Amn. 61. 7 Gerade die Nennung des ..Löwen" im Offertori­um zeigt, dass es sich hier nach dem ursprünglichen Sinne um eine Reise auf der siebengradigen „Himmels­leiter" handelt, denn „die Sieben" bedeutet arabisch „assab'atu", währenddessen „der Löwe" arab. „assibäVi" heisst ; die beiden Wörter wurden verwechselt. nis", über welches die Seelen gehen müsséri, und der „signifer" Engel Michael, der die be­drängte Seele gegen die Unholde auf dem Wege zu Gott verteidigt, — alle diese Motive gehö­ren in den Kreis der „Himmelsleiter"-Darstel­lungen ! 8 Der Ausdruck „Ne tradas, Domine, bestiis animas confitentium tibi ..." weist ebenso auf die „Torhüterdämonen" des „überirdischen Seelenweges" hin, wie die Rolle eines Psycho­pompos, welche dem Erzengel Michael zufällt. Dieser Erzengel spielt auch im deutschen Volks­glauben die Rolle des Satansbesiegers, der als himmlischer Papst und Priester jeden Montag im Himmel die Messe liest. Er heisst aber auch nach einer Antiphon der Begräbniszeremonie der „praepositus paradisi", und man kann sich also leicht vorstellen, dass er die Rolle eines allgemein menschlichen Psychopompos von den apokryphen Adamgeschichten in der Anschau­ung des Volkes erhielt, und dass diese seine Rolle auf dem „überirdischen Seelenwege", und später auch auf dem Lebensrade, und in den Totentänzen (vgl. Pinzolo I), ja sogar im Rah­men der „Engel-Teufel"-Kinderspiele, aus je­nem Verhältnisse abgeleitet werden kann, in welchem er zur Everymanwesenheit des „Ur­menschen" Adam stand. In Totenmessen wird die Lektion Apk. 1413 mit dem Zitat „Opera enim illorum sequuntur illos" häufig gelesen und die uralten Vorstellungen über die Himmelsreise der Seele sprechen sehr auffällig darüber, dass der Seele drei Tage, nachdem sie vom Leibe geschieden, ein schönes Mädchen begegnet,ihr „Selbst", das Abbild ihrer „guten Taten" (der bösen Seele zeigt sich dagegen ihr Ich in der Gestalt einer Greisin), um sie zu Gottes 1 hron zu begleiten. Dieses „schöne Mädchen" der orientalischen Fassung der Legende von der Himmelsreise der Seele vertritt dann langsam auch der Erzengel Michael. Wir werden ja se­hen, dass dieser Zug der „Himmelsleitervorstel­lungen" und der Adambücher, sowie der Eve­rymangeschehnisse, später nicht nur im Toten­tanz, sondern schon in der ältesten bekannten Variante der „Gesamtlegende" in Metz im Rah­men der Everymangeschichte des „Bekehrten" verwendet wird. 9 Verarbeitet wurden diese Mo­tive auch durch jene Grabdenkmäler, auf de­nen man die „Unterweltstiere" abgebildet hatte. 10 Auch in Heiligenlegenden wird das Thema manchmal berührt. Hugo von Langenstein be­schreibt in seiner „Martina" die Himmelfahrt der Heiligen durch die himmlischen Regionen, die „Himmlischen Jahreszeiten", und schildert auch die „fünfzehn Gerichte" oder „Trachten" des „himmlischen Mahls", mit denen jene See­len gespeist werden, die in ihrem irdischen Le­ben über Leib, Welt und Teufel siegten. Nach 8 Vgl. Boussei, Himmelsreise. S. 136 ff. ; Jos. Stigl­mayer: „Das Offertorium in der Requiemmesse" und „Der Seelendurchgang" im „Katholik" Bd. 11. S. 248 ff. Mainz 1913. Vgl. Ps. 106, Vs. 10 und 18. 8 Vgl. Döring-Hirsch, a. a. 0. S. 34-35. 1 0 Vgl. Döring-Hirsch, a. a. 0. S..53, Anm. 60.

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