KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE II. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 5. (Budapest, 1944)
Zweiter Abschnitt: Romanische Weltanschauungs-elemente im Totentanz
Kräfte" nach allen Seiten dahinströmen. Es ist dies das „Dreieck der Dreifaltigkeit", das sog. „Gottesauge", — das „Auge" stammt von den nach allen Seiten strömenden Strahlen her . . . Seit uralter Zeit ist übrigens das Dreieck ein Symbol der Gottheit. Hier teile ich auch das „Zeichen der Ptolemäer" mit, das im Mittelalter auch der „Schild Davids" oder „Stempel Salomos" genannt wird. Es besteht aus zwei gleichseitigen Dreiecken, welche von einem Kreise eingefasst werden. Die Winkel der zwei Dreiecke, welche sich ebenso schneiden, wie die drei Kreise vorher, stehen voneinander in einem Abstand, der dem Radius des Kreises entspricht, und es entsteht ein Sternsechseck, dessen einzelne Flächen ebenfalls die „sieben göttlichen Kräfte" symbolisieren. Das Dreieck, welches sich nach unten wendet, ist die „Sehnsucht" Gottes zur Schöpfung, die Involution der göttlichen Schöpfungskraft, die Sehnsucht des „Ungreifbaren" nach Verwirklichung in der Materie, während das zweite gleichseitige Dreieck, welches nach oben weist, die Sehnsucht der Materie nach einer Verherrlichung in Gottes Weltordnung zum Ausdruck bringen soll. Der Mittelpunkt, um den sich die beiden Dreiecke drehen, ist auch hier die „siebente Stufe", das „Gesicht Gottes", wie vorher das Strahlenbündel im Dreieck. Dieses „Gottesauge" ist die „Achse des Weltalls", — wie sich einst bei den primitiven Völkern nach ihrer Anschauung die Weltachse im Nabel der beiden „Zwillinge" befand. Diese Achse, der Mittelpunkt der Schöpfung, vertritt einen ewigen Trieb nach der Peripherie der Kreisbewegung, während die Drehung durch eine ewige Sehnsucht der Peripherie nach dem Mittelpunkte entsteht. In Dantes Vision erreicht keiner der drei Kreise einen gemeinsamen Mittelpunkt, — doch sind sie vollkommen ineinandergewachsen 1 Das ist der Grund, warum der Illustrator des mystischen Kreuzbildes im Evangeliar der Uta seine Figuren in einem Kreissystem von je drei Kreisen aufgestellt hatte, um dann in der Mitte Christus als ein „Gottesauge" darzustellen, als den Inbegriff der „sieben göttlichen Schöpferkräfte". So beschreibt uns der Dichter Dante seine . Vision, welche er scheinbar den theoretischen Schriften seiner Zeit entnahm : „Im tiefsten Schoss vom lichten Strahlenschein Schienen drei Kreise schimmernd mir zu sehen. Dreifarbig, doch an Umfang eins zu sein. Wie Iris von der Iris glänzt, so zween Im Wiederschein : der dritt' als Glut und Licht Schien' er gleichförmig beiden zu entwehen . . — dieser „Dritte" ist dann freilich nach der Lehre der mittelalterlichen Theologie : der Heilige Geist. 1 Wie ich es schon bemerkt hatte, ist das Verhältnis Gottes zur Schöpfung nach der mittelalterlichen Weltanschauung eine Involution, während das Emporringen der Schöpfung zum 1 Vgl. Parad. 33. Ges. Vs. 115-119; a. a.O.S. 618. Schöpfer Evolution genannt werden könnte. Die „Involution" des göttlichen Schöpferwillens geht — nach den Begriffen Dantes, — aus einem einzigen Punkt aus, aus dem „Mittelpunkt alles Seienden, Werdenden und Gewesenen". Aus diesem „Mittelpunkt" geht erst ein einziger Strahl aus, — wie es ja auch der Schöpfer nach der Erzählung der hl. Schrift gleich am Anfang der Schöpfung befiehlt : „Es werde Licht"... Dann kommen in den „sechs Schöpfungstagen" immer neue und neuere „Strahlen" aus der Gottheit Strömen aus diesem göttlichen „Mittelpunkt" zwei Strahlen aus, da entsteht schon ein Winkel. Während aber ein einziger Strahl zugleich auch eine gerade Linie, und mit dem Buchstaben I identisch ist, kann der „Winkel" nach seiner üblichen Gestalt als ein A gelten. Strömen unzählige Strahlen aus dem Punkt nach allen Richtungen hervor, den ganzen Raum füllend, so entsteht schon aus diesem in die Runde laufenden Strahlenbündel : ein Kreis. Daher sind auch die drei Buchstaben I, A und 0 die Quellen aller Schriftzeichen und wie aus dem A und 0 das ganze Alphabet abgeleitet . IA I, A,Q Abb. 21. Wie aus dem Strahl die drei Grundzeichen der Gottheit entstehen. werden könnte, so ist freilich auch Gott nach Christi Aussage : Alfa und Omega. 2 Nach der mittelalterlichen weltanschaulichen Auffassung ist das I das Symbol für den göttlichen Willen, für die göttliche Schöpfungskraft und ein Bild des göttlichen Ichs. Daher beginnt in den meisten Sprachen das Wort „Ich" mit einem I (vgl. ital. io, engl. I, franz. je). Und nachdem in Jesus die göttliche Substanz in der menschlichen Gestalt der zweiten göttlichen Person, des „Sohnes", zur geschichtlichen Tatsache wurde, so durfte er im Namen der „Dreifaltigkeit" nach der Ansicht mittelalterlicher „Klosterphilosophen" mit Recht über sich sagen : „Ich bin der Weg (I), die Wahrheit (O) und das Leben (A)". So verstanden diesen Satz auch die Gnostiker. Diese Interpretation verbreitete sich im esoterischen Glauben des Mittelalters, und so wurde der Satz auch von den deutschen Mystikern interpretiert. Der Winkel mit den zwei Strahlen in der Form des Buchstabens A ist aber dann auch das Symbol für den einstigen „zwiegestaltigen" Gott Tuisto der 2 Vgl. Kennsbert, a. a. 0. S. 71 IL