KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE II. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 5. (Budapest, 1944)
Erster Abschnitt: Germanische Weltanschauungs-elemente im Totentanz
wenn er die „Todin", den Glauben an diesen merkwürdigen „weiblichen Tod", für eine echt germanische Kreation hält. Es ist auch sehr merkwürdig, dass z. B. in Subiaco auf dem Fresko der „Gesamtlegende", sowie in Pisa, der weibliche Tod erscheint, — und in diesen Fällen stehen die Gesamtlegendendarstellungen tatsächlich mit deutschen Kulturstätten in Verbindung. 1 Nach Hans Naumann 2 ist die Grundlage desTotenglaubens und Seelenglaubens sämtlicher primitiven Völker nicht die Todesfurcht, sondern die Totenfurcht, — daher diese „Todesrolle" der Toten... und daher die Bedeutung des Toten im germanischen Rechtsleben. 3 Man war bestrebt, die Macht der Toten zu mildern, zu vernichten. Nach Wilhelm Jordans 4 pflegen die Frauen heute noch in Schweden in den mit Blut, mit Schmalz oder Butter bestrichenen „Alfenstein" eine Zauberpuppe, die Vertreterin des einstigen Zauberers zu legen, und glauben, dass sie damit die bösen Totengeister beschwichtigen und die Krankheiten abwehren können. Diese Furcht vor den Toten bezieht sich meist auf die Möglichkeit, dass sie wiederkehren könnten, um die Lebenden zu holen, 5 und der Wiedergänger vermehrt ja auch seine Kraft durch sein Opfer ; 6 daher gibt es entsprechende Medien, die sich die dämonische Kraft der Alfen und Toten durch einen uralten Alfenkult zunutze machen können, um durch die Toten die eigene Fruchtbarkeit zu stärken und sich auch gegen die Seuchen durch die Kraft der Toten und durch ihren Segen zu schützen. Nach Naumann ist der Seelenglaube nicht die ursprüngliche Form des Totenglaubens. Nach ihm ist die Annahme einer Periode des Präanimismus, welche dem eigentlichen Animismus vorangeht, unabwendbar. 7 Es ist zwar hier nicht der Platz, mich in diese Frage weiter einzulassen, — dies möchte ich in einer selbständigen mythologischen und religionsgeschichtlichen Arbeit tun, aber auch hier möchte ich betonen, dass das Fehlen der Angaben für die Priorität des Animismus nicht unbedingt für die Richtigkeit der Annahme einer präanimistischen Periode spricht. Und die primitiven Völker, ja sogar die primitiveren Volksschichten der Gegenwart, welche also schon die Lehre von der Beschaffenheit der Seele kennen dürften, schenken fast einem jeden Begriff, der für die fünf Sinne nicht real greifbar ist, eine anthropomorphe Erscheinungsform. Daher wird auch der Mensch die Seele immer als etwas 1 Vgl. auch die Totensagen, welche ich GTT Bd. III. S. 136-137 bespreche I 3 H. Naumann, Primitive Gemeinschaitskultur. Beiträge zur Volkskunde und Mythologie. Jena, Eug. Diederichs 1921, S. 14. 3 Vgl. Stammler, Die mittelalterlichen Totentänze, S. 50. 4 W. Jordans, Der germanische Volksglaube von den Toten und Dämonen im Berg und ihrer Beschwichtigung. Bonn, Peter Hanstein 1933, S. 19—21. 6 Vgl. Jordans, a. a. 0. S. 8. 6 Ebenda, S. 15. 7 Vgl. Naumann a. a. 0. S 19 ff. Körperliches auffassen, — wenn er auch ne j benbei weiss, dass man sich unter „Seele" etwas rein „Unkörperliches" und durchaus „Geistiges" vorstellen soll. Ob dann aber die Reise der Seele ins Jenseits, dieses älteste Motiv aller Religionen, ebenfalls „präanimistisch" aufzufassen ist, diese Frage traut sich Naumann nicht eingehender zu untersuchen. Die Antwort, welche man auf sie geben müsste, würde die Theorie über Präanimismus freilich etwas näher determinieren. 8 Ich muss ausserdem auf die Tatsache hinweisen, dass jene drei Schichten des Seelenglaubens, welche Naumann in seinem zitierten Werke S. 29 ff. aufzählt, fast zu jeder Zeit und überall gleichsam nebeneinander lebten. Sie entstanden nicht in einem Nacheinander, sondern waren immer in einem Nebeneinander vorhanden. Inwiefern Naumanns präanimistische Theorie ernst genommen werden kann, zeigt seine Bemerkung auf S. 35 seines Werkes über „die Mythe von Christi Tod" . . . Allerdings sind die Ausführungen Naumanns über die Dämonen, über die weisse, fahle Farbe der „Leichenfresser-Gespenster", über Thursen und Riesen, welche auch Leichendämonen sind, über den Kinderschreck, den „schwarzen Mann", der eigentlich aus dem „Hünen", dem „schwarzen Riesen" entsteht, über Surtr, den schwarzen Riesen, der eigentlich ebenfalls ein Toter ist, über die mythologische Deutung des Namens der Hunnen, die nach Jordanes cap. 24 von den Goten für dämonische Totengeister angesehen wurden, wobei „hün" als Adjektivum „schwarz" und „Hünengrab" eigentlich „das Grab der schwarzen Männer" bedeutet, weiter die Hinweisungen Naumanns auf die durch Bemalung bewirkte bäuerliche Vermummung, welche nach Tacitus (Germ. cap. 43) schon bei den Hariern üblich war und welche auch in der „schwarzen Trauerkleidung" bei Begräbnissen nachgeahmt wird, weil man die schwarze Farbe der Kleidung als Abwehrmittel gegen Dämonen benützt, alle diese Angaben Naumanns sind freilich sehr interessant und lehrreich, — beweisen aber nicht seinen „Präanimismus"! Naumann erwähnt auch, dass das weisse Gesicht Kasperls und des Bajazzo ebenfalls die Nachahmung der Leichenfarbe ist, und dass dem „schwarzen Totenheer" der Harii ein „weisses Totenheer" der Phoker gegenübersteht. 9 Zur Ergänzung möchte ich nur auf den „Dämon" von Lermontow aufmerksam machen. Auch diese Gestalt entspricht jener primitiven Todesauffassung, welche Naumann skizziert. 10 So wird uns freilich auch jener „Neger-Tod" leicht verständlich sein, 1 1 welcher in dem Kirch8 Vgl. Naumann a. a. 0. S. 28. 9 Vgl. Archiv für Religionswissenschaft 9. S. 223: und Naumann, a. a. 0 S. 41—50. 1 0 Vgl. die blutlrinkenden Geister und Schatten der Unterwelt bei Homer in der Nsxvla • vgl. Freybe, Das Memento mori. Gotha 1909, S. 3. 1 1 Vgl. The Dance of Death. By Francis Douce Esq. f. a. s. London. William Pickering 1833, S- 230.