KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE II. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 5. (Budapest, 1944)

Erster Abschnitt: Germanische Weltanschauungs-elemente im Totentanz

Opfergaben samt den Mitspielern zu sich nehmen zu könnnen ! In dieser Szene verwandeln sich also nach dem Glauben der primitiven Teilneh­mer dieser altertümlichen Begräbnisfeierlichkeit die „Spieler" der „Ahnenseelen" in „echte Ah­nenseelen", aus „Spielern" werden im Moment der Ekstase „wirkliche" Gespenster, daher ist es auch möglich, dass wir es mit einem Feuer­kessel zu tun haben, in dem die Gaben sowie auch der Totenkörper des Verstorbenen, ver­brannt werden, — den Rauch atmen dann die „Mitspieler" ein, um in einer Art ekstatischen Zustandes in „wirkliche" Ahnenseelen verwan­delt zu werden. Diese Rolle bei Begräbnisfeierlichkeiten spielte scheinbar — und dies ist meine ganz persönliche und selbständige Vermutung, — eine ganz besondere Sippe, ein besonderer Volks­stamm : •— die Istaevonen ! Es ist die dritte germanische Völkerfamilie, welche Tacitus er­wähnt. Nach der Literaturgeschichte von Unwerth­Siebs (S. 10) ist der Name der „Istaevonen" mit der Hilfe eines analogischen Vergleiches zum altslawischen „istovu" — „wahr, echt" zu er­klären. Die „Istaevonen" wären also jene „Ech­ten", jene „Wirklichen", jene „Richtigen" (heute benützt man diese Bezeichnung nur ironisch : „das ist aber der Richtige 1"), die in der kulti­schen Vogelmaske bei festlichen Gelegenheiten — und auch in der Schlacht, wie die Harier ! — die „Ahnenseelen" erst durch Vermummung gespielt und nachgeahmt haben, um dann im ekstatischen Wirbel des Tanzes sozusagen ihr eigenes Ich zu verlieren und das Ich der „Ah­nenseelen" aufzunehmen. Auf diese Weise wurden sie dann „die Echten", die „Wirklichen", — d. h. Istaevonen genannt ! Sie waren also ge­genüber den Herminonen und Ingaevonen, wel­che in der Irminsäule den Fruchtbarkeitsgott und in der Drehung des Weltalls um diese Säule den Gott „Wurd" verehrten, im strengsten Sinne des Namens: „Seelenverehrer", die Verehrer der „Ah­nenseelen" . . . Ich glaube, mit dieser Interpretation den Fortschritt der germanischen Altertumskunde und Religionsgeschichte doch etwas gefördert zu haben ! — Wenn nur diese meine Erklärung den geschichtlichen Tatsachen wirklich entspricht 1 Warum ich diese meine Erklärung für möglich halte? — diese Frage könnte ich leicht mit einem Hinweis auf den altgermanischen Seelenglauben beantworten ! Die Grundlage des altgermanischen Seelenglaubens ist der „Fylgjen­glaube", der Glaube an ein „zweites Ich", der Glaube, dass das „Bild" eines Menschen zugleich auch ein „reales Wesen" sei. Dieses „zweite Ich" der Menschenseele kann den Körper noch im Leben, während des Schlafes, oder im eksta­tischen Zustande verlassen, und mit einem an­deren Seelen-Ich, mit der „Fylgja" eines anderen Menschen, ersetzt werden. Dieses „Folgewesen", die „Fylgja", kann der dreifachen Eigentümlich­keit der Seele entsprechend dreifache Formen annehmen und wird bei den Germanen ganz „körperlich" gedacht. Die „Fylgja" verlässt den Menschenkörper während des Schlafes oder im ekstatischen Zustande durch den Mund in der Gestalt eines Tieres, z. B. einer Maus, eines Wiesels oder auch eines Vogels ! Drei Ursachen kann die „Fylgja" zu diesem Verlassen des Körpers haben. Entweder will sie die Welt durchwandern und nach Geheimnissen des Him­mels oder der Erde forschen, sie will also die Bereicherung ihrer Gedankenwelt erreichen, oder es ist die Ursache der Zerspaltung ihres Ichs, weil sie ihren geheimen Willen ausführen will, weil sie jemandem helfen oder schaden, d. h. etwas Böses anrichten will, oder es verlässt die „Fylgja" den Menschen aus treuer oder böser Sehnsucht nach jemandem und somit ist sie die Äusserung des Gefühlsichs, des Wunsch-Ichs. Im ersten Falle ist also die Fylgja ein verkörper­lichtes „Gedanken-Ich", identisch mit „hugr,, — Geist, Verstand. In diesem Falle ist die Fylgja ein die Zukunft verkündendes Wesen, versehen mit Weisheit und Seherkraft. Im zweiten Falle ist die Fylgja ein verkörperlichtes „Taten-Ich" der menschlichen Seele und verlässt den Kör­per, um in der Gestalt eines „Werwolfs" oder „Mannwolfs", eines „Berserkers", eines Bilmis­oder Bilwisschnitters, oder als Kröte, Eule, Rabe, Hund oder Katze vermummt jemandem Schaden zuzuführen oder eine Krankheit zu verbreiten, — oder freilich um jemanden zu retten oder aus seiner Not zu befreien ! Im dritten Falle ist die Fylgja ein Instinkt- oder Gefühls-Ich, ein Wunsch-Ich, d. h. ein Druckgeist mit erotischer Einstellung, ein Alp oder eine Mahre, eine Trude oder eine „Schratl", ein Nachzehrer oder ein Vampir. Diese drei Formen der Fylgja sind frei­lich eine Spiegelung der Göttertrias und bedeuten zugleich eine Art des „germanischen Gisant­Typ" 1 Die Begräbnis-Spieler haben also auf dem achten Stein zu Kivik vor fast viertausend Jah­ren vom Standpunkte des hier skizzierten Fylg­jenglaubens ausgehend die „Ahnenseelen" ge­spielt, um die „Fylgja" der in dieser Sippen­Grabhalle begrabenen sämtlichen Ahnen, — deren körperlich gedachten Fylgjen nach ihrem primitiven Glauben immer in dem Grabe selbst oder in der Umgebung des Grabes wohnen, — in sich aufzunehmen, und so durch das Spiel und durch den Zauber-Kulttanz in „echte Ahnen­seelen" verwandelt zu werden ! Der Spieler der Seele des soeben Verstorbenen stellt sich rechts vom Weihkessel etwas von den übrigen abge­sondert hin, um dem Toten die Wahl zu er­leichtern und ihm möglich zu machen, sein „Medium" unter den vielen vermummten Ge­stalten schneller finden zu können . . . Und wenn wir diese Szenen so betrachten, so sind die zwei untersten Szenen schon von ganz selber verständlich ! Dort werden zwei Höhlen dargestellt, und vor einer jeden Höhle stehen vier Männergestalten. Dass es dieselben sind, welche schon in den vorhengenden Szenen ihre Rollen spielten, daran zu zweifeln haben

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