KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE II. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 5. (Budapest, 1944)
Erster Abschnitt: Germanische Weltanschauungs-elemente im Totentanz
vonen aber steckten in der Mitte des kreisförmigen Grabhügels eine Lanze, einen Speer, in den Steinboden. Oder vielleicht auch einen stumpfen Baumstamm, einen „truncus ligni". Nun, wie entwickelte sich der Ritus des Begräbnisses bei sämtlichen ältesten Volkschaften des Germanentums ? Man legte scheinbar den Toten, oder nur seine Urne, nachdem er schon verbrannt wurde, vor den südlich liegenden Eingang des Grabhügels. Dann begann man einen Begräbnisgesang, in welchem man das ganze Leben des Verstorbenen erzählte. Und mit den Tönen dieses Gesanges, der gesungenen Lebensbeschreibung des Toten, schritt man in Kreisform um den Grabeshügel, u. zw. man begann von links nach rechts. Selbstverständlich wurden auf dem linken Halbkreis die Jugendtaten des Verstorbenen erzählt. Als man dann ganz auf der Nordseite des Grabes am höchsten Punkte des Kreises angelangt war, besang man schon das Mannesalter des Toten. Als man dann von rechts her wieder zum Grabeseingang zurückgelangt war, erinnerte das Lied an das Greisenalter des Toten oder an die Umstände seines plötzlichen und frühen Todes. 1 Der älteste Gräberritus zeichnet uns also schon das Bild des Lebensrades auf den Kreis, den die Gefolgschaft des verstorbenen oder gefallenen germanischen Helden singend umschritt! Man spielte also am Grabe, gelegentlich des Begräbnisses, den ganzen Drehungsvorgang des Weltalls um die „Weltachse", um die „Irminsäule", ab, indem man zeigte, dass dieser Weltallvorgang sich auch im Leben dieses soeben verstorbenen Menschen wiederholt hatte. Ja, man spielte den Weltvorgang, d. h. das grosse und ewige „Werden" im Weltall in der Form der Drehung um die Weltsäule, nur deswegen nochmals ab, weil man dadurch dem Toten die Lebenskraft, die Kraft der Neugeburt, die Kraft des Fruchtbarkeitsgottes durch diese mystischmagische Zauberhandlung schenken wollte. Ein Abschreiten des Weltkreises um den runden Grabeshügel und um die in der Gestalt eines Baumes, eines Obelisken, eines Schwertes, oder eines Speers symbolisierte Weltachse, ein Gesang um dieses Urlebensrad der ältesten Völker, und — vielleicht sogar ein Kreistanz um das Grab, — das sind die wichtigsten Motive, welche uns von den verschiedensten religionsgeschichtlichen Forschern im Laufe der Erklärungen uralter Gräberriten dargeboten werden ! Man möge nur an den Gräberritus denken, welchen uns Jordanes im Zusammenhange mit der gotischen Begräbnisfeier des Königs Alarich und mit der germanisch-hunnischen Leichenfestlichkeit Attilas erzählt, 2 welchen uns 1 Vgl. Wojf von Unwerth : Untersuchungen über Totenkult- und Odinnverehrung bei Nordgermanen und Lappen mit Excursen zur altnordischen Literaturgeschichte. Breslau, Verl. M. &. H. Marcus, 1911, in den „Germanistischen Abhandlungen", begr. v. K. Weinhold, hg. v. Fr. Vogt, S. 49 und 15 ff. 2 Vgl. die eingehende Beschreibung bei Fr. v. d. Saxo Grammaticus mit Beziehung auf die Begräbnisfeierlichkeit des Schwedenkönigs Harald mitteilt, welchen uns auch der Dichter des angelsächsischen Epos von der Leichenfeier des Beowulf Vs. 3138 ff. entwirft und wie auch Ähnliches über die Totenfeier Sigfrids am Schlüsse der Sigurdarkvida geschildert wird. Dass man dann auch von dem Toten eine Vermittlung der Fruchtbarkeitskraft für die Lebenden und die Teilnehmer der Begräbnisfeier gerade durch diesen Ritus erwartete, dies bezeugt auch der Bericht über die Bestattung Halfdans des Schwarzen, des bekannten norwegischen Königs. 3 Aber auch in anderen Fällen wird berichtet, dass man das Grab umschritt oder umritt, um einen heiligen, unberührbaren Kreis um die Stätte der Ruhe zu ziehen. Dass dieser Ritus kosmische Deutung erlaubt, beweist auch der Brauch, dass man dreifache Särge benützt hatte. Attilas Leiche wurde in drei Särgen, in einem aus Eisen, einem aus Silber und endlich einem aus Gold eingeschlossen. Im Semnonenlande fand man in Seddin ein Hügelgrab. Es ist eines der grössten Gräber aus der Bronzezeit in Deutschland. Es wurde hier ein König mit zwei Frauen begraben. Die Asche des Königs war in einer Bronzurne, diese fand man aber in einem Tongefäss und beides in einer Steinkammer. Dieses dreifache Grab mit den verschiedenen Metallen oder Steinmaterien ist ein Parallelstück zu der sagenhaften Einrichtung des Turmes zu Babel, wo die Metalle und Farben verschiedene Planetenregionen und zugleich auch die verschiedenen Stufen des „überirdischen Seelenweges" andeuten wollten, den der Mensch im irdischen Leben und die Seele nach dem Tode abzuschreiten hat. Die Steinkammer aus ungeschliffenen Steinen bedeutet hier das Ungeschaffene, das Himmelsgewölbe bzw. die Gottheit selbst. Das Tongefäss, das Werk einer menschlichen Hand, das Geschaffene, soll die Schöpfung, die Erde bedeuten. Das Bronzegefäss, ursprünglich eine Urne aus Holz, welche sehr häufig mit Gesichtszügen versehen wird und die „Ahnfrau" darstellen will, welche eine Kegelform hat und aus welcher, — d. h. aus dem Holze des Weltenbaumes ! — der Tote zu einem neuen Leben erwachen soll, bedeutet den „Menschenursprung", die Sippenzugehörigkeit und deutet an, dass nun der Tote zu seinem „Uranfang" zurückgekehrt sei ! Aber durch diese Rückkehr zum Urquell des Lebens soll ihm neue Lebenskraft aus der „Ahnfrau" entstehen, 4 daher bekam die Urne die Gestalt der „Menschenmutter", der „Sippenmutter", d. h. der kegelförmigen „Ahnfrau". . . Ich kehre nun wieder zu den Bildern im Grabe zu Kivik zurück ! In dem Werke GünI.eyen, Die Götter der Germanen. München 1938, S. 129— 130 und bei Rudolf Koegel, Geschichte der deutschen Litteratur bis zum Ausgange des Mittelalters. I. Band, 1. Teil. Strassburg 1894, unter „Totenlieder" S. 47—53 ; vgl. Güntert, a. a. 0. S. 16—17. 3 Güntert, a. a. 0. S. 16—17. 4 Vgl. die interessanten Bilder bei Güntert, a. a. 0. S. 21 iL und Tafel 17-20.