KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE II. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 5. (Budapest, 1944)

Erster Abschnitt: Germanische Weltanschauungs-elemente im Totentanz

- 38 ­im arabischen Calila und Dimna über den Mann, der, sich vor einem Elephanten flüch­tend, in einen Brunnen fällt. Dieses Märchen ist uns aus der Barlaam und Josaphat-Legende bekannt, 1 und wie dort Mäuse und Schlangen den Tag, die Nacht und die vier Elemente per­sonifizierend an den Wurzeln des „Lebensbau­mes" nagen, so nagen auch an der Wurzel der Weltesche Yggdrasil im Nebelheim um den Brunnen Hvergelmir die Schlange Nidhöggr und andere Untiere und Ungeheuer. Die Esche Yggdrasil, die Eiche Donars, welche Bonifatius vernichtet, und die Birke des gemein-indogermanischen Gottes Tiu (div-us), — alle diese lebendigen Bäume, dem „einen und einzigen" Weltgott geweiht, bedeuten also die „Achse des Weltalls", auf welcher sich der ganze Sternenhimmel dreht. Und die Esche, die Eiche oder die Birke, — aber auch die Tanne mit ihrer Kegelform ! — waren in den Augen der Germanen mit dem auf diesem ersten Stein zu Kivik dargestellten Attribut des Frucht­barkeitsgottes identisch. Dasselbe bedeuten auch die Menhire und die ägyptischen Obelisken. Nun aber machen wir noch einen Schritt und vergleichen wir diese „lebendige Weltachse" mit dem Idol der Sachsen, das „Irminsül" ge­heissen wurde, d. h. „Säule des Irmingottes". Diesen „Irmingott" ruft ja auch Hildebrand in dem Hildebrandsliede zum Zeugen an. „Irmin" ist der „Erhabene", d. h. „der Hohe", — wie­der handelt es sich also um ein und denselben „hohen Gott", dessen weltbefruchtende, welter­haltende Weisheitskraft in der Weltesche Ygg­drasil und im „konischen Kegel" symbolisch dargestellt wurde ! Nach den fränkischen Anna­len hat Karl der Grosse im Jahre 772 bei Be­siegung der Sachsen einen Hauptsitz ihres heid­nischen Aberglaubens unweit Heresburg 2 in Westfalen zerstört. Dieser sächsische Hauptsitz des Gottes „Irmin" hiess : Irminsül. Grimm zi­tiert in dem I. Band seiner Mythologie eine längere Reihe der Annalen, 8 in denen über die Irminsäule berichtet wird. Am interessantesten ist, dass die Stätte, wo die Irminsäule stehen sollte, von den Chronisten bald „fanum", d. h. Hain, bald „lucus", d. h. ein „den Göttern ge­weihter Wald", und schliesslich auch „idolum" genannt wird. Der Benediktinermönch Rudolf von Fulda (gest. 865), der Schüler des Hraba­nus Maurus, schreibt in seinen Annalen eben­falls über dieses Idol der Sachsen : „Frondosis arboribus fontibusque venerationem exhibebant", 1 Vgl. GTT, Bd. 1. S. 267. 2 D. h. Aeresburg, aus Aer : so hiess die Rune "t, nämlich ags. eor, altengl. tir und ear ; ags. heru-Schwert ; vgl. Ares-aes-Eisen ; diese Rune heisst auch zio ; vgl. „Zetergeschrei", d. h. „Ziutyrgeschrei" aus „Zioter" ; das Planetenzeichen für Mars erinnert heute noch an diese Rune des Gottes Ziu oder Tyr : q : Heresburg ist also Aresburg ; Burg des Gottes Tyr, in deren Nähe sich die „Säule des Erhabenen", d. h. die Irminsül befand ! ; vgl. bayerisch heisst der Dienstag, also der Ziustac, heute noch Ertac, Erchtac und Irtac — also „Irmintac" ! 3 Vgl. Grimm. Mythol. Bd. I. S. 96-98. — nämlich die Sachsen, — und es heisst dann weiter : „truncum quoque ligni non parvae mag­nitudinis in altum erectum sub divo colebant, patria eum lingua Irminsül appellantes quod latine dicitur universalis columna, quasi susti­nens omnia"... Die Sachsen verehren also mit einem kultischen Ritus die Bäume, und beson­ders eine hohe hölzerne Säule, ein „truncus", wurde von ihnen unter freiem Himmel errichtet, und der Name bedeutet nach Rudolf von Fulda eine „allgemeine Säule", welche „alles trägt". Was ist diese „alles tragende, allgemeine Säule", die „Säule des hohen Gottes"? Kein Zweifel, dass hier der Chronist auch an die indogerma­nisch bekannten „Weltsäulen" des Herkules dachte, die sich nach indogermanischen Sagen in Asien befinden und „den Himmel", sowie „das All tragen und stützen". Unter „Irmin­säule" oder „Hermensäule" ist also ein „trun­cus ligni", ein heilig gehaltener Baumstamm, zu verstehen 4 und nicht eine von Menschen­hand gezimmerte Säule, — sie steht also noch immer zu einem lebendigen Baume näher, als zu einem Obelisk oder zu einer Steinsäule ! Aber sie ist das Attribut und das heilige Sym­bol desselben „Hohen Gottes", den auch der „konische Kegel" andeuten sollte, und sie ver­bindet den „Vater Himmel" mit der „Mutter Erde", ist also schliesslich ebenfalls ein „phal­lisches Zeichen". Wenn wir an die Rune „tyr" denken, welche ja eigentlich in ihrer Gestalt eine gen Himmel emporgereckte Lanze ist, so erscheint uns die Möglichkeit, dass auch die­ses Runenzeichen des „Hohen Gottes" Teiwaz eine im kleinen dargestellte „Irminsül" sein dürfte, nunmehr als eine leicht verständliche Tatsache ! Wenn wir nun also die Göttersymbole auf dem ersten Stein zu Kivik nochmals aufmerk­sam betrachten, so erscheint uns das Verfahren des Steinmetzen, der dieses Bild am Eingang eines Grabes angebracht hatte, als eine einfa­che magische Handlung : Er stellte die drei Göttersymbole dar, wie man sie in der Meeres­bucht von Kivik auf einem Schiffe zur Malstätte brachte und handelte nach den Intentionen sei­nes primitiven Glaubens. Er glaubte nämlich, dass die latenten Geisteskräfte der Götterdrei­heit, besonders die Fruchtbarkeit und die Macht der Wiedergeburt, gerade durch die „mystische Kraft des Bildes" auch jenem Toten zum Nut­zen gemacht werden kann, der in dem Grabe begraben wurde. Denn die durch drei Symbole angedeute­ten Götter sind die „mit Lebenskraft Begabten", d. h. „Asen" oder nach älterer Form, die „An­sen", — denn so ist dieses Wort zu verstehen. 5 Der Stamm an-s- gehört zum altindischen asura-, awest. ahura-, zum lateinischen animus, anima, zum gotischen us-anan, d. h. „ausatmen". Nach Güntert sind also die Asen eigentlich die Ah­nenseelen. Aber ich möchte nochmals darauf 4 Ein solcher ist auch auf den Felszeichnungen in Lökeberget zu sehen; v. d. Leyen, a. a. 0. Tai. V. 11. 5 Vgl. Güntert, a. a. 0. S. 50 ff. 57 ff.

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