KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE II. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 5. (Budapest, 1944)

Erster Abschnitt: Germanische Weltanschauungs-elemente im Totentanz

heute dem primitiven Volk eine organisierte Weltanschauung, welche es in die Kulturge­meinschaft der gebildeten Völker erheben soll, aber er sammelt heute auch alles Alte, was er im Alltagsleben des primiten Volkes findet, und trägt es in Museen zusammen. Dafür können Christus, seine Kirche und seine Anhänger wirk­lich nichts, dass die Menschheit vor zwei Jahr­tausenden, oder sogar noch vor einem Jahrtau­send, nicht auf dieser Höhe des Kultursinns stand. Dies sollte ja die Menschheit eben auch von der Christenheit erlernen 1 Ein Thomas von Aquino hätte sicherlich auch einen nordischen oder westeuropäischen Aristoteles in seiner Sum­ma verwertet oder bearbeitet, wenn einer über­haupt dagewesen wäre. Wir Ungarn, die wir den Aristoteles noch in der Schule im Original lesen lernen, wissen es, dass Aristoteles weder „kirchlich", noch „römisch", weder griechisch, noch antik ist ; — denn seine Lehren sind all­gemein menschlich, sie entsprechen den Regeln der „ewig menschlichen" Vernunft und Logik, und sind überhaupt das Höchste, was der menschliche Verstand je zustande bringen konn­te ! Wäre kein Aristoteles dagewesen, so hätte Thomas von Aquino seine Ideen erfinden, sei­ne philosophischen Grundsätze neu entdecken müssen ! In manchen Werken, welche über das kulturelle Verhältnis des Urgermanentums zum Römertum, zum Romanentum und zum Chri­stentum handeln, wird mit Bestürzung auf den Umstand hingewiesen, dass im Palais des gei­stigen Oberhauptes der Christenheit, im Vatikan, die Statuen von heidnisch-römischen Göttern aufbewahrt werden, Bildwerke griechischer und römischer Künstler, welche die Götter Jupiter oder Apollo oder die Göttin Venus darstellen, währenddessen die Kirche, in den ersten Jahr­hunderten der Berührung mit dem Germanen­tum, alles verfolgt hatte, was für die germani­sche Eigenart charakteristisch und wertvoll war. Auf diesen Vorwurf möchte ich bei dieser Ge­legenheit nur soviel antworten, dass vom Ober­haupt der Christenheit zu jener Zeit, als die Volkschaften der Völkerwanderung in die Ge­meinschaft der europäischen Völker aufgenom­men werden sollten, die griechisch-römischen Götterbilder ebenso verfolgt wurden, wie die ger­manischen. Man möge es auch nicht vergessen, dass in den ersten Jahrhunderten der christli­chen Zeitrechnung Tausende und aber Tausende der íChristen, darunter auch Päpste, lieber den Martertod erlitten haben, als dass sie jenen griechisch-römischen Götterstatuen ein kultisches Opfer dargebracht hätten. Weiter würde man sicherlich eine geschichtliche Fälschung bege­hen, wenn^man die vatikanischen Museen, die Schöpfung der Renaissancepäpste, als eine Sammlung kultischer Gegenstände betrachten wollte, und ihretwegen jenen Päpsten Vorwürfe machen würde, die von einem vatikanischen Museum noch keine Ahnung hatten. Man ist in'kirchlichen Kreisen dessen wohl bewusst, in­wiefern die Renaissancepäpste nicht J (dem Bei­spiele Petri entsprechen konnten, man weiss auch in denselben Kreisen, warum die Refor­mation kommen musste, und ist seitdem ehrlich bestrebt, dem Übel abzuhelfen, das dieses Un­glück der europäischen Kulturgeschichte her­vorrief. Soviel weiss aber ein jeder Gymnasiast, der einmal in Rom war, oder die Kunstgeschichte in der Schulbank studiert hatte, dass die Göt­terstatuen im Vatikan kein Gegenstand des re­ligiösen Kultes sind. Man sammelte sie zu ei­ner Zeit, als man von einer „heidnischen" Re­ligion gar nicht mehr sprach, — und man sam­melte sie nur deswegen, weil sie überhaupt das Höchste sind, was menschliche Hand im Rei­che des künstlerisch Schönen jemals geschaf­fen hatte. Vergleichen wir nur diese ominösen Götterbilder mit jenen primitiven Darstellungen der Völkerwanderung, die uns glücklicherweise noch bekannt sind, etwa den Apollo vom Bel­vedere mit der kleinen Frey-Statue aus Rällinge, oder die Miloer Venus mit der „Ahnfrau" oder „Venus" von Willendorf, — beide Statuetten abgebildet in dem Werke „Altgermanischer Glaube" von H. Güntert ' — so werden wir es gleich an der Hand dieses einfachen Vergleichs wahrnemen können, warum diese im Vatikan zu Rom nicht aufbewahrt und gesammelt wur­den. Heute würde man sie freilich ebenfalls für höchst wertvoll halten, — aber welch ein wei­ter Weg führt von den Renaissancepäpsten und Humanisten bis hinauf zum modernen Folklori­sten 1 Nachdem ich mir erlaubt hatte, auf einige irrtümliche Behauptungen der Gegenwart auf dem Gebiete der Religions- und Kulturgeschichte hinzuweisen, möchte ich noch einen Blick auf die vorkarlische Zeit werfen, um das Gesagte auch geschichtlich darzustellen. Der Cheruskerfürst Arminius, hatte nicht nur ge­gen seine beiden Onkel, den Römerireund Segestes und den Römeriresser Ingiomar zu kämpfen, welche sozusa­gen im Vereine seinen Untergang bereiteten, sondern war auch trotz seiner „römischen Bildung und Erziehung" über­zeugt, dass er die germanischen Stämme, von der auf Alleinherrschaft eingestellten römischen Kultur losreissend, ohne Rom vereinigen könne, konnte aber den König der Markomannen nicht für sein Ideal gewinnen und musste kläglich untergehen. Und als Odovaker, der, ohne einen neuen römischen Kaiser zu ernennen, als Führer der ger­manischen Söldner in Italien den Königstitel annahm und dem weströmischen Reich somit ein Ende bereitete, ent­stand jenes eigenartige Weltziel der Germanen, welches sich in diesem Satze zusammenfassen Hesse: Vereinigung der Germanen und europäische Hegemonie, nicht mehr gegen Rom, wie es Arminius versucht hat, sondern mit und in Rom. Und die beiden Rivalen, der grosse Ostgote, Theodorich der Grosse, sowie sein heimlicher Gegner, der Franke, Chlodowech, verfolgen dieselben Ziele : Platz am Mittelmeer und Weltherrschaft durch Rom, Vereinigung aller Germanen unter römischer Oberherrschaft. Zwar ge­lang es dem Ostgoten Theodorich, seinen Völkern auf eine Zeit Ruhe, Kultur und Wohlstand zu sichern, er trachtete zwar, den Gegensatz zwischen seinen Bestrebun­gen und den politischen Zielen der Mächte von Byzanz und Chlodowech durch Anknüpfung verwandtschaftlicher Verhältnisse, also durch die Macht des Blutes, auszu­gleichen, so hielt er am Gedanken der Alleinherrschaft 1 Heidelberg 1937, Tafel 9, Abb. 19 und Tafel 20, Abb. 45.

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