KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)

ZWEITER TEIL. Entstehungsgeschichte der Grundmotive des Totentanzes

- 81 ­eine Beschreibung des dreifachen Gisant-Typs : Der Körper des Menschen verfault kurz nach seinem Tod ; (15.) „Wie Wasser bin ich hingegossen, und aufgelöst sind alle meine Gebeine. Mein Herz ist wie zu Wachs verflossen in meinem Inneren" (Von den Kirchenvätern wird diese Stelle symbolisch ausge­legt : Meine Kräfte lösen sich auf, wie eine Wasser­masse ....). Aus dem halb verwesten Körper wird ein Skelett, er zergeht in Staub : (16.) „Vertrocknet wie eine Scherbe ist meine Kraft, und meine Zunge klebt an meinem Gaumen ; und in den Staub des To­des liessest du mich hinabsinken". Auch auf den ster­benden Everyman ist dies zu beziehen, dessen Erben schon vor seinem Tod alles unter sich teilen : (19.) „Sie haben meine Kleider unter sich geteilt und das Los über mein Gewand geworfen" (Die Kleider Christi wurden am Fusse des Kreuzes unter den römischen Soldaten verteilt). Der Sterbende bittet Gott, um vom Schwert des Todes errettet zu werden, den er sich einmal als einen Hund, ein andermal wieder als einen Löwen vorstellt: (21.) „Errette meine Seele von dem Schwerte, o Gott! und aus der Gewalt des Hun­des meine Einzige (d. h. Seele). (22.) Rette mich aus dem Rachen des Löwen ; mich Erniedrigten von den Hörnern der Einhorne". (Vgl. die Vorstellung des Todes als eines Einhorns in orientalischen Legenden.) Einer der meist wiederkehrenden Monologe des Sterbenden stellt dem bitteren Tod des unvor­bereiteten Sünders die glückliche Todesstunde des Guten gegenüber : Ecclesiasticus, Buch Jesus Sirach : 41, i_7. (1.) „0 Tod! Wie bitter ist die Erinnerung an dich für einen Menschen, der seinen Frieden in seinem Reichtume findet; (2.) für einen sorgenfreien Mann, dem es wohl geht in allen Dingen, und der noch im Stande ist, Speise zu sich zu nehmen ! (3.) 0 Tod ! gut ist dein Urteilsspruch für den Armen und für den, dessen Kräfte abnehmen ; (4.) für den Altersschwachen, und für den, der überall in Sorgen verwickelt ist, für den Verzagten, der die Geduld verliert ! (5.) Fürchte nicht den Urteilsspruch des To­des 1 Denke an das, was vor dir gewesen, und was nach dir kommen wird ; dies ist der Urteilsspruch vom Herrn über alles Lebende. (6.) Und was kann anders über dich kommen, als was dem Allerhöchsten wohlgefällig ist ? seien es zehn, oder hundert, oder tausend Jahre. (7.) Im Totenreich rechtet man ja nicht über die Lebensdauer." So wird fast unbemerkt das Hauptproblem dieser Sterbeszenen die Frage, ob der Sterbende ei­nes seligen Todes stirbt, oder in die Verdammnis begraben werden soll. Matth. 16, 26 : „Denn was nüt­zet es dem Menschen, wenn er die ganze Welt ge­wänne, aber an seiner Seele Schaden litte ? Oder was wird ein Mensch geben als Entgelt für seine Seele ?" Das Hauptgewicht der Darstellung fällt daher immer mehr auf das Los des Sünders in der „Un­terwelt". Anlässlich des plötzlichen Todes des letz­ten Tyrannen-Herrschers von Babylon beschreibt Isaias 14, 9-20 dessen stolzes und sündhaftes Leben, seinen plötzlichen Tod durch Meuchelmord, seinen unbegraben gelassenen, halb verwesten Leichnam, seinen Einzug in die Unterwelt, wo er von seinen ehe­maligen Untertanen, die er ermorden liess, verspottet wird und wo seine Peinigung im Feuerpfuhl der Hölle beginnt. Dieser Herrscher, Balthasar, verlor in dersel­ben Nacht sein Reich und Leben, als er ein über­aus glänzendes Gastmahl gab, und blieb unter den Ermordeten unbegraben liegen : (9.) „Die Unterwelt in der Tiefe ist in Aufruhr geraten deiner Ankunft entgegen und weckt vor dir die Riesen auf. Alle Fürsten der Erde erheben sich von ihren Thronerl, alle Fürsten der Völker. (10.) Insgesamt heben sie an und rufen dir zu : Auch dich hat es getroffen wie uns, du bist uns gleich geworden! (11.) Hinabgeschleu­dert in die Unterwelt ist dein Stolz, dein Leib ist zusammengebrochen ; unter dir hat die Motte ihr Bett, und deine Decke sind Würmer. (12.) Wie bist du vom Himmel niedergestürzt, du Glanzgestirn, das früh aufging ! Wie bist du zur Erde gestürzt, der du die Völker verwundetest ! (13.) Du sprachest doch in deinem Herzen : Zum Himmel will ich empor­steigen, über die Sterne Gottes meinen Thron erhö­hen, auf dem Berge des Zeugnisses mich niederlas­sen nach der Seite der Mitternacht zu. (14.) Ich will emporsteigen über der Wolken Höhen, gleich sein dem Allerhöchsten 1 (15.) Aber in die Unterwelt wirst du hinabgestürzt, in die Tiefe des Pfuhles. (16.) Die dich sehen, neigen sich dir zu und schauen auf dich : Ist das der Mann, der die Erde in Aufruhr brachte, der Königreiche erschütterte, (17.) der den Erdkreis zur Wüste machte, dessen Städte verheerte und seinen Gefangenen den Kerker nicht öffnete ? (18.) Alle Könige der Völker schlafen allzumal in Ehren, ein jeder in seiner Gruft; (19.) du aber bist hinausgeworfen aus deinem Grabe, wie ein unnüt­zer Klotz, besudelt und bedeckt von denen, die durch das Schwert gefallen, und solchen, die in die Tiefe des Abgrundes gefahren sind, wie ein faulendes Aas. (20.) Nicht sollst du Teil haben, noch mit ihnen im Grabe ruhen, denn du hast dein Land zerrüttet, hast dein Volk erschlagen ; nimmermehr wird man der Nachkommen der Bösewichter gedenken." Die Guten und Bösen müssen gleichsam ster­ben, beider Körper müssen gleichsam verfaulen ; der Unterschied ist nur, dass der Reiche und Böse hier in der Welt glücklich gelebt hat und ihm erst in der Unterwelt seine Missetaten vergolten werden, während der Gute und Arme hier in der Welt lei­den musste und wird erst in der Überwelt glück­lich sein. Job 21, 23 —32: „Dieser (der böse Reiche) stirbt stark und gesund, reich und glücklich ; seine Ein­geweide sind voll des Fettes, und seine Gebeine sind getränkt mit Mark. Ein andrer aber stirbt in der Bitter­keit der Seele, von allem Reichtum entblösst, und doch werden sie gleicherweise im Staube ruhen, und die Würmer werden beide bedecken .. (Vs. 30—32). .. der Böse (wird) auf den Tag des Verderbens auf­behalten und dem Tage des Grimmes entgegenge­führt. Wer wird ihm seinen Wandel in's Angesicht rügen ? Wer wird ihm vergelten, was er getan ? Er wird zu Grabe geführt und wacht unter der Schar der Toten. (33.) Süss war er den Kieseln des Kozy­tus, und er zieht alle Menschen nach sich und Un­zählbare sind, die vor ihm waren." Hauptsächlich diese Stelle ist der Beweis jener Entwicklungsform der mittelalterlichen Todesgestalt, die in der äusser­lichen Art eines Lemuren-Larven-Toten von der Un­terwelt zurückkehrend die Menschen nach sich zieht. Unendlich ist die Zahl jener, die ihm folgen ! Hier ist schon der erste Ansatz zur Idee des Todes­bzw. „Toten"-Tanzes zu suchen ! Ganz dem von Isaias beschriebenen Einzug des reichen Tyrannen in die Unterwelt entspricht der Grundgedanke eines zweiten Werkes von Lukianos : Die Überfahrt oder der Tyrann. 1 In diesem Werke wird nicht nur die Sterbe­1 Lucians von Samosata Sämtliche Werke über­setzt und erläutert von Wieland. Leipzig, 1788. II. Teil. S. 301—330. Guilielmus Dindorf : Luciani Samosatensis opera. Paris. 1840. S. 170—181. xaxánXovs. Die Niederfahrt.

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