KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)
ZWEITER TEIL. Entstehungsgeschichte der Grundmotive des Totentanzes
hung eines ähnlichen „Lebenskreises" aus dem (dreifachen) Gisant-Typ zu verzeichnen, wie das aus der Darstellung der römischen TerrakottaLampe ersichtlich ist. 1 Aus der Gisant-Typ-Gegenüberstellung des Anfangs- und Endstadiums des Menschenlebens in diesem Gisant-Typ-Lebenskreislauf haben wir die Gestalt Everymans abgeleitet. Dass aber die einzelnen Lebens- und Sterbestadien später nicht mehr so bloss aneinander gereiht wurden, wie auf der römischen Lampe, sondern mit je einer Speiche eines Rades in Verbindung geraten sind, ist auf den unzweifelhaften Einfluss des Glücksrades zurückzuführen. Wie wurde aus dem Kreislauf der Stände ein Kreislauf der Lebensalter, welche ebenfalls eine Reihe bilden, wie es etwa im dem folgenden Spruch zu bemerken ist ? : „X jor ein kint/ XX jor ein jungeling/ XXX jor frisch man/ XL jor wolgeton/ L jor im abgon/ LX jor ein altman/ LXX jor schafs diner seien vor/ LXXX jor der kinden tor/ XC jor der weit ein spot/ C nun gnod sin got". 2 Hier sind zwar zehn Alter, aber die ursprüngliche Zahl ist sieben. Die „sieben Alter" des Menschen, so wie die „sieben Alter der Welt" sind antike Vorstellungen, die durch die Werke der Dichter auch im Mittelalter sehr verbreitet wurden und auf welche die mystisch-magische heilige Siebenzahl des Orients grossen Einfluss hatte 3. Die Weltliteratur kann seit ältesten Zeiten eine Menge von Theorien aufweisen, in welchen die Alter der Weltgeschichte mit den Altern des Menschenlebens und die Menschenalter mit den Altern der Zeit verglichen werden. (Ovid: Metamorph. Quatuor humani generis aetates. Das Goldene Zeitalter, die Silber-, Kupfer- und Eisenzeit.) Auf der Suche nach dem Zwischenglied der Entstehungsgeschichte des Lebensrades aus dem Glücksrad sind uns zwei gemeinschaftliche Motive dieser Darstellungen behilflich. Das erste Motiv ist die Zeit. Bis aus dem Kinde ein Greis oder ein Totenleichnam wird, bis aus dem ums Glück kämpfenden, aufsteigenden Menschen der besitzende Glücksmensch wird und bis dieser wieder in sein Unglück sinkt, das braucht eine in verschiedenen Abschnitten epochal ablaufende Zeit. Das zweite Motiv ist der immer wiederkehrende Auf- und Abstieg. Die auf- und absteigende Linie der Zeitalter eines Jahres kehrt in sich zurück Frühling wird zu Sommer und der Herbst ist Übergang zum Winter. Aber auch der Winter 1 S. Taf. II. Fig. 1. 2 Basel, Univ. Bibi. A X, 134 vgl. das lat. Original in der Augsburger Hschr. Cod. chart, lat. CXXX1II. ca. 1479 auf fol. 58b vgl. vorher fol. 44b : De etate hominum. 3 Ein Blatt eines Werkes über die sieben Alter der Welt war auch im Münchener Rosenthal-Antiquariat i. J. 1925 ausgestellt mit der Auferstehungsszene von Schedels Weltchronik : Septima etas mundi. Imago mortis. CCLX1I1I. aus dem Jahre 1493.; S.Weber-Holländer; S. 73. mit deutschem und auch lateinischem Text. vgl. Die menschlichen Altersstufen in Wort und Bild : Zschr. f. Volkskunde 15, 339— 412 ; 17, 27 2, S. 16.; Goedeke, Pamphilus Gengenbach 1856. S. 559 ff.; W. Wackernagel, Die Lebensalter 1862. ZacherMatthias. Zschr. f. d. Phil. 23 [1891], 385 ff.; loh. Bolte, Wickrams Werke V. Tübingen 1903. S. XV. ff. ist wieder die Wiege des neuen Frühlings. Die Betrachtung dieses Zeitkreislaufes führte die orientalische, sowie die antike Philosophie und Mythologie zur Theorie der „Seelenwanderung". Auch auf dem Glücksrad ist der wiederholte Aufstieg möglich : Wer heute sein Glück verloren hat, kann es morgen wieder erreichen, während jener, der es heute besitzt, es morgen verlieren kann. Das Zwischenglied zwischen Glücksrad und Lebensrad ist also das sog. „Zeitrad". Die mittelalterlichen Kalender beweisen, wie häufig die Darstellung der Monate und der Zeitalter, sowie ihrer Sterngebilde in der Form eines Kreislaufes wiederkehrt. Die Vermengung des Glücksrades mit dem Zeitrad ist das „Lebensrad". Denn im Menschenleben entspricht dem Frühling die Jugend, dem Sommer das Mannesalter, dem Herbst das Greisenalter und dem Winter das Totsein. Diese Entstehung des Lebensrades aus dem Glücksrad durch die Vermittlung des Zeitrades ist auffallend im 438. Kap. des Malerbuches der Athos-Mönche erkennbar. 4 Das Lebensrad des Malerbuches, die „vergängliche Zeit dieses Lebens" darstellend, besteht aus drei ineinander gezeichneten Kreisen, in deren Innerem die gekrönte (männliche) Gestalt der „vergänglichen und verführerischen Welt" auf einem königlichen Stuhl thront. Zwischen dem ersten und zweiten Kreise sollen nach der Anweisung des Buches die vier symbolischen Gestalten der Jahreszeiten gezeichnet werden. Ausserhalb des zweiten Kreises folgt ein dritter. Zwischen dem zweiten und dritten Kreis befinden sich die Darstellungen der zwölf Monate mit ihren zwölf Zeichen, ihre Reihe entspricht den Jahreszeiten des ersten Kreises. Bisher das Zeitrad. Ausserhalb des dritten Rades werden aber auch die Lebensalter dargestellt. Von rechts aufsteigend: 1) Kind von 7 Jahren. 2) Kind von 14 Jahren. 3) Jüngling von 21 Jahren, mit Schnurrbart. 4) am höchsten Punkt des Rades : Jüngling von 28 Jahren. 5) Um eine Stufe tiefer unter ihm auf der rechten Seite : Mann von 48 Jahren, mit spitzem Bart und auf dem Rükken liegend. 6) Üm noch eine Stufe tiefer : Alternder Mann von 56 Jahren, mit grauem Haar und auf dem Bauche liegend. 7) Greis von 75 Jahren : Kahlköpfig, mit hängenden Händen hinunterfallend. Ünter dem Rade liegt der Leichnam, dem die Lebensalter ähnlich werden müssen. Daraus ist schon auf die Vereinigung des Lebensrades mit dem Gisant-Typ-Rad (römische Terrakotta-Lampe) zu schliessen. Daneben steht die Everyman-Todesgestalt und bedroht den Greis mit ihrer Sense. Beachtenswert ist auch der Text. Der Knabe sagt : „Zeit, drehe dich rasch". Ein Hinweis auf das Zeitrad und auf sein Drehen. Der junge Mann ist am höchsten Punkt angelangt und sitzt auf einem Throne, während seine Füsse auf einem Kissen ruhen. Er hält in der Rechten sein Zepter und in der Linken einen Sack voll 4 Übers. Schäfers : S. 382—384.