KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)

DRITTER TEIL. Entwicklung der Todes-Tanz- und Toten-Tanz-Motive in der lehrhaften Dichtung des Mittel-alters und in den Urtypen der Todes- und Toten-Legenden - ZWEITER ABSCHNITT. Grundformen der Todes- und Toten-Legenden

des Abgeurteilten. 1 Dieser Gedanke kommt nicht nur auf den Illustrationen der Altercatio animae et corporis zum Vorschein, auf denen die Seele des Sünders in einem nackten Körper erscheint, den die blutigen Sündenwunden über und über bedecken, sondern auch der Text des Streites zwischen Seele und Körper hat dieses uralte Motiv unverändert wiederholt (vgl. die 9. Str. des weiter unten angeführten Textes). Die Monologe der sündhaften Seele kön­nen also mit Recht als Parallelerscheinungen, ja sogar als Vorstufen der Altercatio animae et corporis betrachtet werden. Letztere lässt aber die Seele nicht während des Verweilens im Körper sprechen, sondern im Augenblicke des Todes, wo die Seele vom Körper durch Dämo­nen getrennt und in die Hölle geschleppt wird. Der visionäre Mann sieht in dieser Form sei­nen künftigen Tod und das Los seiner eigenen Seele, — wenn er sich nach dem ekstatischen Zustand aus dem Visionstraum erwachend nicht bekehren und nicht „in einen Mönchsorden tre­ten" sollte. Der Dialog des Körpers und der Seele hat aber nicht nur diese theoretische Grundlage, sondern er quillt auch zugleich aus dem Sagen­haften, bzw. Legendarischen, welches als eine Folge des Totenzaubers im orientalischen und abendländischen Altertum und Mittelalter ange­sehen werden könnte. Die Seele eines Toten vermittels einer Zauberhandlung zu beschwören, um von ihr Auskünfte über ihr Schicksal und über das Leben im Jenseits zu empfangen, ist keine Erfindung der modernen Spiritisten, son­dern hatte zu jeder Zeit eine im tiefsten Mensch­lichen verborgene Anziehungskraft. Diese Ziel­setzung des Totenzaubers sucht eigentlich die Lösung eines Problems, das mythologisch mo­tiviert wurde. Es wurde schon einigemal daran erinnert, dass in den orientalischen, wie abend­ländischen Mythologien des heidnischen Alter­tums die Seele des Abgeschiedenen vor my­stische Aufgaben gestellt wurde, durch deren Lö­sung sie vor den in der Unterwelt herrschenden Dämonen eine Probe ihrer Rechtschaffenheit bestehen musste. Wie schon erwähnt, war die Seele nach ägyptischer und altpersischer Vorstellung gezwungen, sich aus der Macht der Torhüter-Dämonen des überirdischen Seelenwe­ges mit der Hilfe von Zauberspruch-Monologen zu befreien. Der Totenzauber will also die Fra­ge beantworten, ob es der Seele gelang, auf der überirdischen Seelenleiter durch sämtliche Tore der Vollkommenheitsgrade bis zum Besitz der höchsten Seligkeit zu gelangen ? Im Kampfe gegen die bösen Geister, welche die Seele zu verschlingen trachten, eilen die dem Menschen freundlich gesinnten Dämonen der Seele zu Hilfe, welche den Geist des Verstorbenen gegen die Rachegeister verteidigen. Der Kampf der guten und bösen Engel um den Besitz der Seele im 1 vgl M. Charma : Essai sur la philosophie orien­tate, S. 505. Moment des Todes hat also in diesem ältesten Jenseitsglauben der gesamten Menschheit seine uralten Grundlagen. Aus diesem Grunde Hessen die orientalischen Magier einen auf den Boden gelegten Schädel sprechen 2. Es ist einerlei, wie sie das „Wunder" zuwege brachten, dass es ein aus Wachs geformter Schädel war, der in­folge der durch ein angelegtes Feuer erzeugten Wärme selbstverständlich leicht „verschwand", da er ja zerschmolz, ihr Hauptproblem war doch dasselbe, welches auch den hl. Makarius leitete, der nach der Legenda Aurea — wie schon er­wähnt — das Haupt eines Heiden über das Schicksal seiner Seele befragte. 3 Dieser heid­nische Totenzauber, welcher bis ins späte Mit­telalter durch eine geheimgehaltene Tradition fortbestand, fand schon in das System der gno­stischen Sekten des christlichen Altertums frühen Eingang, indem er den ersten Rahmen für die Urtypen der „Seelenmonologe" bot. Wenn in den Johannes-Akten die Seelen auf ihrer Him­melswanderung „Hymnen" anstimmen, wenn nach mandäischer Vorstellung die Geister der Verstorbenen an den sieben, bzw. acht „Ma­tarta's" vorüberziehend sich über ihr Schicksal, über ihren Sieg und über ihre Unterlage in Mo­nologen äussern 4, wenn nach Celsus und Ori­genes die Seele ausser den Zaubermonologen auch einzelne „Sinnbilder" den Torhüter-Dämo­nen amulettartig entgegenbringt und u. a. auch ihren eigenen Leichnam, das Sinnbild der Macht des Todes-Dämons, als ein Zaubermittel gegen die Macht eines Torwächter-Dämons verwendet, so kann darin — wie schon betont wurde — der erste Ansatz zu den mittelalterlichen Gedich­ten erblickt werden, in denen die Seele einem dialogisierten Jammerruf Ausdruck gebend alle Sündenlast auf den Körper wälzt und sich auf diese Weise vor den Dämonen zu entschuldi­gen weiss. Dass dem klassischen Altertum kei­ner der hier angeführten Charakterzüge des poe­tisch und künstlerisch dargestellten Seelenaus­ganges völlig fremd war, beweisen die etruski­schen Grabkammern und Grabsteine, auf denen sich die Geschichte dieser Motive bis in das II—III. vorchristliche Jahrhundert verfolgen lässt 6. Die griechisch-römische Mythologie spricht von einem Kampf der Erinnyen und Harpyien um den Besitz der Seele und dieser Kampf beginnt schon während des Lebens. Im Streite der guten und bösen Genien, der sich nachts an der Toten­bahre oder in der Grabkammer abspielt, wird nicht einmal der Körper geschont. In den Me­2 vgl. Hippolyt. Philosophumena IV, 41 ; Bibl. d. Kirchenv. Bd. 40, S. 74—75 ; übers. K. Preysing. 3 vgl. Übersetzung der Legenda Aurea von R. Benz, Bd. I. Sp. 154. vgl oben S. 66, 193, 198. 4 einen derartigen Monolog besitzen wir Genza links 88, 23 ff., wo eine sündhafte Seele spricht, welche noch in dieser „Welt der Sieben" gefangen bleibt und Genza links 89, 1 ff., wo den Monolog eine Seele spricht, welche schon in das Reich des Sonnengottes eintrat ; vgl. Anz, zur Frage nach dem Ursprung d. Gnostizismus. Leipz. 1897, S. 71. 6 vgl. die Szenen auf etruskischen Sarkophagen Taf. 1. Fig. 2-3.

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