Mikó Árpád szerk.: Pannonia Regia, Művészet a Dunántúlon 1000-1541 (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2006/4)

DEUTSCHER AUSZUG - Mikó, Árpád: Die Wiedergeburt Pannoniens

ÁRPÁD MIKÓ Die Wiedergeburt Pannoniens Transdanubien gleichbedeutend mit Pannonién? Separatis­mus! Unbestreitbar, das westliche Drittel des Landes ist heute wohlhabender, bürgerlicher, liberaler als das östliche Drittel. Wie kann man dem Odium der Teilung entgehen? Die Ausstellung gilt der Neuzeit, nicht dem Mittelalter; ist es nicht der homo novus, der die Wurzeln seiner Identität sucht und meint, daß die römische Herkunft deren Unter­schied am besten legitimiert? Was die Präsentation auf die oben gestellte provokative, hoffentlich niemals verlautende Frage erwidert, gilt wirklich dem Ende des 20. Jahrhunderts, dem Heute. Das beein­druckend reiche Material ist das Erlesenste, was man an mittelalterlicher Kunst innerhalb der heutigen Landesgren­zen, jedoch nicht der Grenzen des einstigen Hungária findet, und seine Zusammensetzung duldet noch nicht einmal den Anschein der Exklusivität. Es gibt im Spätmittelalter keine speziell transdanubische Kunst, keine pannonische Renais­sance. Das Leben, die Tätigkeit der Besteller, Grundherren und Amtsträger beschränkt sich nicht ausschließlich auf Transdanubien; die Mitglieder des Klerus wechseln häufig ihren Sitz und sind meist Beamte, die einen Großteil ihrer Zeit bei Hofe verbringen. Die beiden großen Werkstätten, Buda und Esztergom (Gran), liefern ihre Produkte überall ins Land; die Meister aber gehen dorthin, wohin sie ihr Auftrag beordert. Und die spätmittelalterliche Bücherkultur verwischt die Unterschiede zwischen den Regionen noch mehr; die Bücher sind selbst mobiler als ihre Eigentümer. Das mittelalterliche Transdanubien bildet einen Teil Un­garns, der - obwohl glücklicher und reicher - nicht ver­schlossen oder ausgrenzend, sondern offen und für alles empfänglich ist. Die antike Tradition verbindet uns alle. Der in den frühen Jahrhunderten des Mittelalters verwendete, damals längst ausgestorbene Name Pannónia wurde von den italienischen Humanisten im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts verbrei­tet. Es dürfte der nicht transdanubische, aus Slawonien stammende Janus Pannonius gewesen sein, der sich diesen neuen Namen in Italien ausdachte. Und obwohl man gerade zu jener Zeit die Steindenkmäler der antiken Provinzen wiederentdeckte, und auch König Matthias bereits genau wußte, daß Ungarn das Gebiet zweier römischer Provinzen - Pannónia und Dacia - umfaßt, 1 hat man den Namen nicht für Transdanubien beibehalten, sondern ihn - bis zum Ende des 16. Jahrhunderts - für das ganze Land verwendet. Viel­leicht ist es schon damals ein Zauberwort gewesen, das, indem es das im Zerfall begriffene regnum sowie die darin lebenden Völker zusammenhielt, dieses Gebiet an das ge­meinsame Erbe, die römische Tradition band. Die Humanisten hatten auch versucht, den Namen zu interpretieren, dessen Bedeutung man schon im Altertum nicht kannte. Von Ransanus ebenso wie von Bonfini, den beiden Geschichtsschreibern, wurde der Name des Pan auf­geworfen, und in unserem Jahrundert gelangte Károly Ke­rényi - einen riesigen Quellenapparat in Bewegung setzend - im großen und ganzen dorthin zurück, wo Ransanus und Bonfini bereits gestanden hatten : zu Pania und Pan, also zu Silvanus, der wirklich als eine lokale Gottheit der Gegend betrachtet werden kann. 2 Es hat symbolische Bedeutung, daß Bonfini das Andenken an einen Silvanus geweihten antiken Altar bewahrte; und nicht weniger symbolisch ist, daß es diesen Altar auch heute noch gibt (VI-1.)- Der antike Fruchtbarkeitsdämon verbindet sie alle, die den Namen der Provinz zu erklären suchten und deren vielleicht wichtigstes Ergebnis es ist, daß es ihnen gelang, den Zwang und die Freiheit der Interpretierung 2000 Jahre hindurch aufrecht zu erhalten. Kann sich ein Schriftkundiger mehr wünschen? Betrachtet man grübelnd die große Menge Steinfragmente und Scherbenstücke, die Überreste einer vergangenen Kunst, ist es gut zu wissen, daß im Herzen Pannoniens, in den Wäldern um den St. Martinsberg auch heute der zie­genfüßige, gehörnte Pan umherschleicht und auf seiner Flö­te spielt. II. Antonio Bonfini, der Geschichtsschreiber König Matthias', sah und beschrieb 1489 in Buda eine antike Gemme sowie mehrere Münzen, auf denen (neben mythologischen Gestal­ten) ein Rabe, der in seinem Schnabel einen Ring hält (in Wirklichkeit der Adler des Zeus mit einem Kranz im Schna­bel) abgebildet war. 3 Für Bonfini und seine Leser bewiesen sowohl die Gemme, als auch die Münzen die römische Her­kunft der Familie Corvin (Matthias und sein Sohn, János Corvin). König Matthias hatte zweifellos Interesse an anti­ken Gemmen; in den Jahren 1488-1489 wollte er sich die Sammlung antiker Kameen und Münzen des verstorbenen Kardinals Francesco Gonzaga beschaffen. Königin Beatrix führte einen langen Briefwechsel mit ihrer Schwester Eleo­nóra, der Herzogin von Ferrara, um die „bellissime medag­lie dargento e doro antiquissomo, et similemente camei par bellissimi" nach Buda zu holen. Ihre Bemühungen waren nicht von Erfolg gekrönt. Unter den 1526 nach Pozsony (Bratislava, Preßburg) geretteten Gegenständen des Budaer Hofes wurden Gemmen inventarisiert, allerdings weiß man nicht, ob zwischen ihnen und König Matthias ein Zusam­menhang bestand. 4 Das Sammeln von Kameen und Intaglien war im Alter­tum ein Luxus der höchsten Kreise. Auch im Mittelalter schwand das Interesse an ihnen nicht und häufig erhielten sie als besondere Edelsteine eine Fassung. Im 15. Jahrhun­dert, als man sich erneut für die antiken Denkmäler zu interessieren begann, wurden sie in den Sammlungen der italienischen Fürsten und Kirchenherren zur bevorzugten Kunstgattung, ihre Preis stieg immer mehr an. Der größte Sammler war Kardinal Barbo, der spätere Papst Paul IL, seine Kollektion ging zum größten Teil in den Besitz von Lorenzo de'Medici über. Dessen Sammlung in Florenz - die auch Filarete in seinem Traktat erwähnt -, mit ihren weithin

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