Nagy Ildikó szerk.: ARANYÉRMEK, EZÜSTKOSZORÚK, Művészkultusz és műpártolás magyarországon a 19. században (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 1995/1)

KATALÓGUS / KATALOG - II. Egyesületi műpártolás

II. DIE MÄZENATUR VON VEREINEN Die Mäzenatur von Vereinen und die staatliche Kulturpolitik zwischen 1840 und 1900 In der Entfaltung der bürgerlichen Gesellschaft war die „Erfindung der einheitlichen kulturellen Traditionen" (E. Hobsbawm) und deren Zugänglichkeit für breite Schichten der Gesellschaft ein bestimmendes Moment. In der gesamtgesellschaftlichen Schaffung der nationalen Tradition spielten in den Massendemokratien die staatliche Propagierung der Traditionen - über das einheitliche Schulwesen, die homogenisierende Wirkung des Militärs und das Wirken staatlich aufrechterhaltener kultureller Institutionen -, die autonomen Organisationen - Literatur-, Leser- und Bildungsvereine - sowie die Presse eine gleich bedeutende Rolle. Darstellungen von glorreichen oder tragischen Ereignissen der nationalen Geschichte sowie die idealisierten Züge des nationalen Charakters nahmen in Werken von Malern und Bildhauern des 19. Jahrhunderts Gestalt an und wurden dadurch allgemein bekannt und anerkannt. Unabdingbare Institutionen der Schaffung und Verbreitung eines „nationalen Bild-Arsenals" waren wie überall, auch in Ungarn die Kunstvereine. Im vorliegenden Beitrag stellen wir die Tätigkeit der Vereine auf dem Gebiet Kunstförderung und Verbreitung kultureller Werte, ferner die damit verflochtene Entwicklung der staatlichen Kulturpolitik, d. h. den Prozeß der Institutionalisierung der Werte vor. Zunächst verfolgen wir die Stationen der Mäzenatur von Vereinen, um dann den Prozeß der Entfaltung der staatlichen Kunstförderung aufzureißen. Im Mittelpunkt der Institutionalisierung stand das von Ferenc Széchényi gegründete und von Palatin Joseph geförderte Ungarische Nationalmuseum. Die nach Palatin Joseph benannte Nationale Bildergalerie nahm seit 1847 Werke der ungari­schen Malerei und Bildhauerei auf, die mit dem allgemeinen Interesse der Öffentlichkeit rechnen durften. Die Bildergalerie des Nationalmuseums wurde von unterschiedlichen Vereinen der Kunstförderung unterstützt. Die Preisausschreiben und die Kunstblätter dieser Vereine haben sich als wirkungsvolle Mittel der Propagierung der nationalen Kunst in weiten Kreisen erwiesen. In den vierziger und fünfziger Jahren machte die Kunstförderung von Vereinen und Privatpersonen den überwiegenden Teil der Kunstkäufe aus. Die Institutionen der staatlichen Mäzenatur und der Kulturpolitik im künstlerischen Bereich haben sich nach 1867, also zur Zeit der Österreichisch-Ungarischen Monarchie herausgebildet. Der Schwerpunkt der Kunstförderung durch Vereine hat sich nach dieser Zäsur verlagert: zwischen 1840 und 1 867 spielte der Pester Kunstverein, eine Aktienge­sellschaft von Kunstliebhabern, die bestimmende Rolle, nach 1867 wurde die Kunstförderung durch die Gesellschaft Bildender Künstler geprägt. Diese wurde ausgesprochen als Künstlerverein angelegt, hatte jedoch von Anfang an auch Liebhaber und Förderer unter seinen Mitgliedern. Im Laufe der siebziger und achtziger Jahre gewährte ihnen jedoch die Gesellschaft immer weniger Mitspracherecht, bot dafür aber der sich formenden staatlichen Kulturpolitik immer größeren Freiraum. Politikergenerationen des 19. Jahrhunderts, Kunstschriftsteller, die als Anhänger der bürgerlichen Gleichheit auftraten, glaubten genauso an der Wichtigkeit der staatlichen Rolle im Bereich der Förderung und Verbreitung von Kunst wie die Kunstliebhaber. Gusztáv Keleti formulierte dies 1885: „All die Regelungen und Institutionen, von denen die öffentliche und mehr oder weniger regelmäßige Pflege und Förderung der bildenden Künste ihren Ausgang nehmen kann, ... verdanken ihr Entstehen dem Jahr 1867, als Ungarn wieder eine konstitutionelle Regierung erhielt und unter der Führung eines verantwortlichen Ministeriums sich ernstlich der Behebung der Mängel und Rückstände zuwenden konnte. .." „Es liegt in der Eigenart der kulturellen und finanziellen Verhältnisse Ungarns, daß fast alle Bemühungen zur Förderung der Künste, ob es ich nun um Vereine oder Privatinitiativen handelt, hauptsächlich bei der Regierung ihre Unterstützung sucht und findet." Wichtige Mittel dieser Unterstützung waren Stipendien, staatliche Preisausschreiben für Werke der bildenden Künste, ein System von staatlichen Goldmedaillen und die Kunstkäufe von Seiten des Staates. Unbedingt zu erwähnen sind noch die Käufe des Königs, die in der Formung des öffentlichen Geschmacks eine vorbildliche Rolle spielen konnten. Organisatorisch konnte sich der Einfluß des Staates über den Landesrat für Bildende Kunst Ungarns, über den Landesaus­schuß für den Schutz der Kunstdenkmäler und den Ausschuß für die Erhebung der Sakralen Kunst in Ungarn geltend machen. Die genannten Ausschüsse wurden als Beratungsstellen des Kultusministers aufgestellt. In den Landesrat für Bildende Kunst durfte ab 1871 der Verein Bildender Künstler jeweils für drei Jahre sechs Mitglieder aus seinen Reihen delegieren. Nach der Stiftung der Staatlichen Medaillen (1886) sind die mit der Goldmedaille bedachten Künstler automatisch Mitglieder des Landesrates für Bildende Kunst Ungarns geworden. Dieser Rat unterbreitete Vorschläge für die Vergabe der Medaillen, für die Bewertung der Preisaufgaben und die staatlichen Kunstkäufe. In den nun folgenden Kapiteln sollen die Stationen der Kunstförderung durch Vereine und durch den Staat verfolgt werden. Die Bilder und Statuen, die in öffentliche Sammlungen gelangt waren sowie die Kunstblätter, die von diesen in Umlauf gesetzt wurden, sicherten jenes historische „Bild-Arsenal", das das „kollektive Gedächtnis" der Vergangenheit in weiten Kreisen der Gesellschaft begründete, also jene kollektive „Bildergalerie", die - dank den Museen und den Schulbüchern - auf uns gekommen ist. K. S.

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