Markója Csilla szerk.: Mednyánszky (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2003/2)
Das Leben und die Kunst von László Mednyánszky, mit besonderer Rücksicht auf die Periode vor - Júlia Szabó: László Mednyánszky: Landschaftsskizzen, Landschafts- und Genrebilder
1 Camille Corot: Der heilige Sebastian (erste Skizze), um 1853, Bleistift auf Papier (Paris, Louvre) zahlreichen Gemälden zu sehen ist, aber auch seinen Aufzeichnungen zu entnehmen ist, erlernte Mednyánszky bei Otto Seitz in München die der niederländischen Tradition folgende Landschaftsmalerei mit breitem Horizont, die den Menschen, die Tiere und die Details der Natur ihren natürlichen Verhältnissen entsprechend integrierte und der er ein Leben lang treu bleiben sollte. 7 Den deutschen Malern der Romantik und des Symbolismus, deren Werke er in München gesehen haben mag, wird er die erhabene, philosophische Landschaftsauffassung, die Ehrfurcht vor dem Geheimnisvollen und dem Mysteriösen abgeschaut haben. 8 Schon von Ender, der realistischer als die deutschen Meister war, lernte der junge Künstler die Bedeutung jedes darzustellenden Motivs, er erkannte durch ihn, dass der Maler von der abzubildenden Landschaft eine zusammenfassende Charakterisierung bieten, „Aussicht" und „Aufsicht" malen muss. Bereits als Kind mag er Reproduktionen der Werke der Meister von Barbizon gesehen haben, uns so ist es kein Zufall, dass er - wie viele seiner Zeitgenossen - die ersten Tage seines Pariser Aufenthalts im Louvre, im Palais du Luxembourg und in anderen damals laufenden Ausstellungen, so etwa in einer „herrlichen Corot-Ausstellung" verbrachte. 9 In der Entfaltung seiner Kunst halfen dem jungen Mednyánszky die Vorbilder Jean Baptiste Camille Corot und Jean-Francois Millet, doch auch die Kriegsmalerei seines Meisters an der Akademie, Isidore Pils, sowie der melancholisch-epische Realismus der an den Barrikaden der Revolution von 1848 entstandenen Gemälde von Ernest Meissonier übten einen bedeutenden Einfluss auf ihn aus, vielleicht ließen ihn auch Der tote Torrero (1864) von Edouard Manet oder die Stierkämpfe darstellenden Werke (1865/66) auch von Manet nicht unbeeinflusst. Als Mednyánszky wiederholt in Barbizon arbeitete, hatten dort schon namhafte Meister mehrerer Generationen verkehrt, unter den Ungarn etwa der damals bereits schwerkranke und von Mednyánszky hochverehrte László Paál, und Mihály Munkácsy, der hinsichtlich seiner Landschaften nicht ausschließlich als ein Vertreter der Schule von Barbizon betrachtet werden kann. Damals war Barbizon seit mehreren Jahrzehnten ein wichtiges Zentrum der realistischen Landschaftsmalerei sowie der in die Landschaft integrierten Genrebilder. 10 Schon Pierre-Henri de Valenciennes, der Meister der französischen Akademie, ein Forscher der Beziehungen von Licht und Luft, malte einige seiner Bilder in Fontainebleau. Zu seinen Schülern gehörte u. a. Corot, der, dem Beispiel von John Constable folgend, nach Studien der italienischen Klassik sich in einer gewissen Phase seiner Laufbahn von der historischen Landschaftsmalerei abwandte und zum realistischen Landschaftsmaler, zum „Maler des Alltags" in Barbizon wurde. Als Kritiker, Schriftsteller und bildende Künstler die „Malerei der Freiheit" zu verkünden und die Landschaft, die sie mit wirren und wirbelnden Leidenschaften in Verbindung gebracht hatten, 11 zu beschreiben begannen, als in den Ateliers und Kneipen Barbizons Künstler wie Gustave Courbet und Honoré Daumier verkehrten, wurden auf den Gemälden von Millet, Daubigny, Dupré, Diaz, Théodore Rousseau und László Paál auch die realistischen Landschaftsdarstellungen von Barbizon leidenschaftlicher und dramatischer. In den neueren Bearbeitungen der Geschichte der Schule von Barbizon betonen die Forscher immer wieder die Wichtigkeit der Darstellung des Menschen in der Landschaft für die Meister von Barbizon. Die Darstellungen von eifrigen Männern und Frauen vermitteln oft eine dramatische Geschichte vom Verhältnis von Leben und Tod, Menschen und Leiden. Im gesamten Lebenswerk Mednyánszkys, von den Anfängen bis zu seinem Tod läßt sich außer der minuziösen Naturbeobachtung eine ganze Reihe von Darstellungen mit menschlichen Tätigkeiten beobachten (im Vordergrund, auf dem schlammigen Feld sind z. B. Kartoffelleser zu sehen, am Fuße des Gebirges Tatra wird eine Rinderherde vorbeigetrieben, in der Morgendämmerung sammeln sich Marktleute am Hauptplatz einer Kleinstadt der ungarischen Tiefebene, ein einsamer Reiter reitet den Bergpfad entlang). 12 In einer anderen Gruppe seiner Werke weisen die in der Landschaft auftauchenden Gestalten auf ein dramatisches Ereignis hin: sie sind Träger von Grausamkeiten, Traurigkeit und Leiden. 13 Obwohl sie alle auf unmittelbare Erlebnisse zurückzuführen sind, bilden diese symbolischen Geschichten nicht nur persönliche Motive der Kunst Mednyánszkys. Auch Millet, Corot (Abb. 1), Théodore Rousseau und Dupré malten Bilder von ähnlichen Themen. 14 Mednyánszky wurde dank seiner Erlebnisse in den Vororten von Paris zum dramatisch-realistischen Landschaftsmaler, obwohl man auch den Worten seiner Schwester recht geben muss, laut denen er „von den monumentalen Bauernfiguren von Millet am meisten beeinflusst wurde". Deshalb kehrte Mednyánszky - ungeachtet des Schicksals seines Bildes, das die „graue, trübe Seine mit der Notre Dame" darstellte und vom Salon angenommen wurde, immer wieder nach Barbizon zurück, um dann im Sommer seine Heimat Beckov (Beckó) aufzusuchen, wurden doch die Landschaft des Tatragebirges und die Welt seiner Einwohner sein ganz persönliches Barbizon. 15 In einer Reihe von handflächengroßen oder noch kleineren Bleistift- und Federskizzen versuchte er, das Gesehene möglichst vollkommen widerzugeben. 16 Sein Ziel waren kleinere oder größere Ölgemälde (die der Meister in seinen Aufzeichnungen „Bilder" nannte), mitunter auch Tempera- oder Pastellgemälde. Einige seiner Landschaften strahlen den Duft des vom Tod befruchteten Lebens des Verfalls im Baudelaire'sehen Sinne aus, auf anderen dagegen prangt der Frühling mit blühenden Bäumen und lässt die beinahe impressionistische Wirkung der frischen Luft spüren. Man darf nicht vergessen, dass, als Mednyánszky Barbizon und Paris erneut aufsuchte, der Impressionismus bereits entstanden war, ja gerade seine Blütezeit erlebte. Die impressionistischen Meister veranstalteten individuelle oder gemeinsame Ausstellungen und auch die bedeutenden postimpressionistischen Lebenswerke waren im Entstehen begriffen.