Jávor Anna szerk.: Enikő Buzási: Ádám Mányoki (1673–1757), Monographie und Oeuvrekatalog (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2003/2)

Vorwort

11. Ádám Mányoki: Kapitän Heinrich Karl von der Marwitz, 1706 Verschollen (B. 290) „französischen Gesamterscheinung" der Bilder zur Geltung. Das runde „Puppengesicht" der Gräfin, ihre weit aufgerissenen Augen und die weich gestaltete Mundpartie verraten trotz der individuellen Züge deutlich ihre Abstammung von den Gesichts­typen von John Smith, wie wir sie von seinen nach Kneller geschaffenen Mezzotintos kennen. Die gleiche Quelle scheint, ebenfalls auf dem weiblichen Bildnis, auch in der Frisur durch, deren „Materialgerechtigkeit" und Modellierung den französi­schen Vorbildern völlig fremd, dafür aber für die graphischen Lösungen von Smith umso bezeichnender sind, während die üppige, strähnig gestaltete Allongeperücke des männlichen Pendants wieder an die französischen Vorbilder anklingt. Der sorgsam und straff strukturierten Plastizität der Gesichter gesellt sich in der Ausführung der Draperien und des Har­nisches eine überraschend schwungvolle, spontane malerische Haltung, die sich möglicherweise auf die in Hannover zurück­gelassenen Werke von Noël III. Jouvenet zurückführen läßt, der vor Mányokis Zeit in Hannover als Hofmaler wirkte. 13 Eine andere Arbeit aus derselben Zeit, eine ebenfalls 1704 datierte, signierte Bildnisminiatur, ist trotz mancher ähnlicher Detaillö­sungen etwas zurückhaltender und steht eher der Auffassung des englischen höfischen Bildnisses nahe. (A. 174) Die stilisti­sche Orientierung kommt hier im Gegensatz zu den vorange­gangenen etwas deutlicher zur Geltung, und weist klarer darauf hin, daß in dieser Zeit die Bildnisse von Godfrey Kneller ­wahrscheinlich über Nachstiche - einen maßgeblichen Einfluß auf Mányoki ausübten. Durch die Eleganz der Komposition und der Gestaltung mutet das jüngst zum Vorschein gekommene Halbfigurenbild­nis eines jungen Adeligen im Brustharnisch und dunkelroten Mantel eindeutiger „französisch" an. (B. 324) Das Porträt des jungen Mannes in leichter Untersicht vor unten aufgehelltem Himmel sondert sich in erster Linie durch die würdevolle Erscheinung, die aristokratische Eleganz des Bildes von den bis jetzt bekannten frühen Bildnissen Mányokis ab. Selbst wenn man die unmittelbare Anregung irgendeines Werks seiner französischen Vorbilder voraussetzt, konnte die traditionelle Autorschaft Mányokis bei diesem hohen Grad der Reife und bei derartiger Selbständigkeit der Lösung nur aufgrund von Zusammenhängen mit gesicherten Werken akzeptiert werden. Das Porträt läßt sich chronologisch und mit seinen malerischen und technischen Lösungen in der Nähe der Bildnisse Wied­Neuwied sowie der frühesten Stücke der weiter unten zu behandelnden Offiziersgalerie unterbringen, mit einer Datierung auf die Zeit um 1705. Das im 19. Jahrhundert erneuerte und an manchen Teilen formal gestärkte Bild verrät mit der tonigen, weichen Gestaltung des Gesichts, manchen Details der mit leichter Hand gemalten Haare, ferner in der zuweilen kühn durchsichtigen Behandlung der in dünner Schicht aufgetragenen Textilien Verwandtschaft mit den Bild­nissen des Ehepaars Wied-Neuwied und nimmt mit der entschlossenen Linienführung der Augen, der Nase und des Kinns die Lösungen der Bildnisse des Predigers Bolius und der Leutnants Kahlenberg und Kyau der Offiziersgalerie vorweg. Durch die eben aufgezählten Charakterzüge knüpft das nun aufgetauchte Bildnis überzeugend an beiden Gruppen an und zeugt hinsichtlich dieser noch immer wenig bekannten Periode von Mányokis Schaffen von einer überraschend hohen Qua­lität, auf die man aufgrund der bislang bekannt gewordenen Werke früher kaum „gefolgert" hätte. Wollte man den bei Ha­gedorn bezeugten Einfluß Largillières während der Lehrjahre an einem Werk nachweisen, kann in erster Linie dieses Bild als Beispiel aufgezeigt werden. Dem Kreis der Bildnisse des gräflichen Ehepaares zu Wied­Neuwied läßt sich ein weiteres männliches Bildnis zuordnen, bei dem zwar die Autorschaft Mányokis einstweilen durch keine Dokumente belegt werden kann, doch glaube ich das Bild in den frühen Berliner Jahren unterbringen zu dürfen. (B. 323) Es ist unbestreitbar, daß die Darstellung - in erster Linie als Bild­typ - ziemlich vereinzelt unter den Arbeiten des Malers da­steht, und zwar nicht nur in dieser Periode, sondern auch in späterer Zeit. Da aber die frühe Periode Mányokis noch immer nur ziemlich skizzenhaft bekannt ist, glaube ich, daß diese the­matische und ikonographische Sonderstellung keinen genügen­den Grund zu Zweifeln gibt, zumal die Auffassung und die Ein­setzung der malerischen Leichtigkeit die gleichen Wurzeln hat wie die beiden Bildnisse zu Wied-Neuwied. Das bis ins Detail ausgearbeitete, ähnlich rundliche Gesicht mit dem präzisen Helldunkelspiel zeigt die gleiche Divergenz zur Leichtigkeit und Gelöstheit der dekorativen Requisiten wie bei den Bildnissen des Ehepaars zu Wied-Neuwied. Das trotz der angestrebten Individualität des Gesichts eher wie ein Kostümgenre anmu­tende Bild ist im Hinblick auf das Lebenswerk Mányokis aus dem Grunde nicht belanglos, weil es den heute in Werken sonst kaum mehr greifbaren Moment der Uberwindung der Grenzen der traditionellen Bildnismalerei vertritt.

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