Jávor Anna szerk.: Enikő Buzási: Ádám Mányoki (1673–1757), Monographie und Oeuvrekatalog (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2003/2)
OEUVREKATALOG - B. Zuschreibungen (B. 230-337)
Sophie Dorothea von Celle, Detail, Schloß Marienburg Prinzessin vor der Ergänzung und der damit zeitgleichen Übermalung ein tief dekolletiertes Kleid trug, das ihre Schultern frei ließ. Die Linie des Kleides und die nach außen gewendeten Rüschen, die das Dekollete umrahmen, sind an den Schultern ebenso vorhanden wie auf der vom Foto bekannten Vorlage. (Celle, Bomann-Museum, Fotoarchiv. Die Dargestellte wird durch die Aufzeichnung des ehemaligen Museumsdirektors von Celle A. Neukirch identifiziert: „Sophie Dorothée nach dem Jacobischen Original. Original im Besitz der Nachkommen des Ob. App. Ger. Präs. Leist in Böhmen, jetzt wahrscheinlich beim Hz. v. Cumberland", Leister 1954,163/Anm. 26, Abb. 19, mit der Bemerkung, daß sich das Bildnis auf Schloß Marienburg nicht finden ließ.) Es spricht ebenfalls für die neue Bestimmung, daß bei der Umarbeitung zum Kniestück wiederum die Komposition einer Darstellung der Sophie Dorothea zum Vorbild genommen wurde. Die ergänzte Variante folgt nämlich in Körperhaltung und Anordnung der Hände der wohl qualitätvollsten Darstellung der Herzogin, dem sitzenden Kniebild in der Landschaft, das noch heute im Besitz der Familie in Marienburg bewahrt wird. (Leister 1954,161-162, Abb. 15; Leister 1970, Abb. 4) Es hat also den Anschein, daß das Charlottenburger Bildnis nicht nur durch die Gesichtszüge, sondern auch hinsichtlich seiner beiden Vorbilder mit Darstellungen der Sophie Dorothea verbunden ist, die allerdings mit erheblichem zeitlichen Abstand ausgeführt wurden. Die durch das Foto überlieferte Vorlage des halbfigurigen Mittelteils stammt wohl aus der zweiten Hälfte der 1680er Jahre, wenigstens nach dem allegorischen Porträttyp zu schließen, dessen Invention angeblich eine Arbeit von Henry Gascar (1634/35-1701) von 1686 war. Die von mehreren Kopien bekannte Komposition zeigt die Prinzessin genauso in ihren Zwanzigern wie das vom Foto bekannte Bildnis oder - sofern die Neubestimmung akzeptiert werden kann das Charlottenburger Bild selbst. (Vgl. C. 378) Das ergänzte Kniestück möchte ich aufgrund seines frühesten bekannten Werks, des Bildnisses eines jungen Mädchens aus der Zeit um 1692-1696, sowie der Darstellung der Fürstin Rákóczi von 1707 Mányoki zuschreiben, wobei ich im ersteren Fall auf die malerisch-formale Bildung des Gesichts, auf die weiche Gestaltung der Körperkonturen, im letzteren auf die sehr ähnliche Ausführung des Kleides verweise. (B. 301, 329) Die bekannten Werke von Jouvenet, der zuletzt als Autor des Bildes vorgeschlagen wurde (Carl Philipp Prinz von Hannover, um 1688, Göttingen, Kunstsammlungen der Universität, Börsch-Supan 1966, 84, Nr. und Abb. 24; Der Bildhauer Blumenthal, um 1690/96, Dülberg 1990, 135-136, Nr. und Abb. 168), stehen mit ihrem gelösten, weichen malerischen Charakter und ihrer großzügigen Pinselführung eher im Gegensatz zur präzisen Detailfreudigkeit und betont zeichnerischen Gestaltungsweise des ergänzten Kniestückes als daß sie mit ihm Verwandtschaft aufweisen würden. Einzig die weichen inneren Konturen des Gesichts erinnern an Jouvenets Bildnis des Prinzen Carl Philipp, aber in diesem Zusammenhang läßt sich, nach meinem Empfinden nur der Ursprung der malerischen Wirkungen identifizieren. Das Charlottenburger Bildnis zeugt mit seiner etwas ungeschickten Konstruktion, seinen verfehlten Körperproportionen von einem Maler, der in der Komposition von großem Bildausschnitt unbewandert war, was für Jouvenet angesichts seines erwähnten Werkes gewiß nicht zutrifft. Bei der Zuschreibung des Bildnisses bilden die Fragen nach der Entstehungszeit und dem Auftraggeber ein eigenes Problem. Dabei ist zu berücksichtigen, daß von der Prinzessin Sophie Dorothea aus der Zeit nach ihrer Verbannung von 1694 kein Bildnis bekannt ist. (Leister 1954, 173; Leister 1970,170) Nach den angeführten Analogien wurde das Charlottenburger Bildnis nach Vorbildern ausgeführt, und zwar nach Darstellungen, die alle aus der Zeit vor der Scheidung der Prinzessin stammen. In der Ausführung des Bildnisses vermute ich zwei Phasen, deren erste wohl auf die Frühzeit Mányokis zu datieren ist, mit der oberen Grenze von 1694. Um diese Zeit dürfte die ovale Halbfigur entstanden sein, vermutlich für die Familie. (Vgl. Neues vaterländisches Archiv oder Beiträge zur allseitigen Kenntniß des Königreichs Hannover und des Herzogthums Braunschweig, Band 1, 1827,156. Eine auf Lüneburg bezügliche Angabe von 1695 berichtet über die malerische Tätigkeit von Mányoki, ferner darüber, daß seine Auftraggeber zu den vornehmen Kreisen gehörten.) Von dieser Annahme geht auch mein Vorschlag hinsichtlich der Auftragsumstände der späteren Ergänzung aus. Einstweilen ist es allerdings nur eine Folgerung, die ich durch keine