Mikó Árpád – Sinkó Katalin szerk.: Történelem-Kép, Szemelvények múlt és művészet kapcsolatáról Magyarországon (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2000/3)

GESCHICHTE - GESCHICHTSBILD - Zusammenfassungen der Beiträge

Im Zusammenhang mit der ungarischen Historien­malerei und der historischen Skulptur muß die Wirkung Wiens in zweifacher Hinsicht berücksichtigt werden. Einerseits wurden die ungarischen Maler vor 1850 über­wiegend an der Kunstakademie des Habsburgerreichs, in Wien ausgebildet. Andererseits muß im Zusammen­hang mit den historischen Gattungen - besonders in den zwanziger, dreißiger Jahren - die Rolle hervorgehoben werden, die der Reichspatriotismus und dessen Vertre­ter, Freiherr Josef von Hormayr und sein Kreis dabei spielten, die mit ihren Veröffentlichungen und Quellen­ausgaben erheblich zur Erarbeitung und Popularisie­rung der ungarischen Geschichts- und Darstellungs­traditionen beitrugen. An den Kunstwerken historischen Themas lassen sich bereits im ersten Drittel des 19. Jahr­hunderts bedeutende Unterschiede je nach Funktion er­kennen. Eine ganz andere Bearbeitung verlangten die Werke für den Privatbereich beziehungsweise die reprä­sentativen Schöpfungen für die breitere Öffentlichkeit. Unter den letzteren sind die beiden Historienbilder Pe­ter Kraffts, die im Sinne des Reichspatriotismus den Ausfall Zrínyis aus der Burg Sziget und die Krönung von Franz I. darstellen. Zu den Vertretern des Reichs­patriotismus gehörte auch János László Pyrker, Erzbi­schof von Eger, dessen Epos in deutscher Sprache mit dem Titel Rudolphias die ikonographischen Neuerungen der Geschichtsdarstellungen des Reichs geprägt hat. Den gemeinsamen Kampf Rudolf von Habsburgs und des ungarischen Königs Ladislaus IV. gegen Ottokar von Böhmen (1278) wurde in Ungarn noch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts oft in seinem Sinne darge­stellt, obwohl diese Szene bei den böhmischen und öster­reichischen Malern anders als in Ungarn interpretiert wurde. Die Geschichtsauffassung hat sich in Ungarn infolge der Revolution von 1848/49 in den 1850er Jahren wesent­lich geändert. Von da an traten die Traditionen der na­tionalen Unabhängigkeit, die Perioden und Beispiele des Widerstandes gegen Habsburg und die Bilder der na­tionalen Tragödien in den Vordergrund. Die historischen Szenen, so die Beweinung des Ladislaus Hunyadi oder die Gemälde der Auffindung des Leichnams von König Ludwig II. nach der Schlacht bei Mohács, hatten - ob­wohl sie konkrete historische Momente verewigen - eine aktuelle Aussage mit Bezug auf den damaligen Absolu­tismus und den Verlust der nationalen Unabhängigkeit, sie galten sozusagen als deren historische Symbole. Die wichtigsten Stücke unter diesen Werken von tragischer Weltsicht kamen zuerst vor die Öffentlichkeit der Aus­stellungen, dann in das Nationalmuseum. Wie Forschun­gen zu Kunstblättern von Zeitschriften und Kunstver­einen darauf hingewiesen haben, galten die glorreichen und positiven Szenen der Vergangenheit auch damals als eher für die Dekoration von Wohnungen, für den privaten Gebrauch geeignet. Nach dem Ausgleich mit Österreich und der Schaf­fung der Österreichisch-Ungarischen Monarchie im Jahr 1867 verwendete die neue ungarische Regierung große Kraftanstrengung auf die staatliche historische Reprä­sentation, teils durch die Vergabe von Aufträgen für Historienbilder für das Nationalmuseum, teils durch Freskenprogramme zur Schmückung von öffentlichen Gebäuden. Um diese Zeit entstanden die historischen und allegorischen Bilder für das Treppenhaus des Nationalmuseums, die Fresken für den Prunksaal der Ungarischen Akademie der Wissenschaften mit Darstel­lungen historischer Epochen sowie repräsentative Darstellungsfolgen für Kirchen von historischer Bedeu­tung (Matthiaskirche in Budapest, Dom von Pécs usw.), für Bahnhöfe und Theater. Den Gipfelpunkt der staatli­chen historischen Repräsentation bildeten die Aufträge anläßlich der Millenniumsfeierlichkeiten: Zum tausend­jährigen Jubiläum der ungarischen Landnahme entstand eine große Anzahl von Panneaus, Fresken und Denkmä­lern. Die offizielle Historienmalerei und Denkmalkunst als Bestandteil der staatlichen Repräsentation lebten auch im 20. Jahrhundert weiter, und obwohl sich ihr Stil und ihre jeweiligen ideologischen Grundlagen entsprechend den verschiedenen Legitimationsansprüchen viel gewan­delt haben, blieb der historisierende Charakter der Geschichstauffassung unverändert. Der Historismus der staatlichen Repräsentation bildete auch noch - zwar ent­sprechend dem Geist des Klassenkampfes - in der Zeit des „sozialistischen Realismus" die Grundlage für die Auftragswerke historischen Themas. Der Historien­malerei unter sorgsamer staatlicher Aufsicht setzte erst die depolitisierende Tendenz der Konsolidierung nach der Revolution von 1956 ein Ende. Die offizielle Historienmalerei und Denkmalkunst zwischen 1900 und 1956 waren das Produkt einer Epo­che, in der die nicht staatlich unterstützten Segmente der Kunst von radikaler Historismusfeindlichkeit gekenn­zeichnet waren. Dies kam teils in der Verwerfung des Akademismus, aber hauptsächlich in der Änderung der Bildthemen zum Ausdruck. Der Antihistorismus als neuartige Auffassung gegenüber der historischen Tra­dition war im Endergebnis die Antwort auf die Erschüt­terung des Fortschrittsglaubens. Der Inhaltsverlust der historischen Themen beziehungsweise deren Verwer­fung wird in der ungarischen Kunst zuerst um die 1870er Jahre greifbar, und zwar im Zusammenhang mit Bildern traditionell historischen Themas, an einigen Kompositionen von Pál Szinyei Merse, die noch in Mün­chen, unter dem Einfluß Böcklins entstanden sind. Die „Existenzmalerei" in mythologischem Mantel, wie sie von Böcklin und den übrigen Deutschrömern gepflegt wurde, ist in der ungarischen Kunst erst in den neun­ziger Jahren heimisch geworden. Der Antihistorismus als Programm knüpfte sich an die Schule von Nagy­bánya, in dieser Hinsicht sind besonders die Bilder von Károly Ferenczy maßgebend. Die moderne ungarische Kunst des 20. Jahrhunderts war entsprechend den europäischen Tendenzen von ei­ner entschiedenen Zurückweisung des Historismus ge­kennzeichnet. Wie in den übrigen mitteleuropäischen Ländern zogen sich die Auffassungsgrenzen zwischen der offiziellen historisierenden Kunst und den moder-

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