Mikó Árpád – Sinkó Katalin szerk.: Történelem-Kép, Szemelvények múlt és művészet kapcsolatáról Magyarországon (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2000/3)

GESCHICHTE - GESCHICHTSBILD - Zusammenfassungen der Beiträge

gangenheit für ihre Zwecke eignete. Zum anderen, weil die Geschichtsschreibung bei einer ihrer hauptsäch­lichsten Aufgaben, der Bestätigung des modernen Nationalstaates, die Ereignisse der Urgeschichte kaum unmittelbar verwerten konnte. Zur Lösung der Aufgaben, die die Geschichtsschrei­bung auf sich nehmen konnte und sollte, boten sich gün­stigere Möglichkeiten im Zusammenhang mit den Er­eignissen der jüngeren Vergangenheit, die jedoch bereits als historisch galten. Auf die Probleme, die sich vor der Geschichtsschreibung auf dem Weg der Verwissen­schaftlichung anhäuften, konnte in erster Linie die hi­storische Erfassung der Ereignisse der Revolution von 1848/49 eine Lösung bringen. Hier wurde aber der Weg vor der Geschichtsschreibung von neueren, diesmal teil­weise oder gänzlich historischen Wissensformen ver­stellt, die auf der persönlichen Erinnerung beruhten. Nach dem Sturz der Revolution wurde die Erinnerung an 1848/49 vorübergehend (in der Bach-Ära) als eine symbolische Form des politischen Widerstandes am Le­ben erhalten; die Ereignisse behielten aber auch nach dem Ausgleich mit Osterreich (1867) ihre politische Be­deutung (als Symbol der Zerrissenheit zwischen der Li­beralen und der Unabhängigkeitspartei). Es ist auf­schlußreich, den Weg zu verfolgen, wie die unmittelba­ren Erinnerungen, die Erinnerung der Teilnehmer an den als historisch geltenden Ereignissen, dann die darauf aufbauenden Erinnerungsritualen (die feierliche Erinne­rung an die Märtyrer jeweils am 15. März) und schließ­lich der bereits legal und öffentlich gefeierte 15. März den Boden zur historiographischen Erfassung von 1848/ 49 vorbereiteten. In der Übergangszeit, die von der Vor­herrschaft der persönlichen Erinnerungen sowie vom rituellen kollektiven Gedächtnis gezeichnet wurde, konnte sich die Geschichtsschreibung bei weitem nicht vom Wissen und von der Wertordnung, die ihr gerade zugänglich waren, lossagen. Umso weniger, da eben die­sen das meiste und das authentischeste darüber abzu­gewinnen war, was sich eigentlich damals zugetragen hatte. In der heftigen Debatte im Parlament vor der Ver­abschiedung des Gesetzes über die Erklärung des 15. März zum offiziellen staatlichen Feiertag ging es 1898 im Parlament zum Teil eben darum, wem die Nachwelt bei der Bestimmung der Tatsachen glauben sollte, wer eigentlich als glaubwürdige Quelle der Vergangenheit gelten konnte. In der von parteipolitischen Zwistigkei­ten durchsetzten Debatte über die Tatsachen und die Bedeutung der Vergangenheit kam bei der Beweisfüh­rung zuweilen noch das persönliche Bekenntnis zu Wort. Eine Analyse des zeitgenössischen Diskurses erbringt den Beweis, daß der wissenschaftliche, von der fachge­rechten Geschichtsschreibung geprägte Begriff der histo­rischen Vergangenheit in einem historisierenden und zugleich (partei)politisch bestimmten intellektuellen Milieu geboren wurde. Daran liegt es, daß mehr als eine unmittelbar fachwissenschaftliche Frage, wie zum Bei­spiel die Emigration des Fürsten Franz Rákóczi - des Führers eines niedergeschlagenen Freiheitskampfes ge­gen Habsburg - in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahr­hunderts, auch noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts hef­tige politische Zusammenstöße hervorzubringen ver­mochte. KATALIN SINKÓ HISTORISMUS UND ANTIHISTORISMUS IN DER UNGARISCHEN KUNST, 1800-1989 In der ungarischen Kunstwissenschaft wird der Aus­druck Historismus in erster Linie als Stilbegriff, als Syn­onym für die historischen Stile gebraucht, in engerem Sinne für die Stiltendenzen vom zweiten Drittel bis zu den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts. Gemeint ist damit die Wiederbelebung historischer Stile vor allem im Bereich der Architektur und des Kunstgewerbes. Be­züglich der Malerei und der Skulptur werden stattdes­sen eher die Bezeichnungen Akademismus oder Histo­rienmalerei verwendet. Der „Historismus" in diesem Sinne läßt sich zwar in den bildenden Künsten des 19. fahrhunderts nicht durch formale Merkmale als Stil er­fassen, steht aber mit dem Historismus als Geschichts­auffassung in einer umso engeren Beziehung. Wenn wir also für die Kunst des 19. und 20. lahrhunderts histori­schen Themas den Begriff Historismus gebrauchen, dann geschieht dies wegen ihres engen Zusammenhangs mit der Tendenz der Geschichtsschreibung und der Ge­schichtsauffassung, die ebenfalls als Historismus be­zeichnet wird. Der Historismus als Geschichtsauffas­sung betrachtet die Vergangenheit als einen Entwick­lungsprozeß, als Schauplatz der nationalen Entfaltung, und versteht die Gegenwart als moderne Zeit, die sich wesentlich von der Vergangenheit unterscheidet. Aus dieser modernen Zeit zurückblickend werden in der Vergangenheit bereits zurückgelassene Etappen des Wegs in die Gegenwart untersucht sowie die Vorausset­zungen und die Ursachen der gegenwärtigen Ereignis­se aufgezeigt. Diese Art Historismus der Geschichtsauf­fassung kommt besonders dort zur Geltung, wo die Be­handlung vergangener Dinge in kontextueller Beziehung mit der Gegenwart steht und zuweilen auch Legitima­tionsideologien oder deren Krise widerspiegelt. Die Kunst hängt mit der historisierenden Betrachtung der Vergangenheit in zweifachem Sinne zusammen. Ei­nerseits erachteten es die Historiker - wenigstens ein­zelne ihrer bedeutenden Vertreter wie Mihály Horváth oder Arnold Ipolyi - als ihre Aufgabe, die Ereignisse der Vergangenheit bildhaft, künstlerisch vorzustellen, sie waren also bestrebt, die Geschichte anschaulich zu be­schreiben, andererseits hatten auch die Maler und Bild­hauer - gleichsam in der angenommenen Rolle der Chro­nisten - das Bedürfnis, ihre Bilder oder Statuen entspre­chend den Quellen und der Geschichtsschreibung auch in den Einzelheiten möglichst authentisch zu gestalten.

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