Veszprémi Nóra - Jávor Anna - Advisory - Szücs György szerk.: A Magyar Nemzeti Galéria Évkönyve 2005-2007. 25/10 (MNG Budapest 2008)

STUDIES - Gyöngyi TÖRÖK: Die Madonna von Toppertz, um 1320-30, in der Ungarischen Nationalgalerie und das Phänomen der beweglichen Christkindköpfe

5. Die sog. Erste Madonna von Toppertz, Detail mit dem Loch zur Bewegung des Christkindkopfes Jahren 1303-26 gebaut, somit könnte die Madonnenfigur zur er­sten Ausstattung gehört haben. In nächster Nachbarschaft, 9,5 km südöstlich von Käsmark liegt Rießdorf. In der dortigen gotischen Kirche, der hl. Agnes ge­weiht, deren älteste Teile aus dem 13. Jahrhundert stammen, stand bis 1952 eine ähnliche Madonna auf einem barocken Nebenaltar. Dann gelangte sie in die Servatiuskirche in Menhardsdorf (Mén­hárd, Vrbov) und 1972 in die Slowakische Nationalgalerie nach Pressburg 5 (Abb. 9-13). Diese 137 cm hohe Madonna, deren In­karnat genauso wie der des Christkindes ziemlich gut erhalten ist, vertritt den gleichen Typus und stammt wohl aus derselben Werk­statt, ungefähr aus derselben Zeit, wie die aus Toppertz. Sie un­terscheidet sich von dieser nur durch die etwas flachere Bearbeitung und die schon dadurch gestreckter wirkenden Pro­portionen. Der Kopf des Christkindes ist genauso herausnehmbar wie bei der Toppertzer Madonna. Obwohl der Zapfen etwas kür­zer ist, womöglich später abgesägt, hat er am Hals zwei ähnliche ringförmige Kerben und ist von der Rückseite der Madonna durch ein Loch bewegbar (Abb. 10, 12-13). Das archaische Lächeln, die mandelförmigen Augen und dünnen Augenbrauen Mariens kommen hier durch den erhaltenen Inkarnat gut zum Ausdruck und helfen bei der Vorstellung des ursprünglichen Aussehens der Toppertzer Maria. Die Behandlung des Schleiers und besonders der Haare am Hinterkopf des Kindes sind bei beiden Madonnen ganz ähnlich. Die Form der Haarlocken erinnert an gleichzeitige Büstenreliquiare der Goldschmiedekunst. 6 Dem Typus dieser Madonnen folgt die 120 cm hohe sog. Dritte Madonna in der Pfarrkirche St. Margarete in Neusandetz im benachbarten Kleinpolen, die schon etwas später, um 1330-40 entstanden sein könnte (Abb. 14). Obwohl ich den Kopf dieses Christkindes nicht aus Autopsie kenne, halte ich es auf Grund der Fotos, vor und nach der Restaurierung, die verschiedene Kopf­haltung des Christkindes zeigen, für sehr wahrscheinlich, dass auch dieses Jesuskind einen beweglichen Kopf mit angearbeiteten Zapfen hat. 7 Das zeitlich nächstfolgende und von Toppertz nur einige Ki­lometer entfernte Beispiel ist die gnadenbildartig verehrte Ma­6. Die sog. Erste Madonna von Toppertz, Detail ohne Christkindkopf donna auf dem barocken Hochaltar der gotischen Kirche Him­melfahrt Mariae in Pudlein. Sie könnte um 1350-60 entstanden sein 8 (Abb. 15-17). Wie die restauratorischen Untersuchungen bewiesen haben, ist bei dieser 130 cm hohen Madonnenfigur mit Sicherheit der Kopf des Kindes beweglich. Der Zapfen ist bei­nahe so lang, wie beim Toppertzer Christkind und hat auch die doppelten Kerben. Abweichend von den früheren Beispielen folgt die Blickrichtung der Augen des Christkindes der seitlichen Be­wegung. 1980 hat man vom Loch am Rücken des Kindes eine Schnur herausgezogen, die zwischen den Kerben am Hals her­umläuft, womit die Bewegung für eine Präsentation nachvollzo­gen werden konnte. Obwohl der Typus des mit einem langen Hemd bekleideten Christkindes den früheren Beispielen sehr ähn­lich ist, hat Maria nicht mehr die zum Kind geneigte Kopfhaltung sondern schaut frontal auf den Betrachter. Ihr Gesichtstypus ist eher voller und ovaler geworden, ihr Körper schlanker und die Schüsselfalten sind nicht mehr so tief und laufen nicht mehr so weit nach unten, was mit der späteren Entstehungszeit zu erklären ist. Für die Madonnen von Rießdorf und Pudlein, die innerhalb eines Barockaltares aufbewahrt wurden, ist ein Jahrhunderte an­dauernder Kult zu belegen. Die beweglichen Christkindköpfe der anderen Madonnen sprechen dafür, dass auch sie von Anfang an Gegenstand einer ganz speziellen Verehrung gewesen sein muss­ten. Auf der Suche nach ähnlichen Lösungen stößt man auf un­terschiedliche Erklärungen. Das früheste Beispiel für einen abnehmbaren Kinderkopf findet man bei einer der schönsten frühen Holzskulpturen des Louvre, der thronenden Madonna mit dem Christkind auf dem Schoß, mittelfranzösisch, aus dem zweiten Viertel oder der Mitte des 12. Jahrhunderts 9 (Abb. 18-21). Hier hat zudem nicht nur der Kopf des Christkindes einen langen angearbeiteten Zapfen, son­dern auch der Kopf der Madonna mit einem dickeren, kürzeren Zapfen ist herausnehmbar. Obwohl beide Köpfe für einen späte­ren Ersatz aus dem 13. Jahrhundert gehalten werden, folgen sie wohl sehr überzeugend den verlorenen Originalen. Am Zapfen des Christkindkopfes befinden sich keine Spuren einer Fixierung,

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