Gosztonyi Ferenc - Király Erzsébet - Szücs György szerk.: A Magyar Nemzeti Galéria Évkönyve 2002-2004. 24/9 (MNG Budapest, 2005)
STUDIES - Zsuzsanna Farkas: Die Rezeption des Malers und Fotografen József Borsos (1821-1883) einst und heute
Porträtaufträge, sodaß zu erhoffen ist, daß noch mehrere Werke auftauchen werden. In letzter Zeit kamen in ungarischen Auktionen auch aus dem Ausland eingereichte Werke unter den Hammer. Die Erschließung des Lebenswerkes wird auch dadurch erschwert, daß die Signatur des hervorragenden, anerkannten und virtuosen Bildnismalers József Borsos auf zahlreiche weibliche und männliche Bildnisse der Zeit gefälscht wurden, um sie besser verkaufen zu können. So gibt es mehrere Dutzend weibliche Bildnisse, die unter dem Namen des Künstlers registriert wurden. Andererseits ist es bezeugt, daß er ausgezeichnet in der Manier von Waldmüller, Amerling und anderer österreichischer Künstler malen konnte, was jene Konzeption stärkt, wonach gewisse Werke von Borsos als Kopien oder mit geringen Änderungen ausgeführte freie Nachbildungen sind. Die meisten Werke von Borsos, 36 Werke, waren in der zweiten Biedermeier-Ausstellung der Budapester Kunsthalle (Műcsarnok) 1937 zu sehen. Diese Ausstellung wurde anläßlich des 75jährigen Bestandes des Vereins Bildender Künstler veranstaltet. Das Hauptanliegen der Veranstalter war es, den Künstlern, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den Ausstellungen des Pester Kunstvereins vertreten waren oder noch früher unter den ungünstigsten Verhältnissen gearbeitet hatten, ein Denkmal zu setzen. Der Katalog der Ausstellung enthält 605 Werke, mit wortkargen Benennungen, die sich auf den Namen des Künstlers und den Titel des Werks beschränken. Die Gemälde lassen sich also auf dieser Grundlage ziemlich schwer identifizieren, besonders bei allgemeinen und beliebten Themen. Die 32 Reproduktionen des Bandes heben nur die repräsentativsten Werke hervor. Im Nachlaß von Jenő Kopp, der sich im Datenarchiv der Ungarischen Nationalgalerie befindet, finden sich aber die Angaben und auch die Reproduktionen mehrerer ausgestellter Werke von Borsos. Aufgrund von weiteren Angaben in den Archiven des Kunstgewerbemuseums und der Forschungsgruppe für Kunstgeschichte der Ungarischen Akademie der Wissenschaften läßt sich aber das eingesammelte Material der Ausstellung völlig rekonstruieren. Die in Vergessenheit geratenen Bilder sind dazu geeignet, unsere Kenntnisse über die Kunst der Vormärzzeit und die vielfach sehr einseitigen Meinungen weiter zu differenzieren. Die ausgestellten Werke umfaßten die Periode zwischen 1800 und 1860. ,jNeben der Darstellung der Kunst des Biedermeiers haben wir auf die Zeit des Klassizismus zurückgreifen müssen, der das Biedermeier vorbereitete, und als Betonung der Ausstrahlungskraft der einheimischen Kunst haben wir auch Werke ausstellen müssen, die in die Zeit der Romantik und des Historismus fallen, aber mit der Zeit des Biedermeiers verflochten sind und sozusagen den weiteren Verlauf der Entwicklung anzeigen" - schrieben die Veranstalter im Vorwort des Katalogs. 49 Die herausragende Ausstellungsreihe der Ungarischen Nationalgalerie und der Akademie der Wissenschaften im Jahr 1980 unterteilte diese Zeit in zwei Perioden: Kunst in Ungarn 1780-1830, und Kunst in Ungarn 1830-1870. Beide enthielten Gemälde, für die die Bezeichnung Biedermeier zutreffend ist. Wegen der weiten Zeitgrenzen war aber die Definition des Begriffs nicht nötig. 5 " Die Kunsthistorikerin Zsuzsa Molnár führte in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts eine umfangreiche Sammelarbeit bezüglich des Schaffens von Borsos durch, deren Zettelkatalog später in das Datenarchiv der Forschungsgruppe für Kunstgeschichte der Ungarischen Akademie der Wissenschaften kam. Im Ergebnis ihrer Forschungen wurde 1971, zum 150. Geburtstag von József Borsos in Veszprém eine Ausstellung mit 31 Werken des Künstlers gezeigt. Aufgrund der Arbeiten von Zsuzsa Molnár konnten die Forschungen fortgesetzt, die Angaben der Datensammlung nachgeprüft und weiter ausgebaut werden. 51 1985 Júlia Szabó bewertete Borsos als den virtuosesten Meister der 1840er Jahre, hob seine ausgezeichnete Zeichenkunst und seine große malerische Sensibilität hervor. Sie schätzte ihr Werk DER NATIONALGARDIST als eine Schöpfung von „europäischem Rang" ein. 52 Mit dieser Stellungnahme wurde eine Periode eingeleitet, die einen Zeitstil tolerant zu akzeptieren und deren Glanzleistungen unvoreingenommen und politikfrei zu entdecken weiß. Infolge dieser Forschungen sind zahlreiche Gemälde von Borsos maßgebliche Bestandteile der bildenden Kunst Ungarns geworden, ihr herausragender Wert ist heute bereits eine unanfechtbare und unabänderliche Tatsache. Nach der Dissertation von Jenő Kopp und der Sammelarbeit von Zsuzsa Molnár ist es aktuell geworden, die Angaben zu präzisieren. Seitdem Werke gegenübergestellt werden, kann die Interpretation auf einer neuen Grundlage beginnen. Neue Probleme haben sich abgezeichnet, denn es ist offensichtlich, daß die Wiederholungen, die Kopien und Duplikate zur künstlerischen Praxis der Jahrhundertmitte gehören, daß nämlich im Lebenswerk der Maler Themenensemble entstanden sind. Nach der unmittelbaren Untersuchung der Gemälde müssen sie gegliedert werden. Der Kunstverlust des Zweiten Weltkriegs hat auch die Bilder von Borsos betroffen, nach einem Bericht aus dem Jahr 1948 sind von ihm 13 Gemälde vernichtet worden. Einzelne Bilder des Künstlers erlangten in unseren Tagen außerordentliche Popularität. Seit der Monographie von 1931 hat sich die Kunstgeschichte ständig mit der Entschlüsselung der Bilder befaßt, zahlreiche ikonographische Probleme konnten geklärt werden. Die Genrebilder des Künstlers lassen sich auf österreichische Vorbilder zurückführen, sie entstanden unter Verwendung vielfach wiederholter Motive mehrerer Künstler. Unter