Király Erzsébet - Jávor Anna szerk.: A Magyar Nemzeti Galéria Évkönyve 1997-2001, Művészettörténeti tanulmányok Sinkó Katalin köszöntésére (MNG Budapest, 2002)

TANULMÁNYOK / STUDIES - KIRÁLY Erzsébet: Pogányság és Megváltás. Csók István nagybányai tematikája és a mítoszkereső századvég

Franz von Stuck zu suchen sei, war fürdie Künstlergesellschaft von Nagybánya ungewöhnlich, und auch im Europa nur sehr selten anzutreffen. Die damals weltberühmte Unternehmung in der Kunst, die Dichotomie der Antike und des Christentums aufzuzeigen, ging tatsächlich von Klinger aus (Abb.l). Seinen gigantischen Altar, Christus im Olymp (1889-1897), dieses Hauptstück einer neuen, ästhetischen Religion, des sog. „kultischen Symbolismus", besichtigten im Januar 1899 Tausende in der Wiener Sezession. Es ist gut möglich, dass Csók - mit seiner beständigen Neigung zur Monumentalität - das Werk gesehen hat, und wenn ja, wird er davon fasziniert gewesen sein. Die universelle Kulturtradition der klinger­schen Ikonographie aber, die sich u. a. auf der Kleinheit des modernen Menschen, der seine Götter verloren hat, der Kluft zwischen Körper und Seele, dem Abgrund der Zivilisation, einem tiefen Pessimismus als fundamentalem Daseinserlebnis begründet, von dem die Kunst und deren Propheten allein erlösen können, ist von der Mitte des 19. Jahrhunderts an, besonders in philosophischer Argumentation von Arthur Schopenhauer, ein allgemein und überall, so auch in Ungarn bekanntes Gedankengut geworden. Dieser Lehre des Leidens auf der Erde, soll ein bisher nie gewürdigtes und interpretiertes Motiv von Csóks Bild zugrun­deliegen. In der Mitte der Komposition, wie auf der Skizze zu sehen ist, befindet sich eine Gruppe von griechisch-römischen Naturgottheiten. Es ist Pan mit seinem Gefolge (Abb. 2). Der Bocksgott liegt auf dem Boden, neben ihm sitzen weinende, trauernde Figuren, eine Nymphe und ein Satyr. Diese Szene stellt den Tod des grossen Pans dar. Ikonographisch ist sie noch seltener, als der bei Klinger vorhandene Synkretismus der verschiedenen göttlichen Mächte. Das Sujet mag diesmal auf die Leinwand des Malers aus der ungarischen zeitgenössischen Literatur gekommen sein, wobei keine schriftlichen Quellen diese Annahme rückbestätigen. Eine der letzten Dichtungen von Gyula Reviczky (1855­1889) mit dem Titel Der Tod des Pans ist schon im Leben seines Verfassers sehr populär geworden, die man vielerorts in der Öffentlichkeit deklamierte. Nach dem Tod des Dichters wurde sie als ein effektives literarisches Kultstück sogar in mehrere Sprachen übersetzt. Die Legende geht auf den Text De defectu oraculorum von Plutarch zurück. Nach einer geheimnisvollen Eingebung, habe der Steuermann Thamus, weit und breit am Meer, in der Nähe der Küste bei Aetolia dreimal den berühm­ten, mystischen Satz geschrien: „Der grosse Pan ist tot!" Danach sollen die Wehklagen überall ausgebrochen sein. Pan, der chtoni­sche Urgott, symbolisiert bei Plutarch die Erde, die Natur selbst, die mit ihm zur historischen Zeit des Tiberius und des aufkom­menden Christentums sterben müsste. Reviczky gestaltete diese klassische Erzählung mit der Hilfe der späteren Weltliteratur­(Friedrich Schillers Die Götter Griechenlands, 1788, Heinrich Heines Über Ludwig Börne, 1840 und Turgenyev's Die Nymphen, 1878) um. Im Gedicht von Reviczky erlebe man mythische Zeiten. Die Landschaft selbst lerne ihren symbolischen Tod kennen. Damit werde das Wunder der Unmittelbarkeit und Harmonie des Weltalls, selbst die ewige Sinnlichkeit und Lebenskraft verlo­ren. Die Natur dürfe aber nicht tot und leer werden. Das Wunder des Griechentums sei unsere teuerste Erbschaft, die durch die moderne Kunst und das moderne Denken immer zu beweinen und zu retten sei. In der poetischen Phantasie kämen deshalb die Naturgottheiten von Zeit zu Zeit zurück. Der Tod des Pans ist die Geburt eines neuen Mysteriums. Der Gott der Wälder, Felder, Weiden, Bäume, Büsche und Steine lebe für uns Nachkommen in allen Wäldern, Feldern, Weiden, Bäumen, Büschen und Steinen als ein heidnischer Geist weiter. Das europäische Kulturgedächtnis bewahrt in seiner Figur un­sere ewige Rückbesinnung ans Paganentum und die Macht des Lebens. Wir benötigen das erlösende Leiden des Pans ebenso stark, wie das von Christus. In der letzten Strophe des Gedichts taucht dann das Kreuz am Horizont mit dieser Umdeutung auf. Es scheint, dass damit die wichtigsten Komponenten für die Rekonstuierung unseres ehemaligen Gemäldes vereint sind: wie heute auf der Skizze zu prüfen ist. Als Vertretung des klassischen Altertums tritt bei Csók symbolisch Venus auf, was aber die eigene Invention des Malers ist. In einem tiefen mythologischen Sinn ist sie mit der Nymphe, die Nymphe mit dem Faun und sie alle mit dem gestorbenen Pan verknüpft. Sie bilden das essentielle Ideenzentrum des Werkes, das in jede Richtung ausstrahlen muss. Das grosse Venus-Fragment (Abb. 3) bewahrt bis heute die malerischen Reste des Meereswassers. Der Schauplatz des zerrissenen Gemäldes wird also die für uns schon bekannte, mythologisierte Küste gewesen sein, mit Pan als zentralpositionierter Hauptfigur. Von dieser Figur ist hier leider nichts zu sehen. Ebenso ungewiss überliefert ist die Position der Jesusgestalt in ihrer endgültigen Variante. Die Skizze spricht uns vom Menschensohn wie von einer Vision. Daraus folgt aber die abstrakte geschichtsphilosophische Belehrung des Künstlers, die verdoppelte Leidensgeschichte der Menschheit. Pan, der Hirtengott ist übrigens in der Kunst des 19. Jahrhunderts in vielen Variationen, besonders im Lebenswerk von Arnold Böcklin (1827-1901) gegenwärtig, der das Motiv im Geist der Deutsch-Römer in München ganz eigenartig erneuer­te. Mit Dionysos zusammen, zu dessen Gefolge gehörend, hin­terliessen Pan und Satyr ihre Spuren sogar in der ästhetisch-phi­losophischen Literatur (siehe Friedrich Nietzsches: Die Geburt der Tragödie, 1872 und Ecce homo, 1888). Die Figur des viel­gestaltigen Naturgottes ist reich an Bedeutung und Idee, daher fähig in die Moderne, in den Naturalismus und Symbolismus anschauungsvoll einbrechen zu können. Die kritische Einstellung des modernen Denkens, besonders die der Geschichtschreibung, wie auch die religiöse Skepsis des 19. Jahrhunderts, brachten die Götter der Vergangenheit und Gegenwart einander nahe, und zwar nicht im theologis­chen, sondern im poetischen Sinne. So dürfen Christus und Venus nebeneinander, als Figuren verschiedener Mythen, er­scheinen. Die philosophischen Voraussetzungen dieses neuen Gedankens waren in den populärsten Lektüren der europä­ischen Kulturwissenschaft (siehe u. a. David Friedrich Strauss: Das Leben Jesu, 1835, Ludwig Feuerbach: Das Wesen des Christentums, 1840, Ernest Renan: Vie de Jésus, 1864) schon festgelegt. Die Bibel wurde als ein grossartiges literarisches Kunstwerk mit ewigen, symbolisch gemeinten menschli­chen Inhalten angesehen, und mit anderen alten Mythen gleichgestellt. Die neuen Religionen und die neuen Kulte der Jahrhundertwende haben ihre Gründe in der irdischen Weltanschauung und der Kunst. Die sind also der Kunst-und Künstlerkult, bzw. die Naturreligion.

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