Király Erzsébet - Jávor Anna szerk.: A Magyar Nemzeti Galéria Évkönyve 1997-2001, Művészettörténeti tanulmányok Sinkó Katalin köszöntésére (MNG Budapest, 2002)
TANULMÁNYOK / STUDIES - NAGY Ildikó: Egy fotóegyüttes az Epreskertről 1894-ből
ILDIKÓ NAGY Eine Photoserie über den Epreskert zu Budapest aus dem Jahre 1894 Das Gebäude der der Budapester Modellzeichnungsschule angehörigen Bildhauerschule (ab 1897 Meisterschule) wurde im sog. Epreskert (Maulbeergarten) in Pest 1889 aufgebaut. Der Professor der Institution, der Bildhauer Alajos Stróbl ging sofort heran, das Atelier und seine Umgebung mit Kunstwerken auszustatten. Er erweiterte den Kreis der Antikenkopien, die in sämtlichen Bildhauerschulen obligatorisch waren, im Garten stellte er ferner mehrere Kunstwerke der ungarischen Kunst im Originalen oder in Kopien, bzw. einige der eigenen und der Studentenwerken auf. Daraus folgend wurde der Maulbeergarten nicht nur ein ausgezeichneter Ort der Künstlerbildung, sondern eine richtige Sehenswürdigkeit der Stadt, in der auch Maskenbälle und andere Programme veranstaltet wurden. In der Bibliothek der Universität für Bildende Künste ist eine aus 19 Stücken bestehende Photoserie, die der Graphiklehrer der Modellzeichnungsschule, Gusztáv Morelli - außer einem - 1894 angefertigte, erhalten. Diese 18 Photos wurden über den Maulbeergarten ausgeführt, 9 äußere und 9 innere Aufnahmen stellen teilweise die Werke des Meisters, teilweise die der Studenten vor. Die Bedeutung der Serie besteht darin, dass sie eine frühe Ausstattungsphase des Gartens darstellt, und auf den inneren Aufnahmen können Bildhauerwerke, die bisher nur aus Zeitungsartikeln bekannt waren, identifiziert werden. Die übriggebliebene letzte Aufnahme zeigt die sogenannte Epreskerter Kalvarienkapelle noch an seiner ursprünglichen Stelle, am Kalvarienplatz in der Josephstadt. Die barocke Kalvarienkapelle wurde 1893 von Stadtrcgelungsgründen aus abgebaut, und Stróbl ließ ihn Stein für Stein nach den Epreskert fördern und dort wieder aufbauen. (Er steht auch heutzutage dort.) Auf den Gartensaufnahmen aus 1894 ist der Kreuzweg schon in diesem Zustand zu sehen. Im Garten stand schon die erste Fassung der sogenannten Hunyadi-Kapelle, eine künstliche Ruine, die aus den übriggebliebenen mittelalterlichen Resten der neulich restaurierten Matthiaskirche in der Budaer Burg, fertig. Im Garten standen mehrere Antikenkopien, wie der Bogen spannende Eros, die Venus von Milo, der Alte Kentaur (Paris, Louvre), der Sitzende Hermes (Neapel, Museo Nazionale), der Borghese-Satyr oder der Apollon vom Belvedere im zauberhaften Natur-Milieu. Einige der Atelieraufnahmen weisen - außer der üblichen Studentenarbeiten - auf Werke mit speziellen Aufgaben hin. Diese Arbeiten schließen sich immer an Wasser oder Garten an. Die damalige Presse berichtete mehrmals über einen großartigen Brunnenplan, den Stróbl im Auftrag von Miklós József Esterházy für das Tataer (Totis) Schloss entwarf. (Das Schloss war u.a. auch im Besitz vom König Matthias.) Diese außergewöhnliche Komposition hätte den König Matthias, als er im Walde die schlafende Quellen-Nymphe, die schöne Ilonka erweckt, dargestellt. Im Programm vermischen sich das Motiv von Amor und Psyche, bzw. das romantische Gedicht von Vörösmarty: die antike Mythologie und die in Kostüm verkleidete Geschichte. Gemäß den Photos bezog Stróbl auch die Studenten in die Arbeit ein. Die lebensgroße Plastik des umfallenden Hirsches, und vermutlich die aus ihrem Traum erweckte Frauennude mit der Inschrift ILONKA (alle beide Studentenwerke) wurden zu dieser Komposition ausgeführt. Miklós József Esterházy starb 1897, und es gibt keine Angabe zur einen ähnlichen Brunnenaufstellung in Tata. Der Matthiasbrunnen in Budaer Burg soll der Nachfolger dieser Vorstellung sein, aber ohne mythologische Hinweise. Die Plastik der Quellen-Nymphe blieb im Epreskert und taucht auf mehreren späteren Photos auf. Auf der einen Aufnahme ist sie unter der Arkade der mit Efeu dicht berankten Kalvarienkapelle, in der Mitte einer Quellen-Imitation liegend zu sehen, auf dem Kalvarienberg steht der Apollon vom Belvedere bereit, die Nymphe zu erwecken. Die damals einheitliche Komposition spaltete sich, die historischen Figuren zogen in die Burg um, und der Brunnen gilt auch heute noch als eine beliebte Sehenswürdigkeit, an die heidnische QuellenNymphe erinnern nur noch einige Aufnahmen. Die letzten zwei Stücke der Photoserie stellen ein sonderbares Makett von Alajos Stróbl dar, das er zum Tausendjahrefest (1896) entwarf, das aber nie ausgeführt wurde. Er entwarf die Komposition an den See im Stadtwäldchen, wohin er schon früher auch ein Franz Liszt-Denkmal plante. Im Makett gestaltet sich eine Episode aus der ungarischen Urgeschichte und eine allegorische Szene der Landnahme mit antiken Figuren und Kentauren. Diese bizarre Zusammenstellung von Mythos und Geschichte charakterisiert die frühen Jahre des Strobl-Œuvre, in kurzer Zeit werden aber die eindeutigen geschichtlichen Kompositionen und die traditionellen Denkmäler die ausgeführten Arbeiten bestimmen.