Király Erzsébet - Jávor Anna szerk.: A Magyar Nemzeti Galéria Évkönyve 1997-2001, Művészettörténeti tanulmányok Sinkó Katalin köszöntésére (MNG Budapest, 2002)

TANULMÁNYOK / STUDIES - Christa PIESKE: Der Wandbilddruck des 19. Jahrhunderts in Europa

In Italien, zumindest für Mailand von 1815 bis 1859 nach­weisbar, mußten Bücher und Drucke in der Imperial Regia Biblioteca (Pinakothek, in der Brera) mit je einem Exemplar deponiert werden. Über sie wurden Listen, Elenchi Censura, mit allen Einzelheiten wie Datum, Titel und Verleger geführt. Sie sind erhalten und stellen eine wichtige Quelle für die Wandbildfoschung dar.' g) Vertrieb, Handel, Zoll Der Handel mit Graphiken über weite Entfernungen hinweg war seit dem späten Mittelalter selbstverständlich geworden, um Hersteller, Ware und Kunden miteinander zu verbinden. Die Verbreitung der Drucke nahm unterschiedliche Wege, je nach ihrer Qualität und der Klientel, die erreicht werden sollte. Die ausgesprochenen Kunstdrucke wie die impor­tierten Schabkunstblätter des 17. und Radierungen des 18. Jahrhunderts fanden vor allem ihren Weg über die Buch- und Kunsthandlungen, nachdem sie in renommierten Zeitschriften besprochen worden waren. So sind regelmäßig in der Leipziger Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freien Künste Rezensionen und Ankündigungen zu finden, die die neuesten Importe aus England und Frankreich betreffen. Man berichtete 1776 über die Sechsersuite Télémaque, die Tilliard (1740-1813) „nach den angenehmen Zeichnungen" des Hofmalers Monnet (1752-1808) gestochen hatte (Bibi. Wiss. 20. Bd. 1776. 183.). 1778 ging die Subskription weiter (21. Bd. 1778. 154.). Der Roman Les aventures de Télémaque von François Fénélon (1651-1715) war 1699 in zwei Bänden erschienen und sogleich illustriert worden. Auch die Pendants Abélard und Héloïse nach Gardner (1750­1805), von Thomas Watson (1748-1781) in Schabkunst gestochen, wurden empfehlend angezeigt (Bibl. Wiss. 18. Bd. 1777. 324, 337). Manche Kunstverlage besorgten selbst den Vertrieb ihrer Blätter. Artaria in Mannheim bot dabei nicht nur seine eigenen Drucke, sondern auch die anderer Verlage an. Das umfangreiche Verzeichnis seiner Ansichtssendung von 1818 an den Kunstverein Karlsruhe, die dieses ausweist, hat sich im General-Landesarchiv Karlsruhe erhalten (Pieske 1997, 259). Eines der wichtigsten Vertriebsnetze in Europa hatten die Bilderhändler aus dem Pieve Tesino (Trentino) aufgebaut. Die Männer des Tales zogen erst mit Feuersteinen, dann vom 17. Jahrhundert an mit den Bilddrucken des Hauses Remondini (Bassano) über die Alpen durch ganz Europa bis zum Ural (Fietta 1987). Für Österreich-Ungarn brauchten sie zum gültigen Paß mit genauer Personalbeschreibung noch ein Gesundheitsattest. In ihren Casselas trugen sie nicht nur Remondini-Blätter, sondern vertrieben auch die Bilder von ihren im Ausland (England, Frankreich, Deutschland) als Kunsthändler seßhaft gewordenen Verwandten. Ihre Ware be­stand vor allem aus volkstümlichen Drucken, mit der sie auch die entlegensten Gehöfte aufsuchten. Über diesen Handel, der bis in das 20. Jahrhundert hinein die Menschen des Trentino er­nährte, ist durch die neuere Forschung detailliert berichtet wor­den (Moser, 309-327; Fietta 1969, 1987; Schenda; Sega). Auch aus Savoyen kamen die Bilderhändler; die Lebensbeschreibung eines Savoyardenknaben vom Murmeltierträger bis zum Besitzer einer Kunsthandlung wurde von dem Schriftsteller J. L. G. Walther 1844 in einer Erzählung für die reifere Jugend mit vielen moralischen Weisungen ausgebreitet (Walthcr). Nicht nur die Trentiner, sondern generell alle wandernden Billigverkäufcr waren den etablierten Kunsthändlern in den Städten stets ein Dorn im Auge (Kunsthandel, 1925. 269, 283). Das sog. Kommissionsgeschäft war innerhalb Europas eine wesentliche Basis für eine effiziente Weiterbeförderung von Drucken. Diese „Stapelplätze des Buchdrucks" umfaß­ten selbstverständlich auch die Produkte der Kunstverlage. Die Kommissäre der einzelnen Verlage saßen in den Handelszentren wie Frankfurt a. M., Leipzig, Nürnberg oder Wien und führten dort größere Lager an Bilddrucken. So konnten die Aufträge der Kommittenten schneller an auswärtige, weiter entfernte Kunden besorgt werden. In dem Adreßbuch für den Deutschen Buchhandel von 1848 sind diese Beziehungen im einzelnen aufgeführt (69-98). Die Augsburger Lampart & Co. schick­ten nach Süddeutschland und in die Schweiz, die Frankfurter ins Rheinland und nach Paris und die Wiener Gerold &Co. nach Tschechien, Polen, Siebenbürgen, Ungarn und Italien. Leipzig als Messe- und Buchhandelsstadt hatte über 60 Kommissäre, die ganz Europa abdeckten. Im Offiziellen Adreßbuch des Deutschen Buchhandels von 1912 sind nur die über Leipzig verkehrenden deutschen und ausländischen Buch- und Kunsthandlungen angeführt (62-181). Diese welt­weiten Verbindungen erreichten auch andere Kontinente. An Kunstanstalten oder -handlungen sind neben den zahlreichen europäischen nur die nordamerikanischen wie Benziger in New York, Chicago und Cincinnati erwähnt. Mit dem Außenhandel waren die Zollfragen gekoppelt, die von den einzelnen Ländern verschieden geregelt wurden. Allgemein kann festgestellt werden, daß die Zölle auf Bilder auf Papier verhältnismäßig niedrig lagen, manches war sogar zollfrei. In dem Österreichischen Warenverzeichnis von 1853 ist die genaue Aufzählung von Bilddrucken und Papierarbeiten enthalten. Ausländische Kunstanstalten konnten „literari­sche und Kunstgegenstände" wie Kupferstiche, Holzschnitte, Lithographien, Chromolithographien, Bilderbogen, Stick­muster, Visitenkarten und Gesellschaftsspiele nach §79 a und b einführen (Alph. Warenverz.). Leider beinhaltet dieses Warenverzeichnis nicht mehr die Detailangaben zu den einzel­nen Paragraphen. In den Ländern mit größerer Bildruckproduktion entwickel­ten sich eigene Kunsthändlervereinigungen, zumindest für den Handel mit hochwertigen Reproduktionen. In England schloß man sich 1847 zur Printseilers' Association zusammen. Sie gab Listen von Verlegern mit ihren bestellbaren Bildtiteln heraus, durch die sich diese von den populären Druckern abhoben. Ihr Präsident war Henry Graves, ein bekannter Londoner Kunstverleger für Reproduktionsstiche, der von 1842 an nach­weisbar ist (Gladwell: Alphabetic List of the Engravings. The Athenaeum, 1892. 329). Wichtig wurde später die 1910 ge­gründete Fine Art Trade Guild, zu der auch deutsche Verleger wie Franz Hanfstaengl in München oder die Photographische Gesellschaft in Berlin gehörten (Der Kunsthandel, II. 1911. 113; Pieske 1988, 154). Die Vereinigungen der Kunstverleger folgten wesentlich später (Pieske 1988, 152-154). Die bildenden Künstler des 19. Jahrhunderts, die durch die Akademien und Kunstschulen gegangen waren, sind mit unterschiedliche Häufigkeit in den Reproduktionslisten der Kunstverleger zu finden. Erfolg oder Mißerfolg, Anerkennung durch die Fachwelt oder nur Beliebtheit beim großen Publikum waren nicht immer abhängig von ihrer jeweiligen Ausbildung.

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