Király Erzsébet - Jávor Anna szerk.: A Magyar Nemzeti Galéria Évkönyve 1997-2001, Művészettörténeti tanulmányok Sinkó Katalin köszöntésére (MNG Budapest, 2002)

TANULMÁNYOK / STUDIES - Christa PIESKE: Der Wandbilddruck des 19. Jahrhunderts in Europa

rasante Fortschritt dieser Techniken ermöglichte es, immer preiswertere und damit massenhaft Bilddrucke anzubieten. Das Bildbedürfnis in allen Bevölkerungskreisen wuchs mit jedem Jahrzehnt. Diese allgemeine Erscheinung ist für ganz Europa zu verzeichnen. c) Formen: Wandbilder, Graphikmappe, Suiten und Serien Die Reproduktionsgraphik war nicht nur als „Zimmerzierde", wie sie oft genannt wurde, sondern auch als Illustrationen in den zahlreichen Familienzeitschriften zu finden. Diese trugen we­sentlich zur Verbreitung einzelner Künstler und ihrer Bildmotive bei. Gerahmte Drucke als Wandschmuck wurden das Übliche. Darüberhinaus dienten die Tischstaffeleien in gutbürgerlichen Heimen dazu, passepartierte Einzelblätter näher betrachten zu können (Pieske 1989, 181-189). Sehr häufig waren verkleinerte Genrelithos den opulenten Büchern, sog. Prachtwerken, einge­bunden. Sie lagen als Alben auf den Salontischen aus und boten einen anregenden Unterhaltungsstoff. Bei der Fülle des Gewünschten und Gebotenen mußte ausgewählt werden, nicht alles hatte an den Wänden Platz. Für Kenner und Liebhaber war deshalb die Graphikmappe schon seit Jahrhunderten der Ausweg; ihr Inhalt diente als Ausweis von Bildung und Geschmack. Diese Formen des Umgangs mit graphischen Blättern waren jedoch meistens auf bildungsbewuß­te Schichten beschränkt. Durch viele Interieur-Darstellungen auf Gemälden oder Graphiken ist der Besitz und der Gebrauch von Graphikmappen in ganz Europa dokumentiert. Durch die Hamburger Polizeiakten (Abteilung IV. Politische Polizei) er­fahren wir von einer „Vereinigung für Kunstpflege", die sich ausschließlich mit der kulturellen Bildung der Arbeiter befaßte. Sie empfahl ihnen, sich nicht nur gute Bilder an die Wand zu hän­gen, sondern auch Mappen mit den Künstlersteinzeichnungen wie denen des Karlsruher Künstlerbundes anzulegen. Entsprechende Ausstellungen fanden im Gewerkschaftshaus in Hamburg statt. Da man von Staats wegen in solchen und ähnli­chen Vereinen „sozialdemokratische Umtriebe" vermutete, sind die Zeitungsausschnitte aus dem General-Anzeiger Hamburg in die dortigen Polizeiakten (1904-1911) gekommen (Grau). Eine besondere Erscheinungsform der Reproduktions­graphiken liegt mit den Suiten und Serien vor. Was den Umsatz anbelangt, so war schon frühzeitig von den Verlegern erkannt worden, welches Verkaufspotenzial in ihnen steckte. Die Vorläufer waren die bei der Ausstattung fürstlicher Räume hä­ufig vorkommenden Pendants, die sich auch zu Reihungen entwi­ckeln konnten. Am gängigsten waren Vierersuiten mit barocken Allegorien oder nach Motiven der Weltliteratur, Sechser- und auch Zwölfersuiten kamen mehr im religiösen Bereich vor wie der Verlorene Sohn, die Zwölf Apostel usw. (Pieske 1986,38-44). Vor allem in Frankreich war man auf Graphiken in Serien spezi­alisiert, die, mit amüsierenden oder belehrenden Motiven gefüllt, weit über 100 Titel umfassen konnten. Das waren keineswegs immer Reproduktionen nach Gemälden, sondern bestanden auch aus eigens dafür geschaffenen Zeichnungen. Etwa ab 1820 wurden die Serien, vor allem als Lithographien, immer häufiger. Sie führten Titel wie Album des jeunes filles oder Le musée des rieurs und setzten damit die Kaufrufe wie die Cries of London nach den Stichen von Wheatley (1717-1801) im 18. Jahrhundert fort (Steinitz). Auch Serien wurden durch die inter­nationale Zusammenarbeit weit verbreitet. Bekannt sind einzelne Serienblätter aus Les enfants de la chaumière, die bei V. Delarue, Paris, und Gambart, Junin & C, London, um 1850 herauskamen. Die Serie mit dem unverbindlichen Titel Les Souvenirs d Artistes umfaßte Trachtendarstellungen und erschien bei Bance ainé, Paris, Charles Tilt, London, und Bailly, Ward & Co., New York. Auch die kleinen oder größeren Heiligen- und Andachtsbildchen sind von den Popularverlagen als durchnumerierte Serien an­gelegt worden. Der Bedarf an diesen Artikeln war vor allem in katholischen Ländern sehr intensiv . d) Funktion: Aussage und Dekoration Wie die Formen, so zeigten auch die Funktionen des Wandschmuckes keine wesentlichen Unterschiede in den einzelnen europäischen Ländern. Es sind die allgemeinen Grundgedanken, die auf den Kupferstichen, Lithographien oder später Farbenlichtdrucken erscheinenden Motive selbstver­ständlich als einen Teil der Kunst zu sehen und zu werten. Das unreflektierte „Schöne", das Verlangen nach Ausstattung über den Sachzweck hinaus, ist allen Kulturvölkern eigen. Ebenso war überall der Gedanke verbreitet, den Inhalt der Bilder als Identifikation zu verstehen und ihn als Ausdruck der eigenen religiösen, moralischen und patriotischen Gesinnung anzuse­hen. Dazu kamen noch die direkten persönlichen Beziehungen: Das Sofabild, meist mit einer unverbindlichen Landschaft, war häufig ein erwartetes Hochzeitsgeschenk. Unverzichtbar waren auch die Porträts der Eltern und Großeltern, bei den kulturell tragenden Schichten bis etwa 1850 als in Auftrag gegebene Lithographien, später als Daguerreotypien und Photographien. Gerahmte Meisterbriefe, Diplome oder Konfirmations- und Kommunionsandenken gehörten zu den persönlichen Andenken mit einem gewissen Vorzeigecharakter. Das Schaffen von Erinnerungen für die Familie und ihr soziales Umfeld wur­de zu einer wichtigen Funktion, die in den Annoncen der Familienzeitschriften immer wieder betont wurden. Der Gesichtspunkt der Dekoration spielte dem gegenüber eine weit geringere Rolle. Dem allgemeinen Geschmacksniveau entsprechend war die leere Wand verpönt. Wände wurden im­mer gern und in bestimmter Reihung und Zusammenstellung gefüllt. So herrschte im Biedermeier die Hängegewohnheit vor, die in einer Reihe angebrachten Bilder mit dem unteren Rahmen gleichmäßig abschließen zu lassen. Die sehr beliebten Pendants wurden zueinander gekehrt und bildeten eine Bildeinheit. Sie war mit Motiven gefüllt, deren Dekorationswert doch noch eine, wenn auch latente Aussagekraft zuließ. Landschaften, Kinderbildnisse, Familien- oder Bauerngenres suggerierten eine heile Welt, nach der sich zu sehnen als erlaubt und selbstverständlich galt. Auch die humoristischen Bilder eines Grützner verdankten dieser menschlichen Einstellung ihre Beliebtheit. Nicht umsonst wiesen die Rubriken „Humoristisches" oder „Komische Bilder" bei den Ankündigungen der Popularverlage einen erheblichen Umfang auf (GKB II. 2. 1882, 808ff. F. Silber, Berlin). e) Bildmotive, Historie, Genre, Landschaft, Religiöses Die Bildmotive der Reproduktionsgraphik des 19. Jahrhunderts unterschieden sich zunächst nicht wesentlich von denen des 18. Das Porträt spielte nach wie vor auch in bürgerlichen Kreisen eine große Rolle. Die im 19. Jahrhundert verstärkte Anteilnahme an der Geschichte und damit die Rückbesinnung auf längst Vergangenes zeitigte eine ausgedehnte Historienmalerei.

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