Takács Imre – Buzási Enikő – Jávor Anna – Mikó Árpád szerk.: A Magyar Nemzeti Galéria Évkönyve, Művészettörténeti tanulmányok Mojzer Miklós hatvanadik születésnapjára (MNG Budapest, 1991)

GALAVICS Géza: A „képtelen Gödöllő" és más történetek (Három legenda Grassalkovich Antalról)

Unter diesen haben wir uns drei ausgewählt, die künstle­rische Bezüge haben und mit dem Besuch der Königin in Gödöllő im Jahr 1751 in Zusammenhang stehen. Anhand dieser Legenden haben wir das Verhältnis der Legende zur Wirklichkeit aus dem Gesichtspunkt der Kunstge­schichte untersucht. Laut der einen fand Maria Theresia, daß es in der Re­sidenz von Grassalkovich in Gödöllő viel zu wenig Gemäl­de gäbe. Der Hausherr ließ es zwar zu, machte ihr aber das Kompliment: „Solange das Bildnis meiner Königin nicht mein Schloß schmückt, ist es kein Bild wert, darin zu hängen." Maria Theresia soll die galante Replik da­durch erwidert haben, daß ihm eines ihrer Bildnisse zu­kommen ließ. Nach einer Variante der Legende soll es das Bildniss der Maria Theresia von J. E. Liotard gewesen sein. In einer anderen Legende wird darüber berichtet, wie sehr die Königin dadurch berührt wurde, daß Grassal­kovich die kleinen irdenen Töpfe in großen Ehren aufbe­wahrte - und sie auch der Königin zeigte -, in denen er als armer Student sein Abendessen von den Kapuzinern nach Hause gebracht hatte. (Diese Stücke schmückten da­mals, in Gold gefaßt, die Krone eines außerordentlichen Tafelaufsatzes im Schloß von Gödöllő.) Nach einer dritten Legende soll Grassalkovich, um die Königin zu verblen­den, den Weg von Pest nach Gödöllő mit Salz überstreut und die Königin im Hochsommer mit dem Schlitten in seine Residenz gefahren haben. In diesen Geschichten ist das Verhältnis von Legende und Wirklichkeit mehrfach übertragen. Der Held dieser Legenden wird nicht durch den realen Kern, sondern durch die „Orientierung" der Legenden charakterisiert, und im wesentlichen dadurch, daß seine Person mit Le­genden umwoben wurde. Die Legende der „Sommer­schlittenfahrt" ist zum Beispiel ein Wandermotiv franzö­sischen Ursprungs (dieselbe Legende war auch über Mik­lós Fürst Esterházy, im Zusammenhang mit dem Besuch der Kaiserin Maria Theresia in Eszterháza verbreitet). In Bezug auf Grassalkovich hatte dieses Motiv - zusammen mit der Legende über die irdenen Töpfe - die Funktion, den gewaltigen Bogen seiner Karriere durch die beiden Extreme zu veranschaulichen. Die Geschichte über das „an Bildern arme" Schloß in Gödöllő ist von anderer Natur. Sie hält eine Beobachtung fest, die auch durch die kunstgeschichtliche Übersicht der Grassalkovich-Mäzenatur bekräftigt wird: Die Welt des Mäzens Grassalkovich war deutlich architekturzentrisch ausgerichtet. Für die Sprache der Architektur hatte er ein richtiges Gespür, und seine Vorliebe für die Kuppel als repräsentative Architekturform hatte auch auf seine Um­gebung eine große Ausstrahlung. Den übrigen Kunstzwei­gen brachte er weniger Interesse entgegen. Im vorliegen­den Aufsatz wird außer der Bildhauerei auch das Verhält­nis von Grassalkovich zur Malerei untersucht. Darunter auch das Bildnis der Königin im Maria-Theresien-Zim­mer des Schlosses Gödöllő (Abb. 1, Kriegsverlust, 1945). Es konnte sich dabei keinesfalls um das Bildnis von Lio­tard handeln, das anderswoher bekannt ist (Abb. 2), der Meister des ersteren dürfte eher zum Kreis von Meytens gehört haben. Im weiteren werden die ziemlich anspruchs­losen Bildnisse von Grassalkovich behandelt, die als Vari­anten zweier Typen aufgefaßt werden können: es gibt eine halbfigurige Darstellung in ungarischer Tracht und ein Ganzfigurenbild, das ihn in der Ordenstracht des Sankt­Stephans-Ordens zeigt (Abb. 3-6.). Zum Schluß werden zwei weitere Legenden angeführt, die ebenfalls für das Verhältnis der ungarischen Aristok­ratie des 18. Jahrhunderts zu den bildenden Künsten be­zeichnend sind. Laut der einen soll ein ungarischer Graf (József Czobor) eine Wette dadurch gewonnen haben („Wer kann am Hofball im teuersten Kostüm erscheinen?"), daß er in das Futter seines Mantels ein Gemälde von Guido Reni einnähen ließ. Die andere Legende knüpft sich an den Namen „Bagatelle" des Gartenpavillons im Schloß­park von Eszterháza. Maria Theresia soll nämlich auf den Bericht über die Riesenkosten der Ausstattung des außer­ordentlichen Baus die Bemerkung gemacht haben: „O das ist ja für einen Fürsten Esterházy eine Bagatelle!" In die­sen beiden Legenden, wie auch in zweien der Grassalko­vich- Legenden, sticht der gemeinsame Zug ins Auge, daß die Zeitgenossen und die unmittelbare Nachwelt in der Kunstmäzenatur der Barockzeit deren Funktion als Ausdrucksmöglichkeit von gesellschaftlichem Rang und Reichtum als das bestimmende Element betrachteten.

Next

/
Thumbnails
Contents