Takács Imre – Buzási Enikő – Jávor Anna – Mikó Árpád szerk.: A Magyar Nemzeti Galéria Évkönyve, Művészettörténeti tanulmányok Mojzer Miklós hatvanadik születésnapjára (MNG Budapest, 1991)

PREISS, Pavel: Zu drei Thesenblatt-Entwürfen von Johann Spillenberger

haben. Ihre Verdienste führt die Inschrift an, die von der Personifikation der Geschichte, einer abgewandten Grei­sin gehalten wird, die gemeinsam mit einer jugendlichen Verkörperung der Philosophie auf die Thesenblatter hin­weist, die wiederum von den schüchtern emporblickende Gebrüder vorgezeigt werden. An die Stelle der zeichnerisch vorgeschlagenen Vegetation trat über ihren Köpfen eine dichte Schar der Sieben Freien Künste. Das epigraphische Element, das sich am Kupferstich beträchtlich mehr ent­faltete, bedeckt auch die Vorderseite des kubischen Denk­mals des Sternbergschen Ruhmes mit langen Rissen als ehrenhaften Atersspuren. 9 Von Spillenberger gibt es noch zwei weitere Zeichnun­gen, die man für Entwürfe zu unausgeführten Thesenblät­tern halten kann. Die erste ist ein kontrastreich konzipiertes Blatt mit einer Götterversammlung. 10 Es rechnet in der für die Thesenblätter bezeichnenden Weise mit Einschaltung des epi­graphischen Elementes. Ein flatterndes Spruchband wird von einem Paar fliegender Putti getragen. Wohl für die Thesen oder der Widmung an den Protektor ist ein aufgerolltes Blatt vorbe­reitet, das von einem fliegenden Genius gehalten wird. Die Ikonographie zeigt eine Mischung „heidnischer" Mythologie mit christlichen Elementen. Die Frauenge­stalt, die über der Gruppe mit dem Spruchband und dem Velum auf einer Wolke sitzt, hebt ein Szepter und wendet sich über ihre Schulter einem großen, radiale Strahlen aussendenden Auge, offenbar dem Gottesauge zu. Die Personifikation ist wohl eine Darstellung der Divina Pro­videntia, der Göttlichen Vorsehung; daß es sich um die Friedensgöttin, die Pax, handeln könnte, wie Gisela Schä­fer meinte, klingt weniger überzeugend. Die Gruppe auf der rechten Seite ist kompositorisch geschlossen und gehört der mythologischen Welt an. Die Hauptfigur scheint die in der Mitte unten ebenfalls auf einer Wolke sitzende Frau zu sein, die die linke Hand auf einen Stab stützt, der an Merkurs Kaduzeus erinnert. Zu ihr beugt sich eine stehende Gestalt, die beide Hände zum erwähnten Stab ausstreckt. Ihr Helm deutet auf Minerva. Es war allerdings nicht ihre Rolle, den Kaduzeus zu tragen oder jemandem zu überreichen, wie man ihre Gebärde ver­stehen könnte. Es liegt jedoch eine andere Interpretation näher: Den kaduzeusartigen Gegenstand könnte man eher für den grünenden Stab der Zeit halten, den die Muse der Geschichte, und auch des Ruhmes, Klio auf einer Zeich­nung Spillenbergers, auf der sie ähnlich marzial mit Helm auftritt, in den Händen hält und mit der Rechten einen Ruhmeskranz emporhebt. Neben ihr sitzt ein Putto über einem geöffneten Buch, in das er die glorreichen Ereignis­se einträgt. Klio ist auf dieser Zeichnung, die in die frühe sechziger Jahre datiert wird, in ähnlichen „manieristisch" schlanken Proportionen aufgefasst. 11 Merkur wird offen­bar durch die Gestalt mit angedeuteten Flügeln an der anliegenden Kappe vergegenwärtigt, vor dem auf dem em­porsteigenden Wolkenstreifen ein beflügeltes Putto kniend einen Stab - diesmal wohl tatsächlich den Kaduzeus ­hält. Eindeutig ist der rechts sitzende Mars, vor dem ein Putto anscheinend ein Fernrohr über die Schulter trägt. Über der Geehrten schwebt mit hoch aufflatterndem Man­tel auf einer Wolke sitzend eine weniger klare Gestalt, zu deren rechter Hand man im Liniengewimmel den Adler erkennen kann, also Jupiter. Dann wäre wohl die neben ihm stehende Frau Juno, und die an seiner Linken sich über einem liegenden Putto vorbeugende Gestalt Venus. Über dem Kopf der thronenden Frauengestalt, der alle Götter, die sich offenbar ihr zu Ehren versammelt haben, zugewendet sind, schüttet ein Putto das Füllhorn aus, und von der linken Seite fliegt ihr ein anderes beflügeltes Kind zu und reicht ihr einen Kranz. Die Dame thront vor einer Leh­ne, die an das muschelartige Gebilde erinnert, in dem auf dem vorhin behandelten Thesenblatt die Kaiserin Margarita als Perle dargestellt ist. Es drängt sich deshalb der Gedanke auf, ob sich nicht auch diese Zeichnung - zweifelsohne nur der obere Teil einer größeren hochformatigen Komposition - zur jungvermählten und schwangeren Kaiserin in Bezie­hung steht und ob es sich nicht um eine ursprüngliche, ab­gelehnte Variante der oberen Partie des Thesenblattes des Herzogs von Holstein-Sonderberg handelt. Für ein Werk Skrétas wurde bis vor unlängst eine Zeich­nung gehalten, die jedoch zweifelsohne richtig als Spillen­bergers Entwurf zu einem Thesenblatt erkannt wurde. 12 Diese Vermutung läßt sich noch durch weitere Analogien bekräftigen, zum Beispiel durch Spillenbergers Zeichnung mit dem Raub der Sabinerinnen, besonders wegen der für Spillenberger charakteristischen Summarisierung der Gestalten, die allerdings auf der Berliner Zeichnung wegen ih­rer Schlankheit Schönfelds Einfluß verraten. Die Formen der Prager Zeichnung sind beträchtlich gedrungener. Inhaltlich ist das Blatt ziemlich unklar. Daß es sich dabei ebenfalls um einen Thesenblatt-Entwurf handelt, darüber läßt der Jüngling mit entfaltetem Velum keinen Zweifel aufkom­men. Er wendet sich demütig gebeugt drei Gestalten zu, ei­nem stehenden und zwei knienden, von denen eine die Hände auf eine Kugel, wohl einen Globus, legt. Hinter ihnen thront unter einem Baldachin, auf dem ein leeres Wappenschild an­gebracht ist, ein Prälat, der aber keine eindeutige Abzeichen seines Amtes trägt. Die anliegende Kappe könnte sogar auf einen Papst deuten, aber eher kommt ein Abt in Frage. Mit dem Ausstrecken des Zeigefingers seiner Rechten erteilt er offenbar einen Befehl an den wegschreitenden Mann mit ei­ner Platte in den Händen, wahrscheinlich einem Architekten, dessen Entwurf zu einem Bau, der rechts von Steinmetzen in Angriff genommen wurde, er zur Ausführung approbierte. Auch der über dem vermutlichen Baumeister fliegende kleine Engel trägt wahrscheinlich einen eingerollten Plan. Die An­deutung der auf einer Wolke sitzenden Figuren ist zu flüchtig, um ihren Sinn feststellen zu können. Da die mittlere von ih­nen viel kleiner als die Seitenfiguren ist, könnte es sich dabei vielleicht um die Heilige Anna und Maria mit dem Jesuskind in der Mitte handeln. Viel ausgeprägter sind die energisch und kontrastreich modellierten Körper der Steinmetzen und Bauarbeiter, unter denen auch einige Frauen erscheinen. Alle drei Blätter stellen Spillenbergers Erfindungsgabe und Zeichenkunst auf dem Gebiet der allegorischen Kom­positionen der Thesenblätter ins günstigste Licht und steuern dem Ruhm eines der originellsten deutschen Zeichners des 17. Jahrhunderts bei.

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