Nagy Ildikó szerk.: A Magyar Nemzeti Galéria Évkönyve 1980-1988 (MNG Budapest, 1989)
Buzási, Enikő — Jávor, Anna: BAROCKMONUMENTALITÄT UND BÜRGERLICHE INNERLICHKEIT IN DER UNGARISCHEN MALEREI ZUR ZEIT DER AUFKLÄRUNG
1785 siegreich hervorging und mit der Anfertigung des Hochaltarbildes der Kirche von Pápa beauftragt wurde. Das Hauptwerk seines Mäzenatentums ist das Lyzeum von Eger. í Károly Esterházy wollte in Eger eine den Anforderungen der Zeit entsprechende Universität gründen, die mit ihren vier Fakultäten die Alleinherrschaft der Universität von Nagyszombat (Trnava, CSSR), die später nach Buda übersiedelte, brechen sollte. Kaum lagen die Entwürfe des Gebäudes, eine Arbeit von Joseph Gerl und Jakob Fellner vor (1763), da lehnte Maria Theresia die Bestätigung der Universitätsprivilegien der Institution ab, weshalb deren Funktion und Wirkungskreis unter der Herrschaft Josephs II. weiter abnahmen. Trotzdem gab Esterházy seine Pläne nicht auf und ließ seine zweistöckige, auch mit einer „Sternwarte" ausgerüstete Schule gemäß seiner maximalen Konzeption weiterbauen, einrichten und ausschmücken. Die Ausmalung der beiden repräsentativen Säle und der Kapelle dauerte von 1778 bis 1793. Die Arbeit begann man mit der Bibliothek, die über eine vortreffliche Einrichtung und Sammlung verfügt. Der Bischof beauftragte Johann Lucas Kracker, der in Wien geboren wurde, auch dort studiert hatte und seit 1765 im Dienst Esterházys stand, 6 mit der Darstellung des Konzils von Trient an der Decke der Bibliothek, in einer epischen, historischen und didaktischen Ausführung. Das Thema bereitete dem Maler Schwierigkeiten. Er verdankte seinen guten Ruf seinen prächtigen Fresken in Prag und in Jászó (Jasov, CSSR), doch zu jener Zeit malte er mehr oder minder kraftlose spätbarocke Altarbilder. Sein Gönner schickte ihn daher nach Wien, damit er dort authentische Gemälde und Stiche über den Auftakt der Gegenreformation studieren konnte. Kracker griff in der Tat zu einem graphischen Vorbild, zu einem jener Blätter, die die Schlußsitzung des Konzils darstellen und bereits 1563 verbreitet und kopiert wurden. 7 Wie er die Vorlage zu einer Komposition für die Saaldecke umgestaltete, das zeigt wieder hohes technisches Können. Unter anderen gelang ihm die Auflockerung der eintönigen Reihen der Anwesenden durch geistreiche Porträt-Darstellungen einiger bekannter Persönlichkeiten der damaligen Stadt Eger (Erlau). Die zentrale Anordnung des Jesuitenpaters Salmeron, der am Rednerpult spricht — vor ihm eine Bibel, ein Immaculata-Bild und die Summa theologica des HL Thomas von Aquino —, zu seiner Linken der Sekretär des Konzils, der Bischof von Theles, rechts von ihm der Gesandte des spanischen Königs Philipp IL, die Auswahl der vier Dekrete, die in den vier Ecken durch selbständige Szenen illustriert werden, und zwar über die Priesterweihe als Vorrecht des Bischofs, den Index der verbotenen Bücher, das Sakrament der letzten Ölung sowie über die Verehrung der Bilder und der heiligen Reliquien, weisen allesamt auf die aktuellen Kämpfe von Bischof Esterházy hin. Die große Sensation des Freskos ist die gotische Schein-Architektur, ein Werk des mährischen Gehilfen Krackers, Joseph Zach, sie hat aber mit dem historischen Schauplatz des Konzils, dem Renaissancebau der Santa Maria Maggiore in Trient nichts zu tun. Zach war ein — zumeist klassizisierender — Architekturmaler, der seinem älteren und konservativeren, Figuren malenden Meister in stilistischer Hinsicht jeweils um einen Schritt voraus war. Dank der phantastischen trompe-l'oeil-Malerei und der sorgfältigen Ausführung der Figuren war das Fresko über das Tridentinum bereits im 18. Jahrhundert als ein solches historisierendes Frühwerk angesehen, dessen zeitgemäße Ausarbeitung der retrograden Themenwahl die Waage hält. 8 Der Bischof hat Kracker das Programm für die folgenden beiden Fresken des Lyzeums sowie für die ganze Pfarrkirche in Pápa vorgelegt, doch starb dieser 1779 unerwartet. So lud Esterházy Franz Sigrist aus Wien ein, einen Meister origineller, winziger Grisaille-Entwürfe und großangelegter Rokokofresken, damit er die Decke des Prüfungssaals der ,,Universitas" von Eger mit den Bildern der Vier Fakultäten 1781 schmückte. 9 Den malerischen Traditionen des Themas den Rücken kehrend, wollte Esterházy statt allegorischer Gruppen eine illustrative, allgemeinverständliche und lehrreiche Interpretation haben, mit Hilfe wirklichkeitstreuer Szenen aus der Praxis der Wissenschaften. Es sollte ein enzyklopädischer Lehrplan werden unter heiterem blauem Himmel, an zentraler Stelle die göttliche Weisheit, symbolisiert durch die Sonne mit dem eingeschriebenen Dreieck und dem Auge Gottes. Als Vorbild galt das Fresko in der Aula der Universität zu Wien, das 1755 aufgrund des ,,conceptus" von Metastasio, von Gregorio Guglielmi gemalt wurde. 10 Die Philosophische Fakultät erscheint als eine Gruppe von Menschen mit verschiedenen naturwissenschaftlichen Instrumenten (mit physikalischen, astronomischen, geometrischen, geodätischen), die Anatomie, eigentlich eine Sezierszene, vertritt die Medizinische Fakultät, die in Eger eine besondere Wichtigkeit besaß, zumal die Ausbildung von Medizinern im Jahre 1769 erstmals in Eger begann, ein Diplom durfte allerdings von 1771 an nicht mehr ausgestellt werden, infolgedessen hörte der Unterricht bald auf. Die Theologie wurde als eine Disputation dargestellt, unter Teilnahme der vier lateinischen Kirchenväter und der Evangelisten. Die Rechte werden außer einer Justitia-Figur durch die Sitzung der Septemvirn vergegenwärtigt, sie mußte von Sigrist persönlich in Pest beobachtet werden. Auf Anweisung Esterházys mußte der Maler jedweden Fehler in den Details korrigieren, nicht nur an den Skizzen, sondern auch am Fresko selbst. Dank der engen Zusammenarbeit zwischen Mäzen und Künstler schuf Sigrist hier ein Hauptwerk, ein „aufgeklärtes" Fresko, das den Sinn der Aufklärung voll und ganz erschöpfte, jedoch sich als einsames und letztes Stück in seiner bereits anachronistischen Gattung erwies. Das von Franz Anton Maulbertsch gemalte Kapellen-Fresko des Lyzeums in Eger aus 1793 kann als Ausklang der Barockkunst und des Lebenswerks seines Mäzens und Malers angesehen werden. 11 Sein Programm will je einen lokalen bzw. nationalen Akzent in der Darstellung der Heiligen im Himmel zur Geltung bringen: einerseits durch die Glorifizierung des Hl. Johannes des Evangelisten, des Schutzheiligen der mittelalterlichen Kathedrale der Stadt, andererseits durch die Hervorhebung der Gruppe der ungarischen Heiligen über dem Stephansaltar. In der letzten Periode seiner langen Laufbahn kämpfte Maulbertsch gegen sein eigenes koloristisches, visionäres Genie, um dadurch einen Kompromiß mit den neuen Lehren des Klassizismus zu erzielen. Hier scheinen seine eigenen Figuren, seine eigenen Geschöpfe, ja sogar die gesamte Barock-Rokoko-Scheinwelt des ganzen 18. Jahrhunderts mit Hilfe der strengen Komposition und der durch die antikisierende Moderne heraufgespielten Konturlinien in Anführungszeichen gesetzt zu werden. Die Bilanz über die Fresken des Lyzeums von Eger haben