Nagy Ildikó szerk.: A Magyar Nemzeti Galéria Évkönyve 1980-1988 (MNG Budapest, 1989)
R. Várkonyi, Ágnes: VARIATIONEN ÜBER DIE UNGARISCHE GESCHICHTE: DIE BILDER DER AUSSTELLUNG. UNGAR 1526-1790
Interessen. Großwardein und Neuhäusel blieben in türkischen Händen. Oberungarn wurde vom westlichen Teil des Königreichs völlig isoliert, wurde praktisch zu einem gesonderten Landesteil, in dem — kraft ihrer ausgedehnten Besitzungen — die Witwe nach Fürst György Rákóczi, Zsófia Báthory, und ihr Sohn Befehlsgewalt ausübten. Der Krieg hatte der Gesellschaft des ungarischen Hochadels viel abverlangt, sie zahlten Steuern, stellten Truppen, kauften Waffen, verpflegten das Heer. In den Kämpfen waren György Esterházy, István Koháry und der junge László Rákóczi gefallen, andere wurden gefangengenommen. In der Politik der Gesellschaft des Hochadels bewirkte der Fehlschlag der Unternehmung gegen die Türken einen schwerwiegenden und tragischen Bruch. Die Angehörigen des Hochadels, die nach dem auf der Jagd erfolgten Tod Miklós Zrínyis ihren berufenen Führer und mit dem Abkommen zwischen Türken und Habsburgern die Möglichkeit des gesetzlichen Handelns verloren hatten, entschlossen sich nach verschiedenen internationalen Versuchen zu einem verzweifelten Schritt. Sie versuchten durch eine Sondervereinbarung mit der Pforte mit einer auf einmal zu leistenden Steuer die Dörfer und Städte des Königreiches und ihre Besitztümer vor den verheerenden Auswirkungen der regelmäßigen türkischen Einfälle zu retten. Palatin Wesselényi war gestorben (1667). Die Konspiration, der es an einer einheitlichen Führung mangelte, wurde 1670 von den kaiserlichen Truppen aufgerollt. Landesrichter Nádasdy, der Banus von Kroatien Péter Zrínyi, Ferenc Frangepán und der steirische Edelmann Erasmus Tattenbach wurden vors Gericht zitiert und hingerichtet. Ungarns Verfassung wurde außer Kraft gesetzt, das Land dem Gouverneur unterstellt. Ein einziger Würdenträger. Erzbischof György Szelepcsényi, blieb im Amt. Das ungarische Militär der Grenzfestungen, an die zehntausend Soldaten, wurde entlassen. Vors Gericht wurden auch die protestantischen Seelsorger gestellt. Wer auf seinem Glauben beharrte und das Land nicht freiwillig verlassen hatte, dem wurde das Schicksal der Galeerensklaven zuteil. 49 Inzwischen vermochte Fürst Apafi, sein Land zu konsolidieren. Er nutzte die Bemühungen des französierten Königs Ludwig XIV. aus, im Kampf um die Vormachtstellung im Rücken des Habsburgerreiches eigene Stützpunkte auszubauen, und schloß das französisch-siebenbürgische Bündnis (1675—1678). An der Grenze Siebenbürgens organisierten sich die Flüchtlinge unter dem Schutz des Fürstentums zu Truppen. 1678 begann der junge Imre Thököly, verstärkt mit französischen und polnischen Hilfstruppen, mit dem Heer der Flüchtlinge einen erfolgreichen Feldzug gegen das Königreich. Er heiratete die Witwe nach Ferenc I. Rákóczi, Ilona Zrínyi, und baute in Oberungarn seine Macht stabil aus. Auf dem Landtag zu Sopron (Ödenburg, 1681) konnte das im Viertel-Landesteil entstehende neue Machtgebilde durch den neuen Kompromiß der ungarischen Stände, durch die in Schranken gesicherte Religionsfreiheit und durch die Heirat des neuen Palatins Pál Esterházy mit der Schwester Thökölys nicht mehr verhindert werden. Großwesir Kara Mustafa hatte nämlich Thököly als Fürsten von Oberungarn anerkannt (1682), weil das auch von der französischen Politik nicht unabhängig mit dem inneren Zerfall ringende Osmanenreich seine Kräfte mit einen Eroberungsfeldzug, mit der Belagerung Wiens (1683), zu neuem Leben zu erwecken hoffte. 50 Am 12. September 1683 befreiten die Truppen von Herzog Karl von Lothringen und dem polnischen König Jan Sobieski die belagerte Kaiserstadt und errangen bei Párkány erneut einen entscheidenden Sieg über die Türken. Im Frühjahr 1684 entstand unter der Schirmherrschaft von Papst Innozenz XI. die Heilige Liga, das Bündnis des Habsburgerreiches, Venedigs, Polens und — von 1686 an — Rußlands. 51 Ungarn langte an einer der größten Wenden seiner bisherigen Geschichte in vier Teile zerrissen, mit einer müde gewordenen Politikergarde an. Palatin Pál Esterházy war ziemlich der einzige unter den Angehörigen des ungarischen Hochadels, der am Entsatz Wiens teilgenommen hatte und auch verletzt worden war. Im Herbst 1684 war er im Lager der Belagerer von Buda mit einem ziemlich großen Heer angelangt, während der in eine Niederlage mündenden Belagerung mußte er jedoch zur Überzeugung gelangen, daß er keine Möglichkeiten hatte, an der Lenkung des Krieges seinem Rang entsprechend als Vertreter seines Landes teilzunehmen. 52 Thököly hatte mehrmals versucht, mit seinem Heer von 20 000 Mann als Angehöriger der Heiligen Liga gegen die Türken zu kämpfen, dieser Plan ist aber, obgleich ihm der polnische König Jan Sobieski und Herzog Karl von Lothringen gern geholfen hätten, mißlungen. Der Pascha von Großwardein stellte ihm im Herbst 1685 eine Falle, und als er Anfang 1686 freigekommen war, kämpften seine Soldaten schon in kaiserlichen Divisionsverbänden. Siebenbürgen konnte sich, von den türkischen Festungen und den Krimtataren in die Zange genommen, dem Bündnis nicht offen anschließen. Im Sinne eines im Sommer 1686 geschlossenen Geheimabkommens half aber Apafi mit Geld und Verpflegungsmitteln, und die Heilige Liga nahm in den Friedensvertrag, der dem Krieg ein Ende setzte, auch die Interessen von Siebenbürgen auf. 53 Im Sommer 1686 hat ganz Europa seine Söhne nach Buda entsandt. Um die Rückeroberung des einstigen Sitzes der ungarischen Könige kämpften 14 — 20 000 ungarische Soldaten. Der 21jährige Oberkommandant von Transdanubien. Ádám Batthyány kämpfte mit seinen Kavalleriedivisionen im Truppencorps zum Schutze der Belagerer gegen das Entsatzheer. Der betagte János Esterházy, der noch in Zrínyis Krieg 1663—1664 die Kriegskunst erlernt und sein langes Leben als Vizegeneral der Burg von Győr (Raab) verbracht hatte, startete von der zur Donau gehenden Seite der Burg, koordiniert mit dem Angriff durch das Hauptheer, den Sturm. In diesem Ansturm, der gewaltige Menschenopfer forderte, fiel sein jüngerer Bruder Mihály Esterházy. 54 Nach der Rückeroberung von Buda dauerte der Krieg noch anderthalb Jahrzehnte an. Aristokraten und Adlige kämpften in den kaiserlichen Truppenverbänden. Viele sind gefallen, wie Ádám Zrínyi, Sohn des Banus Nikolaus, andere erlitten schwere Verletzungen wie Miklós und Ferenc Pálffy. Antal Esterházy fiel in türkische Gefangenschaft, der Sohn von Péter Zrínyi, János, ein guter Freund des Vizepräsidenten des Kriegsrates Zdenko Caplier und des Generals Leslie, wurde unter Anklage der Verschwörung verhaftet, und die Riegel seiner Gefangenschaft wurden erst vom Tod gesprengt. 55 Ungarn brachte riesige Opfer. Es war 17 Jahre lang Kriegsschauplatz und Hinterland zugleich. Es zahlte einen an Blut und Geldopfern, an Leid und an menschlicher Anstrengung unaussprechlich hohen Preis dafür, daß die