Pogány Ö. Gábor - Csengeryné Nagy Zsuzsa dr. szerk.: A Magyar Nemzeti Galéria Évkönyve 1. szám. (MNG Budapest, 1970)

Ks ist <ïin schwieriges Unternehmen dit; Zeichnungen in einer Weise zu analysieren, dass die Schritt Mihály Zichys reife, und dennoch von jugendlichem Schwung zeugende; Kunstschöpfung getreu zum Ausdruck bringt. Die bild­kunstmässigen Interpretationen literarischer Werke ­u. zwqselbst die besten — erfassen meist nur einen ein­zigen charakteristischen Moment der Handlung. Bei Zichys Faust-Illustrationen aber stellen die Bilder den räumlichen und zeitlichen Verlauf der Handlungen dar. Heute, wo mit der fortschreitenden Entwicklung unserer Buchkunst die Illustration immer mehr an Bedeutung gewinnt, und sie in wachsendem Masse zu einer selbstständige Kunstart wird, wäre es lohnend und lehrreich, sich mit den Faust­Illustrationen Mihály Zichys eingehender zu befassen. Schon beim ersten Anblick fällt es auf, wie sehr diese Zeich­nungen auch heute noch, also neun Jahrzehnte nach ihrer Entstehung modern sind. Die darstellerische Auffassung, die ökonomische Wortkargheit und virtuose Linienfüh­rung entsprechen in jeder Hinsicht den Anforderungen der modernen Technik von Federzeichnungen. In diesem kurzen Aufsatz soll nur eine teilweise Lösung dieser Aufgabe versucht werden. Ich wähle hierzu 5 Zeich­nungen — die Stücke X —XIV der Bildfolge — aus, welche aber auch insich ein geschlossenes Ganzes, die Introduktion der eigentlichen Handlung im Drama, darstellen. Unter den ausgewählten Zeichnungen stellt die erste jene Szene dar (Abb. 71.), wie Faust und sein Famulus Wagner am Abend von ihrem Spaziergang vor dem Stadttor heim­kehren. Grübelnd disputiert Faust mit Wagner über die Zweiheit der Seele, deren einer Teil sich nach irdischer Lust sehnt, während der andere Teil vor der Erde weg nach höheren Zielen strebt. In diese Gedanken mischt sein romantisches Gefühl mit Zweifel und mit mystischer Furcht. Wagner warnt den Meister vor der trügerischen Versuchung der Geister, wobei er, um das Grübeln abzubrechen, sagt : „Doch gehen wir ! Ergraut ist schon die Welt, Die Luft gekühlt, der Nebel fällt. Am Abend schätz man erst das Haus! —" Aber als er sieht, dass Faust etwas scharf beobachtet, fährt er mit den Worten fort : „Was stehst du so und blickst erstaunt hinaus! Was kann dich in der Dämmrung so ergreifen /" Faust erwidert fragend : „Siehst du den schwarzen Hund durch Saat und Stoppel streifen !" Auch Wagner sieht den Hund, doch legt er ihm keine Wichtigkeit bei. Faust hingegen, der in wenig mysti­schen Welt lebt, sieht in dem Hund irgend ein Phantom, Welches „. . .wie in weitem Schneckenkreise . . .um uns her und immer näher jagt. . . ", und glaubt einen,, .... Feuer­strudel auf seinen Pfaden hinterdrein" zu erblicken. Ihm scheint „. . .dass er magisch leise Schlingen Zu künftgem Band um unsre Füsse zieht' 1 . Wie aber der Hund sich ihnen nähert weicht auch Faustens abergläubische Furcht. Er lockt den Hund heran und spricht fast beruhigt : „Du hast wohl recht ; ich finde nicht die Spur Von einem Geist, und alles ist Dressur." Wagner redet dem Meister zu, den Hund nach Hause; mit­zunehmen und sagt : „Ja deine Gunst verdient er ganz und gar, Er, der Studenten trefflicher Scholar." Fausts verstörter Seelenzustand und Wagners gleichmü­tige Ruhe stehen in krassem Gegensatz zu einander. Dies spiegelt sich auch in der Bewegtheit der ersten Zeichnung, und wird auch durch die Beleuchtung betont. Schon ver­schwand die Sonne am Horizont, nur ihr glühender Wider­schein ist noch zu sehen. Das Licht fällt so, dass die Gestalten von Faust und Wagner lange Schatten werfen. Auf die nur zu ahnende hochragende Burg senkte sich schon das Dunkel der Dämmerung. Am linken Rande des Blattes nähert sich bald springend, bald kriechend der Pudel. In seiner Bewegung, an der ganzen Körperhaltung ist zu erkennen, class er im Laufen einen grossen Kreis beschreibt. Dieses Kreisen, welchem auch die Linie der Hügel im Gelände folgen, erweckte in Faust das Gefühl, als ob seine Beine; mit Schlingen gebunden würden. Der dahinstürmende Hund wirbelt den Staub des Weges hoch, und das purpurne Licht der scheidenden Sonne fällt auf diese Staubwolke. Das also wird in Faustens Phantasie; zum „Feuerstrudel". Die Zeichnung gibt damit eine wirk­lichkeitsnahe Erklärimg zu Fausts Vision. Die Zeichnung bietet hier durch Erklärung und visuales Nachempfinden des Textes, sie ist nicht einfach die Begleitung des gespro­chenen Wortes, sondern dessen gleichwertiger Partner. Auch ist aus dem Bild zu verstehen, dass Faustens Furcht nicht unbegründet ist. In Haltung und Bewegung, in dem gedeckten Herumstreifen ist etwas furchterregendes. Er könnte ebenso gut ein reissendes Tier, wie ein nach der Spur seines Herren suchender, erschreckter Hund auch sein. Diese beiden Möglichkeiten spiegeln sich in der Zeichnung auch im Gesiehtsausdruek und an der Körper­haltung von Faust imd Wagner wider. Fausts rechter Arm zeigt mit einer schroffen Bewe;gung auf den kreisend sich nähernden, sich duckenden und trotzdem bedrohlichen TU

Next

/
Thumbnails
Contents