Takács Imre szerk.: A Magyar Mezőgazdasági Múzeum Közleményei 1973-1974 (Budapest, 1975)

Einige Fragen der wirtschaftlichen-gesellschaftlichen Entwicklung Ost-Europas (Mit besonderer Rücksicht auf die Agrarverhältnisse)

über die polnische Ebene und Moldau, im Halbkreisbogen bis zum Karpatenbecken in die nord- und süddeutschen Städte und Norditalien. Auf dem gleichen Gebiete meldete sich auch die Anfrage nach Getreide, vor allem vom 17. Jahrhundert. Die landwirtschaftliche Marktproduktion und die in grosser Menge erfolgende Ausfuhr ruft eine eigenartige, für diese Gebiete charakteristische Ansiedlungsform, die Marktflecken ins Leben, die weder als richtige Städte noch als richtige Dörfer betrachtet werden können. Dort, wo die Wasserstrassen einen „billigeren Transport ermöglichten, vor allem also in Ost—Deutschland, Polen oder in den an denen Flüssen gelegenen Gebieten, die in die Ostsee oder andere Meere mündeten, entwickelten sich infolge der Anfrage (und gleichzeitig durch die Inflation im 16. Jahrhundert angespornt) die Gutswütschaften und die an diese aufgebaute Gutsherrschaft. Durch diesen Einfluss veränderte sich von dieser Zeit die im Grunde genommene östliche Entwicklung in den Randstreifen von Osteuropa, d.h. im Baltikum, Polen, Ungarn, Kroatien und Slawonien, also in jenen Gebietsteüen, die teüweise auch vom römischen Einfluss berührt waren und das westliche Christentum (und damit die westeuropäischen Elemente der gesellschaftlichen Einrichtung) angenommen haben, stark. Neben der Annahme des westlichen Christentums und einigen römischer Traditionen (zB. Pannonién usw.) wurde dies grundsätzlich dadurch gefördert, dass die in grosser Anzahl aus Westeuropa auswandernde Bauernschaft (vor allem Bauern deutscher Abstammung) in diesen Gebieten sesshaft wurde und als Träger und Repräsentant des westlichen EntwicklungsmodeUs auftrat (zB. die Dörfer mit „deutschem Recht" in Polen usw.). Die Einschaltung des westlichen Randgebietes von Osteuropa in die Wirtschaft Westeuropas breitete sich im Laufe des 18. Jahrhunderts auf weitere Gebiete aus, als sich nämlich der westeuropäische Einfluss durch die WoUe—Konjunktur (die Textüindustrie von Westeuropa) auch auf solche Gebiete verbreitete, in denen früher davon überhaupt keine Rede sein konnte. Die Bedeutung dieser Epoche besteht eben darin, dass Gebiete, die früher unberührt waren, in den wirtschaftlichen Einflussbereich Westeuropas einbezogen wurden, weiter darin, dass dadurch kapitalstarke Grossbetriebe auf den Weg der Modernisierung gelenkt wurden. Als Folge all dieser Umstände verbreiteten sich viele Züge der typischen west-europäschen Entwicklung, obwohl diese Gebiete im Grunde ihren östlichen Typ weiterhin beibehielten. Daraufweist es hin, dass auch die Aufhebung der Leibeigenschaft von oben aus, also durch Reformen, die - wider der grossen Anzahl der Adeligen ­aufgrund staatlicher Massnahmen durchgeführt wurden, erfolgte. In den kontinentalen Gebieten Osteuropas, die von den Wellen der Getreide- und Wolle-Konjunktur nicht berührt wurden und das östliche Christentum angenommen haben, machten sich diese Wükungen nicht bemerkbar. Hier büeb der Bauer bis ende des 19. Jahrhunderts praktisch ein in Dorfgemeinschaft lebender Sklave. Die ganze Struktur dieser Gesellschaft war anders als ifi Westeuropa. Es fehlte die Ständeordnung, der Adel büeb ein dienender Adel, der Bauer wurde ­unabhängig vom Boden - verkauft-gekauft und auch aus den Handwerkern wurden keine städtischen Bürger im westeuropäischen Sinne. Es fehlten auch - als Zentren der Industrie und des Handels - die Städte westlicher Prägung. Nur die militärischen Interessen des Staates setzten etwas Entwicklung in Gang (zB. die Reformen von Peter d.Gr.), die Wirtschaft selbst wurde aber dadurch im Grunde nicht verändert, da nur solche Industriezweige eingeführt wurden, die vom militärischen Standpunkte wichtig waren. Alle sonstigen Produkte wurden auch weiterhin von der traditionellen Heimindustrie hergestellt. Diese Lage wurde erst durch die Welle der Eisenbahnbauten verändert, wodurch der grössere, also kontinentale Teü Osteuropas (durch die starken Erschütterungen, wie Bauernaufstände in Rumänien und Russland) in den Anziehungsbereich der westeuropäischen Wirtschaft eingeschaltet wurde. Die Abhandlung hebt nur einige wichtige Fragen aus der Zeit der kapitalistischen Entwicklung hervor. So vor allem die Bodenfrage, von der festgestellt wird, dass sie ein typisches osteuropäisches Problem darstellt, das durch die - infolge des Zurückbleibens der Industriaüsierung - angestaute landwütschaftüche Bevölkerung und durch das Steckenbleiben der Bauernschaft im Agrarsektor hervorgerufen wurde. Die moderne Industrie wurde - besonders in den westlichen Randgebieten Osteuropas -nicht so sehr unter Einfluss der Anziehungskraft des inneren Marktes, vielmehr aber für die Ausfuhr ins Leben gerufen. Die Bauernschaft wurde praktisch nicht zum Verbraucher der Industrie. Insolange also, bis die alte Agrarstruktur durch die Bodenreforme nicht zerschmettert und dadurch der innere Markt nicht erweitert wurde, liess auch die Entwicklung der Industrie und damit die Lösung der Bodenfrage auf sich warten.

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