Wellmann Imre szerk.: A Magyar Mezőgazdasági Múzeum Közleményei 1971-1972 (Budapest, 1973)
Kósa, László: Kartoffelanbaugebiete in Ungarn am Ende des
KARTOFFELANBAUGEBIETE IN UNGARN AM ENDE DES 19. UND IN DER ERSTEN HÄLFTE DES 20. JAHRHUNDERTS LÁSZLÓ KÓSA (Budapest, Hungary) Die ersten Spuren des Kartoffelanbaus in Ungarn stammen aus der Mitte des 17. Jahrhunderts. Damals gelang es aber noch nicht, diese Pflanze einzuführen, rund ein Jahrhundert mußte verlaufen, bis die Kartoffel in Ungarn Verbreitung zu finden beginnt. Von der Mitte des 18. Jahrhunderts an regten staatliche Erlasse zum Kartoffelanbau an, ihre Aussaat wurde in einigen Wirtschaften sogar verbindlich vorgeschrieben. Sie fand eine Vielzahl freiwilliger Verbreiter: Studenten, Pfarrer, aufgeklärte Gutsbesitzer, Soldaten, die in den westlichen Ländern erfahren haben, was für eine nützliche Pflanze die Kartoffel ist. Ähnlich jedoch der früheren oder späteren Situation in beliebigem europäischem Land, befreundeten sich die Bauern recht schwer mit dem Anbau und dem Verbrauch dieser Pflanze, die sich mit anderen, angewöhnten Nahrungen nicht vergleichen Heß. Etwa vom zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts an können wir davon sprechen, daß die Kartoffel im Gebiet des ganzen damaligen Ungarns bekannt und angebaut ist. Zu dieser Zeit kann man noch nicht von Kartoffelanbaugebieten sprechen, keine Landschaft hebt sich mit größerer oder kleinerer Produktion hervor. Der Differenzierungsprozeß setzt erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts ein. Diese Periode ist die grundlegende Phase der modernen ungarischen Stadtentwicklung. Die Stadtbevölkerung nimmt beträchtlich zu, neue Industriezentren entstehen, die Zahl der Erwerbstätigen außerhalb der Landwirtschaft steigt an. Nun kommt die Kartoffel zu wirklich großer Bedeutung. Es wiederholt sich dasselbe, was in den westlichen Ländern früher stattfand: man braucht billige Volksnahrung in bedeutender Quantität, und dazu scheint die Kartoffel die geeignetste zu sein. 1 Zwischen 1880 und 1915 verdoppelte sich die Anbaufläche der Kartoffel in Ungarn, sie betrug in den Vorkriegs jähr en, vor dem Jahre 1914 etwa 1 Million Katastraljoch. Die erhebliche Zunahme der Kartoffelanbaufläche paßte in die Reihe der grundlegenden Veränderungen der ungarischen Landwirtschaft hinein. Von der Mitte des vorigen Jahrhunderts an setzte ein bedeutender Intensivierungsprozeß ein. dessen wichtigen Teil die Einführung neuer Vieh- und Pflanzensorten, sowie die Begründung der heute weltberühmten Obst- und Gemüsekulturen ausmachten. Die vorwiegend auf SelbstveriMeinem Text liegt ein Auszug aus einigen Kapiteln meiner in Handschrift vorliegenden Dissertation zugrunde, die die Geschichte und Ethnographie der ungarischen Kartoffelkultur behandelt. 28 433