Technikatörténeti szemle 19. (1992)
KÖNYVISMERTETÉS - Papers of the First „MINERALKONTOR” International Conference on the History of Chemistry and Chemical Industry (Veszprém, 12-16 August, 1991)
der nationalsozialistischen Machtergreifung eine Zäsur erfolgte. Im Gegenteil: Das Programm mündete direkt in die Rüstungspolitik des 3. Reiches. Die Quantität der Forschung sagt jedoch nichts über die Qualität aus. Der Effekt des Metallforschungsprogramms läßt sich nur schwer abschätzen, da sich der Fortschritt allenfalls in kleinen Schritten voüzog. Zudem müssen Veränderungen auf der Ebene der Betreibs- bzw. Produktionsorganisation in die Betrachtungen einbezogen werden. Das wissenschaftliche Ziel, metaüische Werkstoffe gewissermaßen auf dem Reißbrett entwerfen zu können, wurde vor 1945 jedenfalls nicht erreicht. Eine abschließende Bewertung des Metallforschungsprogramms kann nicht Aufgabe dieses Beitrages sein. Das muß zukünftigen wissenschaftshistorischen Studien vorbehalten bleiben. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt lassen sich jedoch bereits zwei Aussagen treffen: 1) Staat, Industrie und Wissenschaft rückten nach dem 1. Weltkrieg zusammen. Die wechselseitigen Beziehungen wurden intensiviert und systematisiert, ähnliche Zielvorsteüungen artikuliert. („Gemeinschaftsarbeit") Das fiel nicht besonders schwer, denn Beamte, Industrielle und Wissenschaftier besaßen gemeinsame Welt- und Feindbüder. AUe beteüigten Gruppen waren sich darin einig, daß man im Kampf gegen die Gefahren von innen („Proletarisierung") und von außen ("Kolonialisierung") im Sinne eines imaginären „Volkswohls" zusammenstehen müsse. Angesichts dieser zumindest partieüen Interessenkongruenz konnten alle mit dem Konstrukt der „Selbstverwaltung" in der Notgemeinschaft leben. Diejenigen, die wie Walther Adolf Roth zugleich Mitglied der Koordinationsgremien wie auch Nutznießer der Verteüungspolitik waren, wußten um ihre nationale/whtschaftliche Verantwortung. Über einen längeren historischen Zeitraum betrachtet wurde in den 1920er und 1930er Jahren ein großer Schritt in Richtung „Industrialisierung der Wissenschaft" bzw. „Verwissenschaftlichung der Industrie" getan. 2) Auf dér anderen Seite darf man den Organisationsgrad der Metallforschung nicht aüzu hoch ansiedeln. Die Notgemeinschaft tastete mit ihren Schwerpunktprogrammen traditionelle institutionelle Strukturen nicht an, sondern sorgte lediglich für einen konstanten Informations- und Geldfluß. Insofern wurde der Differenzierungsprozeß in der Gesellschaft bzw. in der Wissenschaft nur korrigiert, nicht aufgehoben. Abschließend bleibt zu hoffen, daß dieser Beitrag Informationen über die Entwicklung der Metallforschung im allgemeinen und der Thermochemie im besonderen in der Zwischenkriegszeit vermitteln bzw. einige Anregungen für zuldinftige wissenschaftshistorische Studien geben konnte. Anmerkungs- und Literaturverzeichnis 1. Roth, Walther Adolf: Fortschritte auf dem Gebiet der Thermochemie. In: Zeitschrift für angewandte Chemie 41. (1928) S. 397 2. Roth, Walther Adolf: Zweiter zusammenfassender Bericht über die Fortschritte der Calorimetrie und der Thermochemie in den letzten Jahren. In: Zeitschrift für Elektrochemie 41. (1935) Nr. 2. S. 114 3. Obwohl das grobe Intern-Extern-Modell mittlerweile systemtheoretisch verfeinert wurde, benutze ich es hier aus Gründen der Übersichtlichkeit. (Siehe: Krohn, Wolfgang - Küppers, Günter: