Weiner Mihályné szerk.: Az Iparművészeti Múzeum Évkönyvei 10. (Budapest, 1967)

IPARMŰVÉSZETI MÚZEUM - MUSÉE DES ARTS DÉCORATIFS - Sz. Koroknay, Éva: Der Einband des „Pálóczi-Missale"

Die Einbanddeckel dieses in Ungarn angefertigten und im Hinblick auf die Besitzer stets in Ungarn benützten, wertvollen Bandes kann man in keine der heute bekannten Werkstatt gruppén mit voller Sicherheit einreihen, ob­wohl die Komposition der Einbanddeckel, sowie die Ornamentik der Stempel zahlreiche Übereinstimmungen mit zeitgenössischen ungarischen Einband­deckeln aufweist. Nach dem Stil der Einbanddeckel dürften sie am Ende der 80er Jahre des XV. Jh., um 1490 entstehen. Dieser Bestimmung liegt die Tatsache zu Grunde, dass der Spiegel des Vorderdeckels der gotischen Gliede­rung entsprechend in diagonale Felder aufgeteilt ist, in welchen je eine Rosette steht. Die Kreisverzierung des Hinterdeckels entspricht der üblichen Renais­sance-Gliederung. Eine ähnliche Erscheinung treffen wir auf dem Einband­deckel des sogenannten Corvinenbandes von Lövöld an, welcher im Jahre 1488 in der Werkstatt des Kartause von Lövöld angefertigt wurde, bei dem nach den früher ausschliesslich gotischen Einbanddeckeln zum ersten Mal auf dem Hinterdeckel die der Renaissance entsprechende zentrale Komposition erscheint. 8 Die Untersuchung der anderen bekannten ungarischen Einband­gruppe, der sog. Blinddruck-Corvinen-Gruppe zeigt ebenfalls, dass die Kreis­komposition gegen Ende der 80er Jahre des XV. Jh. allgemein vorherrschend war. Dasselbe zeigen auch andere, heute ebenfalls noch in keine Werkstatt­gruppe eingereihten Einbände zweifellos ungarischen Ursprungs. Verfolgt man die Entwicklung weiter, so ergibt sich, dass nach 1490 fast ausschliesslich nur mehr Kreiskompositionen entstehen. Ich habe bereits erwähnt, dass auch die verwendete Ornamentik für die zeitgenössischen ungarischen Einbanddeckel bezeichnend ist, ja sogar auch die durch die strahlenförmige Anordnung der Blumenstöcke ausgebildete Rosette nicht unbekannt ist. Wir treffen sie z.B. auf Einbanden des Klosters von Lövöld. Schliesslich muss noch die Randverzierung unserer Einbanddeckel behan­delt werden. Sie ist, wie bereits oben erwähnt, ein in der Mitte geteilter breiter Streifen, setzt sich also aus vier L-förmigen Gebilden zusammen. Eine ähnliche Anordnung finden wir auf einem vergoldeten Corvinenband mit dem Matthias­Wappen: auf der Bibel von Erlangen, 9 die ebenfalls Ende der 80er Jahre des XV. Jh. entstanden sein dürfte. Dieselbe Anordnung ist auch auf einem anderen Corvinen-Kodex anzutreffen, dessen Entstehungszeit aber bereits in die Zeit nach dem Tode König Matthias' fällt. 10 Dieser nach 1490 entstandene Ein­banddeckel ist dem Einband des Pálóczi-Missale ähnlich mit breitem Rand umfasst, während der Einbanddeckel der Bibel von Erlangen, noch zu Leb­zeiten des Königs entstanden, von einem schmalen Streifen umgeben wird. Beispiele für die geteilte Umrahmung sind im Osten zu finden. Bei einigen Kunsteinbänden aus Ägypten kommen die schmale 11 und die breite Version vor ; auf diesen befindet sich jedoch zwischen den L-förmigen Gebilden noch je ein länglicher Streifen, so dass die Randverzierung aus vier L-Figuren und aus vier rechteckigen Streifen besteht 12 (Abb. 3.). 8 Ateliers. . . op. cit. Nr. 8. sowie Koroknay : Über die Einbände der Kartause von Lövöld, op. cit. 9 Erlangen, Universitätsbibliothek, Cod. Lat. 231. 10 Wien, Österr. Nationalbibliothek, Cod. 654. 11 Sarve, Friedrich: Islamische Bucheinbände. Berlin, 1923. Tafel X. 12 Sarre: op. cit. von Tafel IX übernommen und 3. Abbildungen. 3 Iparművészeti 33

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