Tanulmányok Budapest Múltjából 28. (1999) – Urbanizáció a dualizmus korában: konferencia Budapest egyesítésének 125. évfordulója tiszteletére a Budapesti Történeti Múzeumban
A VÁROSI ÁTALAKULÁS KÉRDÉSEI ÉS SZÍNTEREI - Sármány Parsons Ilona: Die Rahmenbedingungen für die 'Moderne' in den ungarischen Provizstädten um die Jahrhundertwende = A modernizáció kezdetei a vidéki városokban a századforduló Magyarországán 131-151
großes Aufsehen erregenden Skandal an der Rechtsakademie von Nagyvárad, der ihn zu einem flammenden Leitartikel inspirierte, den der Budapesti Hírlap übernahm, wodurch sein Name über Nacht in der Hauptstadt bekannt war. Der Fall war peinlich, die konservativen Professoren an der Rechtsakademie hatten einen jungen Kollegen, den Rechtsphilosophen und Spencerianer Dr. Bódog Somló im Kultusministerium angeklagt und vom Minister Somlós Entlassung gefordert. Die wissenschaftliche Meinungsfreiheit wurde damit in Frage gestellt, und das war sogar für die liberalen Konservativen inakzeptabel. Der Fall illustrierte klar, wie schnell jede Facette von Kultur und Bildung politisiert wurde und wie die latenten Spannungen sogar die Intelligenz in oppositionelle Lager spalten konnten. 81 Schon vor Ady und auch nachdem er seiner Geliebten, der jüdischen Kaufmannsgattin Léda, nach Paris gefolgt war, arbeiteten in Nagyvárad erstklassige Journalisten. Die besten gingen früher oder später nach Budapest und machten dort literarische Kameren (z. B. der Kabarettist Endre Nagy, der Novellist Lajos Bíró, der Dichter Zoltán Somlyó, der Romancier Gyula Török und der Kunstwissenschaftler Géza Lengyel). Sie alle erinnerten sich an Nagyvárad als eine geistige Wiege, als - mit etwas übertriebenem Pathos - „ein Paris am Ufer des Körös-Flusses" und lobten das intelligente, empfindsame Bürgertum dieser Stadt, das mit seinem Enthusiasmus für das Neue, für moderne Experimente eine inspirierende Atmosphäre schuf. 82 1908 wurde in Nagyvárad der Gedichtband „Holnap" (Morgen) veröffentlicht, eine Anthologie von sieben jungen Dichtem der „Holnaposok" (Menschen des „Holnap"). Das war die Ouvertüre zur radikal modernen ungarischen Literatur. Ady, der damals schon in Budapest lebte und landesweit bekannt, teils verhaßt, teils bejubelt war, steuerte auch einige Gedichte bei. Der letzten Endes fruchtbare Skandal, den diese Anthologie provozierte, machte Nagyvárad zum Symbol der kühnen Experimentierfreude, der Jugend, der Modernität - zur Schwester der Budapester Moderne. 83 Die Hochburg der konservativen Budapest-Kritik war dagegen die zweite Universitätstadt Ungarns, das traditionelle Zentrum der Kultur der Ungarn in Siebenbürgen, Kolozsvár. Ihre reiche Vergangenheit, ihr politischer Konservativismus und stark ausgeprägter Regionalismus bildeten einen guten Nährboden für die Kritik an Budapest. Aber nicht nur der ungesunde kulturelle Zentralismus wurde kritisiert, sondern auch der „Kosmopolitismus" der Hauptstadt. In diese Kritik mengten sich bald negative Töne, die den großen „Schmelztiegel Budapest" als eine nicht die „echte Ungarische Kultur" und „echten magyarischen Werte" vertretende Stadt brandmarkten, und sogar von anti-modernen Attitüden zeugten. Studien über die Verbreitung dieser antimodernen Kritik innerhalb der Provinzstädte stehen noch aus, aber es stellt sich die Frage, wie weit diese Reaktion gegenüber der Moderne in der Kleinstadtintelligenz Ungarns verbreitet war. Die prominentesten Vertreter dieser Budapest-Kritik zogen ebenfalls nach Budapest und nahmen an der Parlamentspolitik aktiv teil, wie z. B. Miklós Bartha 84 . Auch das ist ein indirekter Beweis dafür, daß das Land kulturell zu sehr zentralisiert war. Nur eine längere und friedvolle wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung hätte in den Provinzstädten ein solches bürgerliches Publikum bilden können, das eine sichere Basis für ein blühendes, vielfältiges und zeitgemäßes Kulturleben in den Regionen bedeutet hätte. Die Initiativen und die ersten Schritte wurden im letzten Jahrzehnt vor dem Ersten Weltkrieg gesetzt, aber es blieb keine Zeit mehr, die Pläne zu verwirklichen. 85 Außer Budapest gelang es in Ungarn nur Nagyvárad sich als Keimzelle der Moderne zu etablieren. Auch eine zweite Anthologie der „Holnap" wurde dort veröffentlicht. Die Stadt sprudelte vor Leben, es wurde sehr viel gebaut und das mit hoher künstlerischer Qualität. Doch die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg war einfach zu kurz, als daß aus Nagyvárad ein dauerhaftes regionales Zentrum der ungarischen Moderne hätte werden können. Das Beispiel Nagy várads wurde in der ungarischen Literatur noch in seiner Geburtsstunde eifrig nachgeahmt, z. B. wurde 1908 ein ähnlich moderner literarischer Kreis in Temesvár gegründet, aber alle bedeutenden Talente „der Provinz" zogen früher oder später nach Budapest, wo sie ihre Werke 145