Tanulmányok Budapest Múltjából 14. (1961)

Jankovich Miklós: Buda város keresztény tanácsa a török hódoltság korában = Der christliche Rat der Stadt Ofen (Buda) zur Zeit der Türkenherrschaft 147-159

das städtische Leben in Ofen zur Türkenzeit keine Fortsetzung des autonomen ungarischen Lebens des Mittelalters darstellte, ferner, daß die Besatzungsmacht die in der Stadt verbliebene zivile Bevölkerung gemäß ihrer Konfession in Gruppen von Giaurs, Kopten und Juden teilte, an deren Spitze sie je einen Vorsteher dul­dete, der von ihr gelegentlich auch zur Verrichtung von untergeordneteren admi­nistrativen Aufgaben herangezogen wurde. Aus den früheren Quellen glaubte man auch annehmen zu können, daß die christliche Bevölkerung Ofens bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts sich dermaßen gelichtet habe, daß die dortigen Christen vor der in 1686 erfolgten Rückerroberung weder eine bedeutende Gemein­schaftsorganisation noch eine Kirchengemeinde besessen hätten. Gerade aus diesem Grund ist aber der in deutscher Sprache geschriebene Brief von besonderer Wichtigkeit, weil sich in ihm der unterschreibende Rat der Stadt katholisch nennt und zu seiner Versiegelung das mittelalterliche Siegel der Stadt Ofen benützt. Wie man feststellen konnte, haben auch anderorts die Räte der von den Türken besetzten ungarischen Städte ihre alten Siegel weiter verwendet und dieser Umstand hat eine tiefe Bedeutung. Die Benützung der alten Siegel ist nämlich eine Bestätigung der Rechtskontinuität des alten auto­nomen Wirkungskreises. Demnach war, laut Zeugnis des Briefes, der am Aus­gang des 17. Jahrhunderts in Ofen tätige Stadtrat der Rechtsnachfolger des mittel­alterlichen und die Kontinuität wurde erst unterbrochen, als die kaiserlichen Truppen in 1686 die Festung zurückeroberten. Nannte sich aber der Stadtrat »katholisch«, so kann man mit Grund aneh­men, daß auch die katholische Bevölkerung Ofens in jener Zeit nicht unbeträchtlich an Zahl war. Umsomehr scheint diese Annahme wahrscheinlich, als sie durch die Aussage einiger Quellen noch gestützt wird. Letztere berichten nämlich über die Anwesenheit in den Vorstädten Ofens von »Welschen«, »Illyrier«, »Bosniaken« oder »Raiczen« benannten Einwohnern, deren Seelsorge, wie man weiß, von den bosnischen Franziskanern versehen wurde, und die also Katholiken waren. Es ist ebenfalls wachrscheinlich, daß die gewerbetreibende Schicht der alten, ins­besondere deutschen und italienischen Bevölkerung der Stadt auch im Laufe des 17. Jahrhunderts in Ofen verblieben war; somit setzte sich die Bewohner­schaft Ofens während der Türkenzeit aus einem sehr vielschichtigen, verschiedenen Nationalitäten angehörenden Volkselement zusammen, das von der katholischen kirchlichen Organisation und der von allen gesprochenen ungarischen Sprache zusammengehalten wurde. Im Verhältnis zu den Katholiken war die Zahl der Stadteinwohner unga­rischer Nazionalität die überwiegend reformierten Glaubens waren, wesentlich geringer, obgleich mit den ersteren verglichen, ihre Lage viel güngstiger war. Es gibt Anzeichen dafür, daß sie von den Türken bis 1686 im Besitz der in der Festung befindlichen Kirche belassen wurden. Sucht man nach weiteren Spuren über das Schicksal der christlichen Ein­wohnerschaft Ofens, so macht man die Feststellung, daß diese während der Bela­gerung in 1686 dem Christenhaß und der Rache der erbittert kämpfenden Türken zum Opfer gefallen sind. Unter dem Nachrichtenmaterial, das die Einnahme der Festung schildert und in ganz Europa in den verschiedensten Fassungen erschienen war, sucht man vergebens nach irgendeiner Kunde über das Los der Christen in Ofen. Man findet in ihnen Berichte über fliehende Scharen von Juden, über Zigeuner, die von den Kaiserlichen gefangen wurden, jedoch über die christliche Einwohnerschaft wissen sie nichts auszusagen: der Rat und die christliche Bevöl­kerung der Stadt gingen zusammen mit der Festung, dem Wahrzeichen der mittel­alterlichen Größe Ofens zugrunde. 159'

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