Póczy Klára: Forschungen in Aquincum 1969- 2002 (Aquincum Nostrum 2. Budapest, 2003)

4. Historische Zusammenfassung - 4.3. Zur Frage der Kontinuität in Aquincum (Klára Póczy, Paula Zsidi)

19-20; PÓCZY 1996). Vor allen Dingen schütz­ten zu Beginn des 5. Jahrhunderts, als man auch das Militäramphitheater zu Verteidigungszwecken umbaute, an Stelle des Castrum — im Sinne einer neuen strategischen Konzeption — zwei Festungen die Stadt. An der Nordseite des Amphitheaters hatte man ein einziges, verengtes Tor belassen und die übrigen Eingänge zugemauert. Nach Beschrei­bung des Ausgräbers (T. NAGY 1943/1, 376; SZILÁGYI 1956, 20-21) waren diese Umbauten mit derselben Technik und demselben Baumaterial ausgeführt worden wie man bei den neuen Aus­grabungen bei der Reparatur bzw. Verstärkung der spätrömischen Festung dokumentierte. Die beiden „Festungen" boten von Norden und Süden der Garnison sowie einer Siedlung Schutz, deren Bewohner im Dienst der Diözese standen. 7 Die nordsüdliche Hauptstraße der Siedlung ging vom Tor des spätrömischen Legionslagers aus, östlich und westlich von ihr verliefen Parallelstraßen. Westlich der Hauptstraße, aber außerhalb der Siedlung, befand sich einer der weiter benutzten Friedhöfe der Siedlung (in der heutigen Szőlő utca). Östlich davon, in Richtung Donau, legten die Ausgräber Reste von Gebäuden frei (Therme, frühchristliche Hallenkirche), die auch im spätrö­mischer Zeit in Gebrauch waren (BERTALAN ­NÉ 1976/1, 270-271; PÓCZY 1984/1, 19-20; PÓCZY 2000, 22). Schon auf Grund der Schriftquellen ist zu vermuten, daß wir im Gebiet der militärischen Wachttürme gleichfalls auf Spuren einer abge­stimmten, planmäßigen Bautätigkeit gestoßen sind (L. NAGY 1942/1, 767-781; SOPRONI 1978, 43-44, 53, 66), und auch ein Teil der Hauptver­kehrswege wurde instandgehalten (PÓCZY 1976/ 1, 14, 16-17; BERTALANNÉ 1976/2, 32-34). Die Karte mit den Fundorten der betreffenden Zeitspanne zeigt deutlich, daß die meisten dieser Fundorte die ehemaligen antiken Verkehrswege säumen. Auf die Benutzung dieser Straßen in der Spätantike deuten sogar unmittelbare archä­7 Diese Funktion erhielt sie auch im ungarischen Mittelalter. Der Name der Gasse, welche die Ausgräber identifizieren konnten, war Kovács utca (Schmied Gasse) (BERTALANNÉ 1984, 35). ologische Beobachtungen hin. 8 Im Falle von Aquincum lässt sich die Bautätigkeit des behan­delten Zeitraums einerseits deshalb so schwer erfassen, weil im Vergleich zu früher - wie von anderen Bauvorhaben dieser Zeit, beispielsweise vom norischen Limesabschnitt, bekannt ist — auf niedrigerem technischen Niveau und mit sekun­där verwendetem bzw. vergänglicherem Material (Holz, Lehm) gearbeitet wurde. Andererseits ist gerade in jenem Teil der römischen Stadt die frühmittelalterliche Siedlung entstanden, wo sich die spätesten Spuren des kontinuierlichen Wei­terlebens der Provinzialeinwohner nachweisen lassen. Die Baureste aus der Kontinuitätsepoche erhielten sich in der mittelalterlichen Stadt des 11. Jahrhunderts und in noch größerem Ausmaß in der ungarischen Stadt des 13. Jahrhunderts. Ein Großteil der massiven römischen Bauten wurde als Erdgeschossräume bzw. Keller auch später genutzt. 9 In weiten Teilen des behandel­ten Gebiets konnten - wegen der noch heute stehenden späteren Bauten - keine Forschungen stattfinden ( B E RTALAN N É-ALTM AN N 1995, 148-149). Ergänzt werden die aus den oben erwähnten Baudenkmälern gewonnenen Informationen durch das vor allem aus Gräberfeldern stammende Fundmaterial von der Wende 4. zum 5. Jahrhun­dert bis zum 9. Jahrhundert. Stabile Anhaltspunkte in der Forschung bieten die Zusammenfassungen bzw. Fundkataster der gegenständlichen Hinter­lassenschaft dieses Zeitalters (PÓCZY 1964/1, PÓCZY 1983/2, 335-352; M. 1 NAGY 1993). 8 Z. B. die ehemals verkehrsreiche, die römische Zivilstadt mit der Militärstadt verbindende Straße, wo sich in einem der Zivilstadt nahegelegenen Abschnitt ohne Schutt und Trümmer, unmittelbar auf dem „sauberen" Steinpflaster, aus der Völkerwanderungszeit stammende Scherben fanden (unpublizierte Grabung von P. Zsidi 1977, Plan 4, Nr. 17. Dokumentation im Datenarchiv des Budapester Historischen Museums). 9 Frau V. Bertalan z. B. beschreibt die den spätrömischen Bauten angepassten bzw. unter Verwendung von deren Über­resten benutzten mittelalterlichen Gebäude in der Umgebung des heutigen Fő tér sowie im Bereich der Kiskorona utca - Perc utca - Lajos utca: BERTALANNÉ 1973, 99-112; BERTALANNÉ 1984, 35-42.

Next

/
Thumbnails
Contents