Budapest Régiségei 36. (2002) – In memoriam Rózsa Kalicz-Schreiber (1929-2001)
Nagy Margit: Die gepidischen Adlerschnallen und ihre Beziehungen = A gepida sasos csatok és kapcsolataik 363-392
MARGIT NAGY Stellungen der Adlerschnallen siebenbürgischen Typs für Beweise der nach-hunnenzeitlichen Falknerei zu halten. Nach den germanischen Volksrechten (Lex Salica, Lex Ribuaria, Lex Baiuwariorum) hatte die Jagd mit abgerichteten Vögeln im 6. Jahrhundert bereits eine hohe Stufe erreicht, der eine lange Praxis vorausgegangenen sein musste. Von einigen früheren Literaturangaben der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts bzw von Mosaiken aus Nordafrika und Griechenland sind Falknerdarstellungen bekannt. In einem Frauengrab in Rheinhessen befand sich unter den Beigaben ein Sperberskelett; nicht aufzuschließen, dass auch die Frauen in bestimmter Form an der Jagd teilgenommen haben. 34 Im Karpatenbecken tatsächlich war die Raubvogeldarstellung seit der Hunnenzeit eines der häufigsten, sowohl Kleidung wie auch Bewaffnung zierenden Motive. 35 Im Zeitalter der Hunnen bedeuten die meisten Tierdarstellungen Köpfe von Raubvögeln. 36 Ab dem mittleren Drittel des 5. Jahrhunderts blieben teilweise oder ganzgestaltige Raubvogeldarstellung an den Schmuckgegenständen der germanischen Frauentracht erhalten. Zahlreiche Beispiele gibt es unter den Adlerdarstellungen der Ost- und Westgoten. 37 lyp der Theißgegend (Abb. 2-3; Abb. 6; Abb. 14.1-3; Abb. 15.1) Schnallen mit geometrischem Muster vom Typ der Theißgegend vertreten die annähernd gleichgroßen Exemplare guter Qualität aus Szentes-Nagyhegy, Szolnok-Szanda und Ostpolen (Abb. 6. 1-4). Die Schnallen des ostgotischen Gräberfeldes von Knin in Dalmatien bzw. des gepidischen Gräberfeldes von Hódmezővásárhely-Kishomok in der Theißgegend sind kleiner, von minderer Qualität und haben weder Punznoch Niello Verzierung (Abb. 6. 5-6). Dennoch hat die Schnalle von Kishomok besonderen Wert: Teils, weil man sie unter authentischen Umständen fand, und weil das Gussstück schwacher Qualität zum anderen bestätigt, dass Adlerschnallen auch in lokalen Werkstätten hergestellt wurden (Abb. 12, 3a-c; Abb. 15.1).^ Bei den Schnallen der Theißgegend ist der Bügel oval, endet in zwei Fällen in Raubvogelköpfen (Abb. 9. 1-2), ist in zwei Fällen unverziert (Abb. 9. 6-7) bzw hat in einem Fall PunzVerzierung (Abb. 9.5). Beim kleinsten Exemplar von Hódmezővásárhely-Kishomok war eine rechteckige Eisenschnalle mit dem Bronzebeschlag verbunden (Abb. 12.3a-c). Die Schnallendorne sind dick, ihr Spitz auf den Bügel gebogen und ihre Dorn34 LINDNER 1967. 165-167. Spätawarenzeitliche Falkenierdarstellungen: DAIM 2000.119-120, Abb. 3940. 35 BECK 1973. 83. 36 WERNER 1956. 69-79. 3 7 SPIESS 1969. 27; BIERBRAUER 1975. 137-138; BIERBRAUER 1994. 144; HARHOIU 1994. 155-159; RIPOLL LOPEZ 1994. 307-308; HASELOFF 1990. 29-30. 38 BONA 1974/1976. 57-59; BONA 1979. 20-21. basis kanneliert (Abb. 9.1-2, 6-7). Bei zwei Schnallen (Szolnok-Szanda, Alt-Kossewen) ist der Mittelteil des Dorns vertieft (Abb. 9.2,6). Erwähnung verdienen im Fall der Schnalle von Szolnok-Szanda das Detail einer Hechtbandverzierung auf der Dornoberfläche bzw. Spuren eines Palmettenmusters und dreieckiger Punzreihen an der Dornbasis. Auf Seiten des Schnallendorns, an der am wenigsten sichtbaren Stelle, entdeckt man ein wichtiges christliches Symbol: drei aus gepunzten Kreisen bestehende Dreiecke mit je einem Kreuz auf der Spitze (Abb. 3. 2). Ein solches Muster, ohne Kreuze, war in der Goldschmiedepraxis des 5. Jahrhunderts nicht unbekannt: den Bügel der Schnalle von Zalkod ziert eine Reihe ähnlicher Dreiecke (Abb. 3.1). Die frühen Exemplare der quadratischen Schnallenbeschläge mit Eckrundeln wurden mit Zickzacklinien-Nielloeinlage und/oder gepunztem Hechtband verziert (Abb. 10. 1-2). Das Punzmuster der Schnallenplatte von Szanda ist eine missgedeutete Variante der Zweibandflechte (Abb. 3. 2). Die Rahmen der Beschläge sind aus geometrischen Mustern zusammengestellt: aus einem Strickornament und quergerippten Band; zu beobachten ist die Vereinfachung des Strickornaments zu einer Scheibenlinie (Abb. 10. 1-4). Für das Rahmenmuster der Schnallenplatte von Knin verwendete man den an gepidischem Schmuck häufigen S-Haken (Abb. 10. 5). In die Mitte der Beschläge plazierte man mit Edelsteineinlagen gerahmte Kreuzmuster (Abb. 10. 1-2), Strahlenkreuz (crux radiata) (Abb. 10. 3, 9), ein Andreaskreuz oder Diagonalkreuz (crux decussata) 39 (Abb. 10. 4-5) sowie strahlenartige Linien (Abb. 10. 6). Die Augen der Vogelköpfe hoben Glaseinlagen hervor. Bei dem Stück von Kishomok ersetzt ein Niet die Steineinlage des Auges (Abb. 12. 3a). Bei den beiden Stücken schwächerer Qualität (Abb. 9. 16-17) weicht auch die Rippenverzierung der Hälse von der der übrigen Exemplare ab; die gerippte Verzierung könnte entfernt mit der oben behandelten Halsverzierung der Vogelkopfschnallen in Verbindung stehen (Abb. 1. 11-12, 14-15). Die abweichenden Vogelkopfformen wie auch der an anderen Stücken nicht auftretende S-Haken deuten darauf hin, dass es von den Schnallen geometrischen Stils der Theißgegend mehrere zum Kopieren geeignete Musterexemplare guter Qualität gegeben haben muss. Auf Grund des Vergleichs der Stilelemente und Ziermotive halte ich die Exemplare von Szentes-Nagyhegy (Abb. 2. 1-2) für die früheste, d.h. die Originalkomposition in der Gruppe der Theißgegend. Der Vogelkopfbügel der Schnalle aus Grab 15 von Szentes-Nagyhegy ist vermutlich das Original, das in allen Details der Verzierung mit dem Muster des Beschlags 39 Zur Kreuzformen: STAECKER 1999. 4548. 366